Unter den deutschen Schriftsteller*innen des 20. Jahrhunderts war Herbert Reinecker (1914–2007) einer der einflussreichsten – vor allem dank des ZDF. Doch seine breit gefächerte Präsenz in bundesdeutschen Medien ging nicht allein zurück auf die erfolgreichen Kriminalserien ›Der Kommissar und Derrick‹, sondern begann bereits in der frühen Bundesrepublik mit Kurzgeschichten und Hörspielen, die aus einer restaurativen Sicht auf den deutschen Alltag blickten. Zum Starautor wurde Reinecker anschließend mit Drehbüchern zu anspruchsvoll unterhaltenden Kinofilmen, darunter ›Canaris‹ und ›Der Stern von Afrika‹. Dabei handelt es sich um weitgehend distanzlose Annäherungen an die unmittelbar vergangene Epoche, deren Selbstverständnis als »Antikriegsfilme« bereits auf zeitgenössischen Widerspruch stieß. Die professionellen Ursprünge von Reineckers Schaffen liegen in den 1930er und 1940er Jahren, als er bis 1939 zunächst für Propagandaschriften der Reichsjugendführung verantwortlich war und sodann als Kriegsberichter der Waffen-SS Zeitungen mit Feuilletons von der Front belieferte. Mit zunehmender Kriegsdauer und abnehmendem Kriegsglück setzte er darin seine fanatische Hoffnung auf die Leistungen einer künftigen deutschen Hitlerjugend. Dass er zudem als Protegé des »Reichsdramaturgen« Rainer Schlösser als kommender Dramatiker des NS-Theaters galt, ist wenig bekannt. Seine vier Dramen sind Apologien des Systems und des Krieges.
Alle Aspekte von Reineckers Werk werden von den Autoren gewürdigt. Dabei wird eine besondere Aufmerksamkeit den bislang unerschlossenen Texten aus der Zeit vor 1945 und den ersten Nachkriegsjahren gewidmet. So erst gerät das Gesamtwerk in den Blick, werden innere Bezüge sowie Verarbeitungsmuster von teils selbst erlebter Zeitgeschichte und biografischen Fragmenten in fiktiven Erzählformen erkennbar.
»›Reineckerland‹ haben Rolf Aurich, Niels Beckenbach und Wolfgang Jacobsen ihre flüssig geschriebene Studie, mehr Essay als wissenschaftliche Abhandlung, über einen entschiedenen Parteigänger des NS-Systems genannt, der sich von seinen frühen Gesinnungsschriften zwar nie expressis verbis distanzierte, wohl aber bereits in den ersten Nachkriegsjahren als Feuilleton-Autor ein anderer zu werden versprach. [...] dieses zuverlässig editierte Buch mit seinem dichtverzweigten Quellenwerk sowie den erschöpfenden biblio- und filmographischen Auskünften [erschließt] eine exemplarische Lebensgeschichte, die womöglich selbst Stoff eines Spielfilms hätte werden können.« (Hans-Jörg Rother, ›Frankfurter Allgemeine Zeitung‹, 16.12.10)