Kino der Moderne – Film in der Weimarer Republik
20.6. – 13.10.19
Ausstellung
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Publikation
100 Jahre Weimarer Republik, 100 Jahre Kino der Moderne: Wir blicken zurück auf das Kino der ersten deutschen Republik, beleuchten das Verhältnis von Film und Alltagskultur, die künstlerischen und technischen Erfindungen der Zeit und das Entstehen von Filmkritik und -theorie.
Wie keine andere Kunstform spiegelte das Kino den Zeitgeist der Moderne. Mode und Sport, Mobilität und urbanes Leben, Genderfragen und Psychoanalyse prägen die Filme einer Stilepoche, die auf die Filmästhetik der ganzen Welt Einfluss nahm.
Zahlreiche Drehbücher, Plakate, Requisiten und Kameras zeigen, wie der Film auf Literatur, Kunst, Architektur und gesellschaftliche Entwicklungen reagierte. Außerdem rücken wir das Wirken von Frauen hinter der Kamera in den Fokus und stellen 21 weibliche Filmschaffende vor.
In 23 Themenschwerpunkten führt die Ausstellung durch das Kino der »wilden 20er« – von den ersten Kinopalästen mitten hinein ins Babylon Berlin und bis zum jähen Ende der Kunstfreiheit unter den Nationalsozialisten.
Trailer
Genießen Sie einen kleinen Vorgeschmack auf die Ausstellung und rasen Sie in 30 Sekunden durch das Lebensgefühl der 1920er-Jahre.
Musik: Richard Siedhoff.
Themen
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Chronik 1918–1933
Alle wichtigen politischen, kulturellen und kinematografischen Ereignisse der Weimarer Republik auf einen Blick.
Weimar weiblich
Nach dem Ersten Weltkrieg nutzen viele Frauen die neuen Berufsmöglichkeiten in der Filmindustrie. Sie treten als Drehbuchautorinnen, Regisseurinnen oder Produzentinnen auf, verzichten in den Credits aber meist auf die Nennung ihres Vornamens. Auffällig viele von ihnen tragen Doppelnamen – auch dies ist Ausdruck einer neuen Zeit.
Mit Biografien und Exponaten stellt die Ausstellung 21 weibliche Filmschaffende vor. Filmausschnitte belegen ihr vielfältiges Wirken; eine Audiostation lässt die Frauen anhand autobiografischer Texte selbst zu Wort kommen und von ihren Erfahrungen im Filmmetier berichten. Ein weitgehend unbekanntes Kapitel der Filmgeschichte wird neu beleuchtet.
Stars und Fans
Früh etabliert sich in Deutschland ein Starsystem nach dem Vorbild Hollywoods – und damit die entsprechende Fankultur. Mit Postkarten, Home-Stories und Autogrammstunden werden Filmstars wie Brigitte Helm, Henny Porten und Emil Jannings inszeniert und vermarktet.
Die Stars dienen auch als Identifikationsfiguren: Elisabeth Bergner gilt als kühl, Leni Riefenstahl als sportlich und Lil Dagover als damenhaft. Zu männlichen Vorbildern werden der Melancholiker Conrad Veidt, der weltgewandte Franz Lederer oder der unbekümmerte Gustav Fröhlich.
Auch bildende Künstler*innen werden von der Ausstrahlung der Filmschauspieler*innen angeregt: Hannah Höch sammelt Pressefotos von Anna May Wong und Marlene Dietrich, Herbert Bayer collagiert Bilder von Louise Brooks.
Urbanität
Die Metropole wird zum Symbol der Moderne. Der nervöse Lebensrhythmus, das Nebeneinander verschiedenster gesellschaftlicher Realitäten – die Großstadt bietet eine Kulisse für Liebesgeschichte, Komödie und Drama gleichermaßen. Die Bewegungen der Protagonist*innen – vom Flaneur bis zum Verbrecher – bestimmen dabei das Erzähltempo.
Die Vision einer vertikalen Stadt wird von Fritz Lang in ›Metropolis‹ (1927) mit spektakulären Wolkenkratzern ins Bild gesetzt. Die Fotocollagen von Künstler Umbo zur Bewerbung des experimentellen Dokumentarfilms ›Berlin. Die Sinfonie der Großstadt‹ (1927) feiern den Mythos einer Stadt, die niemals schläft.
Soziales
Da die Großstädte Arbeit versprechen, setzt in der Weimarer Republik die Landflucht ein. Die Folge ist eine drastische Wohnungsnot, vor allem im schnell wachsenden Berlin.
Die sozialen Unterschiede verschärfen sich rasant und werden in Spiel- und Dokumentarfilm thematisiert. Der Künstler Heinrich Zille und Regisseur Gerhard Lamprecht drehen zusammen einen Film, in dem es um die sozialen Missstände im Arbeitermilieu geht.
Käthe Kollwitz und andere Künstler*innen unterstützen das linkspolitische Filmprojekt Mutter Krausens Fahrt ins Glück (1929, Regie: Phil Jutzi). Ella Bergmann-Michel dokumentiert die Obdachlosenspeisungen in Frankfurt und zeigt in Wo wohnen alte Leute? (1932) mit dem sozialen Wohnungsbau eine Alternative auf.
Avantgarde
Die Kinematografie wird früh von der künstlerischen Avantgarde geprägt, die mit dem expressionistischen Film einen Meilenstein setzt. Die Entwürfe von Hermann Warm und Walter Reimann zu Das Cabinet des Dr. Caligari (1920, Regie: Robert Wiene) öffnen den Blick für eine bewusst nicht-realistische Filmkunst.
Bildende Künstler wie John Heartfield und George Grosz wirken an Spielfilmprojekten mit. Oskar Fischingers abstrakte Bild-Ton-Kompositionen wecken das Interesse der Werbeindustrie und später von Walt Disney. Lotte Reiniger erfindet mit ihren Scherenschnittfilmen eine neue Form des Animationsfilms.
Experimentalfilmer wie László Moholy-Nagy, Hans Richter oder Walther Ruttmann setzen sich auch theoretisch mit dem neuen Medium auseinander, und Schriftsteller wie Bertolt Brecht und Arthur Schnitzler versuchen sich als Drehbuchautoren.
Gender
Die »Neue Frau« wird zum Leitbild der jungen Generation – sie ist modern und gestaltet ihr Leben selbst. Modische Accessoires wie Krawatte. Zylinder und »Hosenrollen« ermöglichen einen spielerischen Geschlechtertausch.
Auch Homosexualität und Homoerotik werden thematisiert. Der Spielfilm Anders als die Andern (1919, Regie: Richard Oswald) richtet sich gegen § 175 (Strafbarkeit von sexuellen Handlungen zwischen Männern) und entsteht in einer zensurfreien Phase mit Unterstützung des Sexualwissenschaftlers Magnus Hirschfeld.
Die Debatte um die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen 218 wiederum stellen weibliche Filmschaffende stärker in den Mittelpunkt. Und Mädchen in Uniform (1931, Regie: Leontine Sagan) wird zum Kultfilm der lesbischen Szene.
Sport
Sport wird in den 1920er-Jahren zum Massenphänomen, denn dank kürzerer Arbeitszeiten haben Erwerbstätige deutlich mehr Freizeit. Vor allem Fußball, aber auch Boxen, Bergsteigen, Rad- und Motorsport sind beliebte Freizeitbeschäftigungen und finden Eingang in den Film.
Der Arbeitersport erlebt einen Aufschwung, Wohlhabende richten sich private Fitnessstudios ein – was in Komödien verspottet wird – und die rhythmische Sportgymnastik feiert in Wege zu Kraft und Schönheit (1925, Regie: Wilhelm Prager) das Ornament der Masse.
Der Boxweltmeister Max Schmeling erobert mit Liebe im Ring (1930, Regie: Reinhold Schünzel) die Leinwand. Seine Fans kommen aus allen Schichten der Gesellschaft.
Mode
Mode und Film gehen Hand in Hand: Neben den futuristischen Kostümen für Metropolis (1927, Regie: Fritz Lang) entwirft Aenne Willkomm auch Garderoben für Mode-Ateliers.Die weibliche Silhouette wird zunehmend schlanker und knabenhafter – auch dieses Ideal propagiert der Film.
Filmkostüme und Garderoben der Stars werden in zahlreichen Journalen gewürdigt. Die Wochenschau berichtet über Modenschauen und Schönheitswettbewerbe. In Der Fürst von Pappenheim (1927, Regie: Hans Deppe) wird eine solche Schau detailreich inszeniert. Und erstmals werden Modehäuser, die Filme ausstatten, auch im Vorspann genannt.
Vergnügen und Laster
Das »lasterhafte« Berlin zeigt sich im Film in zahlreichen Facetten. Als aufstrebende Weltstadt mit ungeheuren sozialen Spannungen gilt die Metropole als Sündenpfuhl der Nation.
Die Illustrierten, das Radio und der Film führen dem Publikum den Rhythmus der Großstadt vor Augen: Hochhäuser, Leuchtreklame, Nachtlokale, Travestie, Jazz und »Girls«.
Die Kehrseite – Alkoholmissbrauch und Prostitution – sieht man in Filmen wie Tagebuch einer Verlorenen (1929, Regie: Georg W. Pabst). Was heute als Mythos der »Goldenen Zwanziger« gilt, war möglicherweise aber nur ein Minderheitenphänomen.
Wissenschaft
Die Entwicklungen in der Medizin und den Naturwissenschaften prägen den Kultur- und Lehrfilm: Mikroskop und Teleskop zeigen einen neuen Blick auf die Welt, der Röntgenapparat ermöglicht Einblicke in den menschlichen Körper, und mithilfe einer an der Decke montierten Kamera gelingen ruckelfreie Aufnahmen von Operationen.
George Grosz und John Heartfield illustrieren Die Grundlagen der Einsteinschen Relativitätstheorie (1922, Regie: Hanns Walter Kornblum) mit einem Zeichentrickfilm. Die Biene Maja und ihre Abenteuer (1925, Regie: Wolfram Junghans) wird als Realfilm mit teils subjektiver Kamera aus Perspektive der Bienen erzählt. Entwicklungen in der Kriminologie werden beispielsweise in Fritz Langs M (1931) aufgenommen.
Psychoanalyse
Der Erste Weltkrieg hat ein neues Krankheitsbild hervorgebracht: die Kriegsneurose. Sigmund Freuds Kollege Ernst Simmel entwickelt noch während des Kriegs eine Kurzzeittherapie, die aus Analysegespräch, Hypnose und befreiendem Ausagieren besteht.
Mehrere Filme greifen das Thema der psychischen Kriegstraumatisierung auf, zum Beispiel Nerven (1919, Regie: Robert Reinert), Das Cabinet des Dr. Caligari (1920, Regie: Robert Wiene) und Zuflucht von 1928 (Regie: Carl Froelich).
Dass der Film zur Darstellung seelischer Zustände besonders geeignet ist, bemerkt man schnell: Sigmund Freud wird um Mitarbeit bei verschiedenen Filmprojekten gebeten, zwei seiner Kollegen beteiligen sich an G. W. Pabsts Geheimnisse einer Seele (1926). Traumdarstellungen in Form von Mehrfachbelichtungen und Überblendungen prägen die Filmästhetik bis heute.
Politik und Zensur
Der Film begleitet das Werden der ersten deutschen parlamentarischen Demokratie – von der Novemberrevolution über die Stabilisierungsjahre bis hin zum Untergang der Republik. Die historische Identität wird so im Kino zum Thema und aktuellen politischen Auseinandersetzungen gegenübergestellt.
Nach einer kurzen zensurfreien Phase wird 1920 mit dem ersten Reichslichtspielgesetz eine verbindliche Regelung zur Zensur verabschiedet. Die Berliner Filmprüfstelle verhängt zumeist Schnittauflagen, wie im Fall des Revolutionsdramas Panzerkreuzer Potemkin (UdSSR 1925, Regie: Sergei Eisenstein).
Auch Aufführungsverbote wie bei Im Westen nichts Neues (USA 1930, Regie: Lewis Milestone) lösen heftige Kontroversen aus.
Natur
Nach den Entbehrungen des Ersten Weltkriegs kommt die »Sommerfrische«. Beliebte Erholungs- und Rückzugsorte für Angestellte und Arbeiter*innen sind ländliche Gegenden oder das Meer. Beispielhaft zeigt Menschen am Sonntag (1930, Regie: Robert Siodmak) junge Berliner*innen beim Ausflug an den Wannsee.
Auch die Berge sind ein beliebtes aber teures Ferienziel, was sich im populären Genre des Bergfilms niederschlägt. Der Regisseur Arnold Fanck realisiert Spiel- und Lehrfilme und macht Luis Trenker und Leni Riefenstahl zu Leinwand-Stars.
Individuum und Typ
Seit die vermeintlich objektive Fotografie zum Massenmedium wurde, wurde das menschliche Gesicht zum Faszinosum. Das Publikum ist fasziniert von Physiognomien, wie sie Hans G. Casparius am Filmset und im Studio in radikalen Bildausschnitten einfängt.
Die Tendenz zur Typisierung findet sich auch im Film, wo »das proletarische Kind«, »die Künstlerin« oder »die Industriellen« durch Kleidung und Haltung gewisse Stereotype verkörpern.
Das Erscheinungsbild und die Posen der Stars werden vom Kinopublikum imitiert. Die beliebten »Photomaton«-Bilder – passbildgroße Fotos aus Selbstauslöse-Fotoautomaten – werden zur Selbstinszenierung genutzt.
Kinoarchitektur
Aus dem »Kintopp« der 1910er-Jahre wird der mondäne Kinopalast der Großstadt. Die neusachlichen Entwürfe von Erich Mendelsohn und Hans Poelzig werden Vorläufer der modernen Großstadtarchitektur.
Das Berliner Universum oder das Capitol am Zoo greifen mit ihren gerundeten Fassaden und Wänden die Dynamik des Straßenverkehrs auf. Ihre farbig beleuchteten Eingangsseiten feiern das schillernde Lebensgefühl der 1920er-Jahre.
Mobilität
Die pulsierende Hauptstadt Berlin prägt das Bild von Mobilität und Tempo. Filmemacher*innen fangen dies »on location« ein, wie in Berlin. Die Sinfonie der Großstadt (1927, Regie: Walter Ruttmann), oder bauen aufwendig Straßenzüge in Studios nach, wie für Asphalt (1929, Regie: Joe May).
Das Autofahren wird auch für Frauen attraktiv: 1929 besitzt in Berlin fast jede Zwanzigste einen Führerschein. Achtung! Liebe! Lebensgefahr! (1929, Regie: Ernö Metzner) setzt den Alltag einer Rennfahrerin dramatisch in Szene.
Auch das Telefon gilt als Medium der Beschleunigung und wird besonders in Komödie und Kriminalfilm eingesetzt.
Exotismus
Bereits Anfang der 1920er-Jahre werden exotische Abenteuerfilme von Joe May in aufwendigen Studiokulissen gedreht. Requisiten stellen die Völkerkundemuseen zur Verfügung. Franz Osten realisiert Spielfilme mit einheimischen Darsteller*innen in Indien.
Zugleich entstehen Kultur- und Expeditionsfilme in aller Welt, die unbekannte Bilder nach Deutschland bringen. Dabei wird erstmals auch der koloniale Blickwinkel hinterfragt, so in dem Film Menschen im Busch (1930) von Friedrich Dalsheim und Gulla Pfeffer.
Interieur
Im Film werden neue Wohn- und Designkonzepte aufgegriffen. Sie sind inspiriert vom Bauhaus und der Neuen Sachlichkeit und propagieren das neue Wohnen auch in Dokumentarfilmen.
In der Realität stehen Marcel Breuers Stahlrohrmöbel weniger in den Wohnungen der Mittelschicht als vielmehr in den Apartments von Künstler*innen und Filmschaffenden, die der Moderne zugewandt sind.
Auch Filmarchitekten nutzen das Interieur, um eine bestimmte zeitgemäße Geisteshaltung anzudeuten. So stehen in Die große Pause (1927, Regie: Carl Froelich) die kubistischen Glastüren und das an Oskar Schlemmer erinnernde Wandbild in einer Jugendstilvilla für die tolerante Weltsicht ihrer Bewohnerin.
The Weimar Touch
Das Weimarer Kino mit seinen filmischen Neuerungen, seiner Ästhetik, seinen Themen und nicht zuletzt seiner Erzählart wirken noch immer auf die Filmsprache.
Auch heutige Filmemacher*innen inspirieren sich am Kino von damals, wie aktuell die Fernsehserie Babylon Berlin (seit 2017) zeigt. Die Menschen jener Zeit, ihre Sehnsüchte und Sorgen berühren uns noch heute.
Neues Sehen
Der Einzug der Kinematografie in den Alltag ist ein medialer Umbruch. Laut Walter Benjamin sprengt der Film unsere Wahrnehmung mit dem »Dynamit der Zehntelsekunden« auf.
Filmkritiker*innen tragen mit ihrem Schreiben zum Entstehen einer Filmtheorie bei, in deren Zentrum stilistische und gesellschaftspolitische Aspekte stehen.
Die Vielfalt der Blickwinkel des filmischen Imaginierens und kritischen Reflektierens belegt die Neugierde und Experimentierfreude in der Weimarer Republik.
Im Kino gewesen ...
Franz Kafkas lakonischer Tagebucheintrag »Im Kino gewesen. Geweint.« von 1921 vermittelt das ganze Spektrum von Kinoeindrücken zwischen Sehnsucht, Intimität und Alltagsflucht, das die Zuschauer in Scharen in die dunklen Säle lockt.
Im Publikum der 1920er-Jahre sind die Angestellten stark vertreten. In ihren Tagebüchern notieren sie, bisweilen im Stenogrammstil, welche Filme ihnen besonders gefallen haben.
Neben solchen anonymen Zeitzeugnissen stehen Tagebucheinträge prominenter Persönlichkeiten wie die der jungen Marlene Dietrich oder der Autorin Thea von Sternheim, die ihre Kinobesuche ähnlich akribisch und eindringlich festhalten.
Theorie und Kritik
Siegfried Kracauer, Béla Balázs und Walter Benjamin beleuchten in ihren Kritiken den Film selbst und seine Wirkung. Sie interpretieren die Sehnsüchte des Publikums, kritisieren den Ästhetizismus der Filmschaffenden und hinterfragen die ideologischen Motive großer Filmproduktionen. Auch Kritikerinnen tragen zur Meinungsvielfalt bei, unter ihnen Lotte Eisner und Lucy von Jacobi.
Im Laufe der Jahre entsteht eine lebendige Filmkritik-Szene, in der allmählich eine Filmtheorie entwickelt wird. Die meisten der Autor*innen werden in der NS-Zeit aus Deutschland vertrieben, viele ihrer Aufzeichnungen gehen auf der Flucht verloren.
Film denken
Der Traum vom Kino wird zunächst in der Möglichkeitsform gesponnen: Was ist Film und was kann Film sein?
Walter Benjamins Filmbibliothek, die Grundlage für seinen 1935 im Pariser Exil verfassten Aufsatz »Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit«, wird in der Ausstellung in Teilen rekonstruiert.
Die enthaltenen Werke haben bis heute nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt und sind Klassiker der Filmtheorie.
Galerie
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Presse
Pressereaktionen
tageszeitung, 26. Juni 2019
Vergessene Frauen der Filmgeschichte
Von Michael Meyns
Das Kino bestimmte die Diskussionen in Berlin, in Deutschland, in der Weimarer Republik; das merkt man schnell, betrachtet man die zahllosen Stücke in der Ausstellung, (…) in der es selbstverständlich um das Kino geht, noch mehr aber um das Leben in der Weimarer Republik. (…) Die Rolle der Frau (steht) deutlich im Mittelpunkt der Ausstellung, ganz zeitgemäß also, aber doch auch mit gutem Grund. (…) Den Blick auf diese vergessenen Frauen der deutschen Filmgeschichte zu lenken, ist sicher das größte Verdienst der Ausstellung. Die jedoch nicht zuletzt auch eine wunderbare Devotionalien-Schau ist (…).
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. Juni 2019
Im Rausch der aufgezeichneten Zeit
Von Kevin Hanschke
Inwieweit sich Kino und gesellschaftliche Realität in der jungen Demokratie beeinflusst haben und wie das Kino zum Massenmedium werden konnte, beantwortet die Ausstellung in einer fünfundzwanzig Kapitel langen Autopsie des Weimarer Films. (…) Das Kino der damaligen Zeit setzte ästhetische Trends, die bis heute das zeitgenössische Kino prägen: Das ist das Narrativ der Ausstellung. (…) In dem Ansatz, das filmische Werk mit den theoretischen Ansätzen der heutigen Zeit zu analysieren, stellt die Schau auch Fragen nach Geschlechteridentitäten und dem queer Leben.
Berliner Zeitung, 21. Juni 2019
Im Rausch der Schaulust
Von Gerhard Midding
Die Weimarer Republik erscheint in der Ausstellung als eine Zeit rastloser Erneuerung, wird vergegenwärtigt als eine Verschwörung der Künste im Namen der Moderne. Das Kino ist deren lebhaftester Fiebertraum. Es muss freilich ein Wachtraum gewesen sein, denn angesichts der szenischen und argumentativen Wucht der Schau kann man sich nicht vorstellen, dass damals irgendjemand Zeit zum Schlafen hatte.
Der Tagesspiegel, 20. Juni 2019
Wie der Film seinen Platz in der Weimarer Gesellschaft fand
Von Andreas Busche
Herzstück der Ausstellung ist ein Video-Triptych in der zweiten Etage, auf dessen drei Leinwänden Zusammenstellungen aus Filmszenen laufen, die einen typischen 24-Stunden-Tag in der Weimarer Republik rekonstruieren. Die Rückführung auf Alltagserfahrungen in den Zwanzigern nimmt einen großen Teil der Ausstellungsfläche ein. Das Moderne am Weimarer Kino besteht darin, dieser Eindruck drängt sich beim Rundgang durch die drei Etagen auf, dass das Kino den Menschen ein neues Selbstbild auferlegte.
Berliner Morgenpost, 19. Juni 2019
Eine Gesellschaft im Spiegel ihrer Filme
Von Peter Zander
Erstmals wird in der Kinemathek nicht ein filmimmanentes Thema erkundet sondern ein großes gesellschaftliches Panorama erschlossen. In Zusammenarbeit mit der Bundeskunsthalle in Bonn hat die Kinemathek zum 100. Gründungsjubiläum der Weimarer Republik eine Ausstellung konzipiert, in der diese erste deutsche Republik anhand ihres Leitmediums gespiegelt wird.
Märkische Allgemeine, 19. Juni 2019
Museum für Film und Fernsehen in Berlin zeigt Schau über das Kino der Moderne
Von Claudia Palma
Die opulente Ausstellung »Kino der Moderne« zeigt, wie das Kino in den 1920er Jahren zum Leit- und Massenmedium aufsteigt, Vorbilder und Ideale setzt und alle Themen verhandelt, die die Zeitgenossen beschäftigen. Die Wechselwirkungen zwischen Kino und Alltag präsentiert die Schau auf drei Etagen mit 350 Exponaten auf sehr sinnliche Weise. (…) Die Ausstellung ist voller überraschender, verblüffender Details und es ist eine Lust mit viel Zeit durch die Räume mit Baugerüsten und Stellwänden zu wandeln.
epd film, Februar 2019
Rauschhafte Moderne
Von Dietmar Kanthak
Die Ausstellung lässt zahlreiche Zeitzeugen der Jahre 1918 bis 1933 zu Wort kommen, in denen das Kino sich zu einem wirkungsmächtigen Medium entwickelte und die Sehgewohnheiten der Menschen revolutionierte. (…) Was die meisten Besucher in den Bann zieht, sind die Sinnlichkeit, der Zauber und die Kraft der Bilder, die diese spannend komponierte Ausstellung vermittelt. Innovation und Erfindungsgeist der Kreativkräfte spiegelt zum Beispiel ein Ski mit applizierter Kamera: So kam der Rausch der Geschwindigkeit auf die Leinwand.
Film-Dienst, 14. Januar 2019
Kino der Moderne. Film in der Weimarer Zeit
Von Alexandra Wach
Auf dieser Plaza fühlt man sich beobachtet. Überlebensgroße Gestalten schauen einen von schwarz-weißen Leinwänden an. Sie sind auf Baugerüsten montiert, die an eine Filmset-Kulisse erinnern. Flankiert wird das Panorama von drei riesigen, synchron geschnittenen Projektionen auf den Spuren von Walter Ruttmanns „Berlin – Sinfonie der Großstadt“. Sie folgen quer durch alle sozialen Schichten dem Verlauf eines Tags in der Metropole: Man wäscht sich, frühstückt, bringt die Kinder zur Schule, nimmt die U-Bahn, geht ins Büro oder ins Café, treibt Sport, schaut sich einen Boxkampf an, bevor der Abend mit feuchtfröhlichen Tanzpartys beendet wird. Das alles in Originalaufnahmen, die das überhitzte Großstadtleben aus nächster Nähe einfangen. Diese Installation (…) macht Lust, sich in die vielen verwinkelten Räume rund um den zeitgeistig aufgeladenen Nukleus zu vertiefen.
Badische Zeitung, 3. Januar 2019
Fluchtpunkt aller Avantgarden
Von Hartmut Buchholz
Wie sehr das Kino auch ein Labor für technische Revolutionen, ein Spiegel von sozialen wie politischen Verwerfungen und ein Reflex auf ästhetische Erfahrungen gewesen ist, zeigt jetzt die exzellent konzipierte Ausstellung “Kino der Moderne“. (…) Klug und kompakt, nie ausladend kommentiert; stringent in drei große thematische Blöcke aufgefächert; mit etlichen spektakulären Exponaten, zu großen Teilen aus den Sammlungen der Deutschen Kinemathek in Berlin, formidabel bestückt, ist der Parcours als eine Zeitreise in die Weimarer Republik (1918 – 1933) angelegt, jene Demokratie ohne Demokraten, die im Terror der extremen Rechten wie Linken zermalmt wird.
Rheinische Post, 26. Dezember 2018
Bewegtes Bild der Weimarer Republik
Von Dorothee Krings
In drei Kinos, die in die Ausstellungsräume hineingebaut sind, geht es um Ästhetisches wie das »Neue Sehen« oder um Gesellschaftliches wie Geschlechterrollen. Selbst Filmtheorie wird erlebbar: Zu Ausschnitten aus Meisterwerken wie Eisensteins »Panzerkreuzer Potemkin« sind Texte zeitgenössischer Kritiker zu hören. (…) Auch zu Malerei, Grafik, Mode, Musik, Literatur und Wissenschaft der Weimarer Jahre stellt die Ausstellung zahlreiche Bezüge her. Doch ist die Ausstellung kein Sammelsurium historischer Relikte. Vielmehr führt sie den Besucher stringent durch Themen, die die Weimarer Jahre geprägt haben, und damit auch im Film sichtbar sind.
DIE WELT vom 15. Dezember 2018
Wie wir wurden
Von Hanns-Georg Rodek
Die Zwanzigerjahre waren noch wilder als gedacht: Eine Ausstellung in Bonn zeigt, wie das junge Kino formte, was wir heute »Moderne« nennen. (...) Dies ist keine klassische filmhistorische Ausstellung, der etablierte Kanon wird kein weiteres Mal durchgekaut. Gewiss, um »Metropolis« kommt »Kino der Moderne« nicht herum, aber daneben steht »Madame Lu. Die Frau für diskrete Beratung«. (…) Diese Ausstellung hat ein großes Herz für das Abseitige. Da hängt ein Vertrag zwischen dem Fotokünstler John Heartfield und dem Grafiker George Grosz, in dem sie vereinbaren, einen »Film über die Grundlagen der Einsteinschen Relativitätstheorie« zu drehen – ein Film, der wirklich zustande kam!
Der General-Anzeiger, 14. Dezember 2018
Die goldenen Kinojahre
Von Thomas Kliemann
Vielleicht ist es das wirklich Besondere der Ausstellung, dass es bei aller wissenschaftlichen Akribie und Faktenfülle gelang, gerade diese Emotionalität zu bewahren und den Zauber, den die Bilder der goldenen Kinojahre 1918 bis 1933 noch heute verbreiten, zu erhalten. (…) Der letzte Schrei der 1920er Jahre war der Photomaton, der Fotoautomat für Jedermann. Kuratorin Kristina Jaspers stellt Photomaton-Bilder auf eine Stufe mit Großaufnahmen von Stummfilmstars, lässt August Sanders fotografische Typisierung der Serie »Menschen des 20. Jahrhunderts« auf Filmfiguren wie Asta Nielsens Bildhauerin Vera Holgk in »Unmögliche Liebe« treffen. Das Kino der Weimarer Republik rückt den Menschen in den Mittelpunkt, fährt ganz nah ran, geht ebenso direkt auf dessen Lebenswelt zu.
Credits
Künstlerischer Direktor, Vorstand: Rainer Rother
Verwaltungsdirektor, Vorstand: Florian Bolenius
Intendant Bundeskunsthalle: Rein Wolfs
Kaufmännischer Geschäftsführer Bundeskunsthalle: Patrick Schmeing
Kuratorin: Kristina Jaspers
Medienkurator: Nils Warnecke
Projektleitung Deutsche Kinemathek: Peter Mänz
Projektleitung Bundeskunsthalle: Susanne Annen, Angelika Francke
Kuratorische Assistenz und wissenschaftliche Recherche: Annika Haupts
Ausstellungskoordinatorin: Vera Thomas
Wissenschaftliche Hilfskräfte: Anna Heizmann, Peter Riedl
Redaktion Deutsche Kinemathek: Karin Herbst-Meßlinger
Redaktion Bundeskunsthalle: Helga Willinghöfer
Übersetzungen: Gérard A. Goodrow
Gestaltung Ausstellungsarchitektur und Ausstellungsgrafik: Atelier Schubert, Stuttgart
Bau Ausstellungsarchitektur und Ausstellungseinrichtung: Camillo Kuschel Ausstellungsdesign, Berlin
Konservatorische Betreuung: Sabina Fernández
Reproduktionen: d‘mage, Berlin
Technik: Frank Köppke, Roberti Siefert
Einrichtung Medien und Beleuchtung: Stephan Werner
Medien Schnitt: Stanislaw Milkowski
Gestaltung Werbegrafik: Pentagram Design, Berlin
Leitung Kommunikation: Sandra Hollmann
Marketing: Linda Mann
Online-Redaktion: Julia Schell
Presse: Heidi Berit Zapke
Bildung und Vermittlung: Jurek Sehrt
Führungen und Workshops: Jörg Becker, Kaaren Beckhof, Jürgen Dünnwald, Jessica Dürwald, Gitte Hellwig, André Meral, Thomas Zandegiacomo
Danksagung
Unser besonderer Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen.
Eine gemeinsame Ausstellung der Deutschen Kinemathek, Berlin und der Bundeskunsthalle, Bonn
Partner
Die Ausstellung wird gefördert durch
Hauptstadtkulturfonds
In Kooperation mit
Bundeskunsthalle
Partner
Wall
Yorck Kinogruppe
alleskino.de
Medienpartner
arte
rbb Kultur
tip Berlin
Die Stiftung Deutsche Kinemathek wird gefördert durch
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
An anderen Orten
Weimar weiblich
29.3.–12.11.23
Frauen und Geschlechtervielfalt im Kino der Moderne