Kinopreis des Kinematheksverbunds 2024 – Begründungen der Jury
Pressemitteilung
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Deutsche Kinemathek
Museum für Film und Fernsehen
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Heidi Berit Zapke hbzapke [at] deutsche-kinemathek.de (hbzapke[at]deutsche-kinemathek[dot]de)
Kontakt Kinopreis
Sophie Hartleib kinopreis [at] deutsche-kinemathek.de (kinopreis[at]deutsche-kinemathek[dot]de)
Lotte-Eisner-Preis
Zeughauskino, Berlin
Das Zeughauskino verbindet mit seinem Programm auf einmalige Weise deutsche Geschichte mit filmästhetischen Diskursen und gesellschaftspolitischen Themen: Das zeigen liebevoll kuratierte Reihen wie zum Beispiel zur körperlichen Selbstbestimmung von Frauen oder zur Filmzensur im Westdeutschland der 50er- und 60er-Jahre genauso wie der intensive Blick auf scheinbar Nebensächliches oder ›Nischiges‹: So finden auch die Nebendarsteller*innen des frühen deutschen Tonfilms oder nicht fiktionale Werke der deutschsprachigen Filmgeschichte einen gebührenden Platz im Zeughaus.
Besonders hervorzuheben ist das deutliche Bestreben, durch Retrospektiven zu Regisseur*innen wie Claudia von Alemann, Věra Chytilová oder Róża Berger-Fiedler das oftmals unterrepräsentierte Filmschaffen von Frauen in den Fokus zu nehmen. Das Zeughauskino zeigt insgesamt eindrücklich, wie man durch die Vergangenheit die Gegenwart reflektieren und in die Zukunft blicken kann.
»Kino, das zurückblickt«
Erster Preis
Kino im Blauen Salon, Karlsruhe
Der Hauptpreis der Kategorie »Kino, das zurückblickt« geht an das Kino im Blauen Salon an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Dem Namen nach ein Salon, aber offen für alle. Fünfzehn Ehrenamtliche haben sich hier der Bewahrung hauptsächlich des analogen Films als kulturelles Erbe verschrieben. Das Design von Werbematerial und Website ist vorbildlich. Die Jury verneigt sich mit dieser Auszeichnung auch vor Thomas Heise, auf dessen Initiative dieses herausragende Unikino 2009 entstand.
Zweite Preise
Metropolis Kino, Hamburg
Ein zweiter Preis geht an das Metropolis Kino in Hamburg. Hier fiel der Jury vor allem die Verstetigung des Streamingangebots »Metropolis+« positiv auf.
Kino im Sprengel, Hannover
Eine weitere Auszeichnung geht an das Kino im Sprengel in Hannover. Sein hochwertiges Programm, das mit geringen Mittel und ehrenamtlichem Team verwirklicht wird, findet die Jury preiswürdig.
Kino des Filmclubs 813, Köln
Das Kino des Filmclubs 813 im Gebäude Die Brücke in Köln erhält ebenfalls einen zweiten Preis. Besonders gefallen hat der Jury das 813-Familienkino, mit dem neue Publikumsgenerationen angesprochen werden.
Filmmuseum München
Auch das Filmmuseum München bekommt einen zweiten Preis. Ein konstant gutes Programm, vollständige Retrospektiven, gute Programmhefte – was will man mehr.
»Kino, das bildet«
Erster Preis
Clubkino im Lingnerschloss, Dresden
Ein breit gefächertes Programm für ein junges Publikum sowie die Hingabe an die Weiterentwicklung von regionalen Kooperationspartnerschaften überzeugten die Jury, das Dresdner Clubkino im Lingnerschloss in der Kategorie »Kino, das bildet« mit dem ersten Preis auszuzeichnen. Das rein ehrenamtliche Team konzentriert sich ganz auf Kurzfilme und kombiniert dabei DEFA-Klassiker – unter besonderer Berücksichtigung der Dresdner Trickfilmgeschichte – mit aktuellen Produktionen. Der 2023 neu gegründete »Kurz.Film.Club.« für Kinder und Jugendliche intensiviert die aktive Einbindung der jungen Zielgruppe in die Kinovorstellungen. Zudem runden liebevoll kuratierte Formate mit Kurzfilmen, Literatur und Musik das Programm ab.
Zweite Preise
Pupille e. V. – Kino in der Uni, Frankfurt am Main
Pupille e. V. wird mit einem zweiten Preis ausgezeichnet. Der Jury gefiel vor allem das vielfältige Programm – von Dokumentationen und Experimentalfilmen bis zu Klassikern und Stummfilmen. Neben zahlreichen Kooperationen organisiert die Pupille zudem ein eigenes Festival für experimentelle Kurzfilme. Die Mitglieder des Vereins werden durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit vorbildlich an die Kinoarbeit herangeführt.
Cinema Quadrat e. V. – Kommunales Kino Mannheim
Ebenfalls mit einem zweiten Preis wird das Cinema Quadrat in Mannheim gewürdigt. Besonders hervor hebt die Jury hier den filmischen Schwerpunkt auf der Repräsentanz von Vielfalt sowie die Unterstützung von regionalem Filmschaffen – unter anderem mit einem regionalen Kurzfilmfestival.
Kommunales Kino Pforzheim
Einen zweiten Platz in der Kategorie »Kino, das bildet« belegt auch das Kommunale Kino Pforzheim, das mit seinem breiten Portfolio an Formaten für alle Altersgruppen sowie dem Ziel der kulturellen und politischen Bildung überzeugt. Das vielseitige Angebot insbesondere für Kinder und Jugendliche bindet die junge Zielgruppe zudem aktiv in die Programmgestaltung ein. Zahlreiche Kooperationen zeigen die Vernetzung von Kino und Bürger*innen.
Kino achteinhalb, Saarbrücken
Das Kino achteinhalb in Saarbrücken erhält ebenfalls einen zweiten Preis in der Kategorie »Kino, das bildet«. Mit zahlreichen Sonderveranstaltungen wie Stummfilmen oder zu aktuellen politischen Themen, der Zusammenarbeit mit Hochschulen und Kooperationen für Kinder und Jugendliche bedient das Kino ein breites Spektrum an Zielgruppen und glänzt mit großer Programmvielfalt.
»Kino, das verbindet«
Erster Preis
Kommunales Kino Freiburg e. V.
Das Kommunale Kino in Freiburg im Breisgau erhält den ersten Preis in der Kategorie »Kino, das verbindet«. Es beeindruckt mit 89 Kooperationen, die den Austausch zwischen sozialen und kulturellen Gruppen fördern. Dabei sind besonders die Zusammenarbeit mit Migrant*inneninitiativen sowie die 2023 entstandene Kooperation mit dem Arbeitskreis Behinderte an der Christuskirche (ABC) hervorzuheben. Mit dem Festival Celebrating New Wave: Kunst in Almanya, das Werke von aus der Türkei emigrierten Künstler*innen in den Mittelpunkt stellt, schafft das Kino nicht nur Raum für Film, sondern auch für interkulturelle Begegnungen und Netzwerke, die nachhaltig wirken. So entsteht ein lebendiger Ort des Austauschs, der sowohl künstlerisch als auch menschlich Brücken baut und die Filmkultur als verbindendes Element stärkt.
Zweite Preise
Ankersaal, Burghausen
Einen zweiten Preis erhält der Ankersaal im bayerischen Burghausen, der dank seiner Nähe zu Österreich Filmbegeisterte buchstäblich über Grenzen hinweg verbindet. Neben einem vielfältigen Arthouseprogramm öffnet der Ankersaal als kollektive ›Spielstätte für alle‹ seine Türen auch für Konzerte, Kleinkunst, Theater- und Literaturevents. Er schafft so Verbindungen zwischen den Kunstformen und erreicht neue Zielgruppen.
Kommunales Kino Esslingen
Ebenfalls einen zweiten Preis erhält das Kommunale Kino Esslingen. Programme wie »Film & Talk«, »Cine-Frühstück«, »Film & Disco«, das Seniorenkino »Kino um drei« sowie Spiel- und Bastelaktionen für Kinder zeigen, dass Interaktionen und Raum für Gespräche für alle Altersgruppen neben dem reinen Filmvergnügen eine wichtige Rolle einnehmen und viele Möglichkeiten für kulturellen Austausch bieten.
Filmhaus Nürnberg
Das Filmhaus Nürnberg wird ebenfalls mit einem zweiten Preis ausgezeichnet. Mit zahlreichen Kooperationen, dem Filmclub und Reihen wie »Silberfilm« (ein generationenverbindendes Format, das bei der Filmauswahl die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz berücksichtigt), »Afrikanische Kinowelten« oder »Kinema Kurabu« werden neue Perspektiven geboten und Beziehungen zur internationalen Filmkultur geknüpft.
Caligari FilmBühne, Wiesbaden
Ein weiterer zweiter Preis geht an die Caligari FilmBühne in Wiesbaden. Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen Kooperationen mit politischen, sozialen und kulturellen Einrichtungen, die das Kino zu einem lebendigen Ort der Begegnung werden lassen. Filmgeschichte, moderne Filmkunst, deutsches und europäisches Kino finden hier ebenso Platz wie umfangreiche Programme für Kinder.
»Kino, das wagt«
Erster Preis
Filmkollektiv Frankfurt
Den ersten Preis in der Kategorie »Kino, das wagt« erhält das Filmkollektiv in Frankfurt am Main für sein liebevoll kuratiertes Programm, das der Selbstbeschreibung als »Projektionsraum für unterrepräsentierte Filmkultur« alle Ehre macht. Mit durch Ausstellungen ergänzten Werkschauen, Masterclasses und Lesungen zu in Deutschland wenig bekannten Filmemachern wie Eugène Green und Bertrand Mandico füllt es nicht nur in Frankfurt eine Lücke. Wobei man hervorheben muss, dass das Programm auf ehrenamtlicher Basis entsteht und das Filmkollektiv kein eigenes Kino hat – was gerade bei den oftmals analogen Vorführungen eine besondere Herausforderung darstellt.
Zweite Preise
aka-Filmclub e. V., Freiburg
Ein zweiter Preis geht an den aka-Filmclub in Freiburg im Breisgau für seine originellen Themenreihen etwa zur Straße als politischem Raum, zu den Anfängen des Faschismus in Deutschland und zu »Spektakelfilmen« in Anlehnung an die Theorien des französischen Autors und Künstlers Guy Debord.
B-Movie, Hamburg
Das B-Movie in Hamburg erhält einen zweiten Preis für sein verlässlich vielfältiges und internationales Programm, in dem Hamburger Stadtgeschichte neben Afrofuturismus und dem Werk Chantal Akermans steht, und in dem das Kino etwa mit Lesungen und Konzerten immer wieder in den Kontext anderer Künste gesetzt wird.
Kulturhaus Heidekrug 2.0, Joachimsthal
An das Kulturhaus Heidekrug in Joachimsthal geht ein zweiter Preis für sein ehrenamtliches organisiertes Programm in einer brandenburgischen Kleinstadt. Es umfasst nicht nur Kino, sondern auch Theater und Konzerte und vermittelt mit einem diversen Filmangebot ein inklusives Weltbild in einer Gemeinde mit großer AfD-Wählerschaft.
Cinémathèque Leipzig
Die Cinémathèque Leipzig wird ausgezeichnet für ein Programm, das Filmkultur und historische und gesellschaftspolitische Themen stringent zusammendenkt. Das zeigt sich etwa in der großen Retrospektive des Festivals DOK Leipzig zu Protestbewegungen gegen das Sowjetregime, die die Cinémathèque gemeinsam mit dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung kuratierte.
Die Jury
Michael Höfner (für die AG Verleih)
Sven von Reden (für den Verband der deutschen Filmkritik)
Leonie Rieth (für den Bundesverband Jugend und Film)
Vera Schöpfer (für den Bundesverband kommunale Filmarbeit)
Erika Wottrich (für den Kinematheksverbund)
Ehrenpreis des Kinematheksverbundes für besondere Verdienste um die Filmkultur und das Filmerbe: Helke Sander, Regisseurin, Autorin
Laudatio: Claudia Lenssen (Autorin und Filmwissenschaftlerin)
Die Laudatio von Claudia Lenssen liegt der Pressestelle vor und kann hier erfragt werden: presse [at] deutsche-kinemathek.de (presse[at]deutsche-kinemathek[dot]de)