Selects #12: After the War
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Das Ende des Zweiten Weltkriegs, das sich im Mai zum 80. Mal jährt, brachte endlich Frieden – nach Jahren beispielloser Gewalt, des Terrors und der systematischen Ermordung von Millionen Menschen im Holocaust. Auch Deutschland, verantwortlich für diesen Krieg, lag in Trümmern, die Menschen waren physisch und seelisch gezeichnet. Die ausgewählten Filme spiegeln die Spannungen im Land während der Nachkriegszeit: den Wunsch nach Neuanfang ebenso wie das Ringen mit der Vergangenheit. Erste Produktionen entstanden bereits in den Besatzungszonen der unmittelbaren Nachkriegsjahre. Während sie vor allem vom Wiederaufbau und dem Überleben im Alltag erzählen, setzen sich spätere Werke zunehmend mit Schuld, Verdrängung und den Gräueln des Krieges auseinander. Sie fragen nach den Nachwirkungen des Krieges – für die Täter*innen, Überlebenden und nachfolgenden Generationen. Die Filme erinnern daran, dass Kriegsenden nicht nur Neubeginn bedeuten, sondern
auch einen langen Kampf mit der Vergangenheit. Themen, die heute, in einer Welt voller neuer und wieder aufflammender Konflikte, bedrückend aktuell sind.
Die neun ausgewählten Filme der 12. Ausgabe von »Selects: After the War« sind ab dem 1. Mai bis zum 15. Juli 2025 ohne Abo, kostenlos und nahezu weltweit auf deutsche-kinemathek.de abrufbar.
Die Filme
›Aktion Storch‹
D (West) 1945, Regie: anonym, 7 min, engl. UT,Dokumentarfilm
Der Film dokumentiert die gleichnamige Kampagne der britischen Militärregierung im besetzten Berlin. Im Rahmen dieser Aktion wurden Berliner Kinder über den Winter in ländliche Gebiete zur Erholung gebracht.
›Die Mörder sind unter uns‹
D (Ost) 1946, Regie: Wolfgang Staudte, 87 min, engl. UT
Mit: Hildegard Knef, Ernst Wilhelm Borchert, Arno Paulsen
Im ersten deutschen Spielfilm nach Kriegsende beeindruckt Hildegard Knef in der Rolle der KZ-Überlebenden Susanne Wallner. Nach ihrer Rückkehr ins zerstörte Berlin trifft sie den Kriegsrückkehrer Dr. Mertens, der versucht, seine furchtbaren Erinnerungen in Alkohol zu ertränken. Mit Susannes Hilfe findet der Arzt langsam zurück ins Leben. Als er auf den ehemaligen Hauptmann Brückner trifft, der im Osten ein Massaker angeordnet hatte, vermag die junge Frau ihn davon zu überzeugen, dass nicht Selbstjustiz, sondern ein Gericht den Kriegsverbrecher bestrafen muss.
›Berliner Ballade‹
D (West) 1948, Regie: Robert A Stemmle, 90 min, engl. UT
Mit: Gert Fröbe, Aribert Wäscher, Tatjana Sais, Ute Sielisch, O. E. Hasse
Mit Galgenhumor begleitet der Film den aus der Gefangenschaft entlassenen Otto bei seinem Versuch, sich in den Ruinen Berlins ein Leben aufzubauen. Der Alltag ist geprägt von Hunger, Lebensmittelbeschaffung, Schwarzmarkt und Schiebereien. Ein hagerer Gert Fröbe spielt diesen Heimkehrer, der mit seinem Nachnamen »Normalverbraucher« für viele Zeitgenossen steht, mit slapstickartiger Verdutztheit. Die Ironie des Erzählers, die kommentierenden Songs und die Regieeingriffe in die Spielhandlung versuchen, den Absurditäten der Nachkriegszeit das Komische abzugewinnen.
›Die Brücke‹
D (Ost) 1949, Regie: Artur Pohl, 85 min, ohne UT
Mit: Fritz Wagner, Arno Paulsen, Steffie Spira, Albert Venohr
Eine Gruppe von Geflüchteten aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten kommt nach dem Krieg in einer mitteldeutschen Kleinstadt an, froh, ein neues Zuhause gefunden zu haben. Doch die Ortsgemeinschaft begegnet den Fremden mit Misstrauen, Ablehnung, ja sogar Hass. Michaelis, Sprecher der Flüchtlingsgruppe, setzt sich für ein gutes Zusammenleben ein, doch bei einem Sabotageakt Ortsansässiger kommt er ums Leben. Als ein verheerendes Feuer die Stadt heimsucht, leisten die »Neuen« trotz aller Schikanen Hilfe und schlagen so eine Brücke zu einem gemeinsamen Leben.
›Karbid und Sauerampfer‹
DDR 1963, Regie: Frank Beyer, 77 min, engl. UT
Mit: Erwin Geschonneck, Marita Böhme
Die Dresdener Zigarettenfabrik, in der Kalle beschäftigt war, liegt nach Kriegsende in Schutt und Asche. Um sie wiederaufzubauen, wird Karbid zum Schweißen der Maschinen benötigt. Im Norden des Landes kann Kalle sieben Fässer beschaffen und macht sich mit dieser Fracht zu Fuß, per Anhalter, Pferdefuhrwerk und gekapertem Schnellboot auf den Rückweg. Dabei lernt er nicht nur Karla kennen, die ihn aufnimmt, sondern er muss sich auch zwischen russischen und amerikanischen Soldaten durchlavieren.
›Die Russen kommen‹
DDR 1968/87, Regie: Heiner Carow, 95 min, engl. UT
Mit: Gert Krause-Melzer, Viktor Perewalow, Dorothea Meissner, Norbert Christian, Wsewolod Safanow
Der 15-jährige Günter ist glühender Hitler-Anhänger. Bei der Jagd auf einen entflohenen Zwangsarbeiter ist er der Erste, der diesen stellen kann. Der gleichaltrige Flüchtling wird vom Dorfpolizisten erschossen, und Günter nimmt stolz das Eiserne Kreuz entgegen. Als die Sowjetarmee vorrückt, wird er wegen Mordes verhaftet. Die folgenden Tage im Haftkeller stürzen ihn in tiefste Verwirrung, hin- und hergerissen zwischen falschverstandenem Ehrgefühl und der Erkenntnis seiner Schuld. Heiner Carows Film, in Breitwandformat und expressiven Schwarz-Weiß-Bildern gedreht, war bis 1987 verboten und wurde 2014 restauriert.
›Deutschland bleiche Mutter‹
BRD 1980, Regie: Helma Sanders-Brahms, 151 min, engl. UT
Mit: Eva Mattes, Ernst Jacobi, Elisabeth Stepanek, Angelika Thomas, Rainer Friedrichsen
Während ihr Mann Hans als Wehrmachtssoldat an der Front kämpft, bringt Lene die gemeinsame Tochter durch den von Bombenangriffen und Hunger geprägten Kriegsalltag. Doch mit dem Frieden kehren alte Geschlechterrollen zurück, und Lene fühlt sich in ihrem eigenen Leben gefangen. Der Alltag mit dem kriegstraumatisierten Mann in einem Land im Wirtschaftswunder-Rausch verdrängt die Vergangenheit und lähmt die junge Frau – nicht nur im übertragenen Sinne.
›BeFreier und Befreite‹
D 1992, Regie: Helke Sander, 200 min, engl. UT (SHD und AD)
Dokumentarfilm
Der Film gilt bis heute als Meilenstein in der Anerkennung sexueller Gewalt als Kriegsverbrechen. Er basiert auf jahrelanger Recherche zu den Massenvergewaltigungen durch die Rote Armee am Ende des Zweiten Weltkriegs. In 200 Minuten, in zwei Teile gegliedert, legt die Regisseurin erstmals konkrete Zahlen über das Ausmaß der Gewaltverbrechen vor. Sie interviewt Überlebende, ehemalige Rotarmist*innen und die aus den Vergewaltigungen geborenen Kinder und montiert deren Aussagen mit Archivmaterial. Eine Emotionalisierung des Themas wird vermieden, um revanchistische Deutungen auszuschließen.
Der Film ist mit SDH (Subtitles for the Deaf and Hard of Hearing) für Menschen mit Hörbehinderung und AD für Menschen mit Sehbehinderung verfügbar.
›Vokzal – Bahnhof Brest‹
D 1993, Regie: Gerd Kroske, 91 min, engl. UT
Dokumentarfilm
Brest, die Grenzstation zwischen Polen und Belarus, ist ein Ort mit einer bewegten Geschichte: 1939 lag die Stadt auf der Demarkationslinie, die das von Deutschland überfallene Polen vom sowjetischen Besatzungsgebiet trennte. Kurz darauf begann von hier der Angriff auf die Sowjetunion. Der Bahnhof war Umschlagplatz für Soldaten, Geflüchtete, Asylsuchende, Waffen und Waren. Historisches Archivmaterial und die Geschichten von Bewohner*innen und Durchreisenden verweben sich zu einer traumatischen Erzählung, die bis in die Gegenwart reicht. Heute liegt Brest an der mittlerweile geschlossenen Grenze zum prorussischen Belarus.
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