DEFA-Filmschätze
Filmauswahl
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Das zweite Gleis
DDR 1962, Regie: Joachim Kunert, 80 Min., sw, keine Altersbeschränkung, Format: 35 mm, DVD
Fahrleiter Brock ertappt nachts zwei Diebe auf den Gleisen eines Güterbahnhofs, identifiziert sie aber bei einer Gegenüberstellung absichtlich nicht. Der überraschte Dieb Runge lässt seinen Komplizen Frank daher Brocks Familienverhältnisse ausspionieren. Dabei verlieben sich Frank und Brocks Tochter Vera und versuchen herauszufinden, welche Verbindung es zwischen Veras Vater und Runge gibt. Eine schreckliche Entdeckung führt in die Zeit des Nationalsozialismus zurück. Kompositionen sich kreuzender und parallel verlaufender Gleise setzen die Verstrickungen von Schuld, Verantwortung und Versagen ausdrucksstark ins Bild.
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Betrogen bis zum jüngsten Tag
DDR 1957, Regie: Kurt Jung-Alsen, 74 Min., sw, keine Altersbeschränkung, Format: 35 mm, DVD
Im Juni 1941 vertuschen die drei Wehrmachtsangehörigen Wagner, Lick und Paulun den Tod der Tochter ihre Hauptmanns bei einem Jagdunfall in der Nähe der litauischen Grenze. Licks Vater, ein SS-General, erklärt die Russen für schuldig und legitimiert so den Einfall der Wehrmacht in die UdSSR. Paulun dagegen wird von Gewissensbissen geplagt und offenbart seinem Hauptmann die wahren Hintergründe der Tat – was nicht ohne Konsequenzen für ihn bleibt.
Als selbsterklärter »Übermensch« Lick übernimmt Wolfgang Kieling in Kurt Bortfeldts Adaption der Novelle ›Kameraden‹ von Franz Fühmann eine besonders intensive letzte DEFA-Rolle in den 1950ern. -
Die besten Jahre
DDR 1965, Regie: Günther Rücker, 101 Min., sw, FSK: ab 12 Jahre, Format: 35 mm, DVD
Gegen seinen Willen wird der Kriegsheimkehrer Ernst Machner von der Partei zum Neulehrer einer Dorfschule bestimmt. Eigenen Widerständen und anfänglich mangelndem Wissen zum Trotz beweist Machner pädagogisches Geschick und wird auf immer wichtigere Positionen versetzt: Über ein Gymnasium, wo ihn der alteingesessene Lehrkörper nicht akzeptiert, schließlich gar ins Bildungsministerium. Dabei leidet Machners Privatleben durch die häufigen Ortswechsel und die Notwendigkeit der stetigen Weiterqualifizierung.
Ohne plakative Affirmationen und Propaganda beschreibt Rückert das Spannungsverhältnis zwischen individuellen und gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen in der neu gegründeten DDR. -
Eine Pyramide für mich
DDR 1975, Regie: Ralf Kirsten, 102 Min., Farbe, ohne Altersbeschränkung, Format: DCP, 35 mm, DVD
Für den Bau eines Staudamms im sächsischen Wolfsgrün Ende der 1940er-Jahre bedient sich eine Gruppe enthusiastischer junger Menschen um Paul Satie nicht ganz legaler Methoden: Sie verwüsten den Hof eines Bauern, der sich weigert sein Land für das Bauprojekt zu verlassen. Zwanzig Jahre später kehrt Satie, inzwischen Professor und angesehener Hydrologie-Experte, nach Wolfsgrün zurück und macht sich auf die Suche nach den ehemaligen Freunden und Mitstreitern. Er hinterfragt seine damaligen Entscheidungen und gelangt zu einer folgenreichen Neuorientierung.
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Hexen
DDR 1954, Regie: Helmut Spieß, 99 Min., sw, ohne Altersbeschränkung, Format: 35 mm, DVD
Tiefer Aberglauben herrscht 1949 in Hunsdorf im Thüringer Wald. Entsprechend werden der Diebstahl und die Schieberei von Schweinen mit Hexerei (v)erklärt. Der junge Polizist Kühlemann kommt zur Aufklärung in den abgelegenen Ort, jedoch misstraut ihm die Bevölkerung und will ihn mit Geschichten über die Hexenguste verwirren. Einzig der kleine Peter Bast und die »Neulehrerin« Marianna Paul unterstützen ihn bei den Ermittlungen.
Ein besonderes Schmankerl sind der Wortwitz und die thüringische Mundart fast aller Darstellenden. Aufgrund grotesker und zeitkritischer Elemente monierte das Ministerium für Kultur der DDR zunächst das altmodische Bild der Landbevölkerung. -
Wengler und Söhne – Eine Legende
DDR 1987, Regie: Rainer Simon, 137 Min., Farbe, ohne Altersbeschränkung, Format: 35 mm, DVD
Der Kriegsheimkehrer Gustav Wengler verlässt 1871 sein Heimatdorf, um in der nahegelegenen Stadt Arbeit zu finden. Schnell beweist er sich in der Firma und verinnerlicht die dortige patriarchale Autorität. Von den Söhnen enttäuscht ruhen seine Hoffnungen auf seinem Enkel Paul. Tatsächlich gelingt ihm der gesellschaftliche Aufstieg: Als Direktor der nun international renommierten Firma lässt er sich jedoch korrumpieren und unterstellt den Betrieb dem Nationalsozialismus. Erst vor der zerbombten Werkstatt hinterfragt der Greis Gustav seinen Lebensweg.
Die Kameraarbeit von Roland Dressel und Ausstattung von Alfred Hirschmeier verleihen dem fiktiven Generationenporträt ein faszinierendes Zeitkolorit. -
Romanze mit Amélie
DDR 1982, Regie: Ulrich Thein, 104 Min., Farbe, FSK: keine Angabe, Format: 35 mm, DVD
1945 flüchtet der junge Jürgen Siebusch aus dem zerstörten Berlin in ein märkisches Dorf, wo er sich in die Grafentochter Amélie verliebt. Kurz vor Kriegsende wird Jürgen zum Volkssturm eingezogen, flieht aber mit Amélie als die Rote Armee eintrifft. Bei ihrer Rückkehr müssen sie feststellen, dass das Gut enteignet und aufgeteilt werden soll. Jürgen möchte Neubauer werden und wünscht sich eine gemeinsame Zukunft mit Amélie. Diese beharrt jedoch auf ihrem Geburtsrecht und zahlt für den Versuch, Wertgegenstände aus dem Gutshaus zu entwenden, mit ihrem Leben.
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Die Hexen von Salem
F/DDR 1957, Regie: Raymond Rouleau, 115 Min., sw, FSK: keine Angabe, Format: DCP, Bluray, DVD, 35mm
Um ihren Liebhaber John Proctor ganz für sich alleine zu besitzen, beschuldigt die Magd Abigail dessen Frau Elizabeth, eine Hexe zu sein. Die puritanische Siedlung Salem in Massachusetts verfällt 1692 dem Hexenwahn und weitere Frauen werden vor Gericht gestellt. Auf der Anklagebank gesteht John seinen Ehebruch und legt damit Abigails eigentliche Absichten offen. Trotz des Geständnisses verurteilt die fanatische Obrigkeit das Ehepaar zum Tode, verschont Elizabeth aufgrund ihrer Schwangerschaft jedoch.
Die deutsch-französische Koproduktion – erstmals neu digitalisiert als DCP in der DEFA-Synchronfassung – brachte bedeutende französische Schauspieler*innen in die DEFA-Ateliers. -
Kaskade rückwärts
DDR 1984, Regie: Iris Gusner, 94 Min., Farbe, FSK: ab 12 Jahren, Format: 35 mm, DVD
Die knapp 40-jährige Maja Wegner fühlt sich beruflich wie privat unerfüllt. Für die Umschulung zur Zugschaffnerin zieht sie mit ihrer halbwüchsigen Tochter Zoppi in die Großstadt, auch in der Hoffnung auf einen neuen Partner. Mit ihrer Nachbarin Carola, der mondänen Gattin eines stets abwesenden Professors, begibt Maja sich auf die Suche nach einem Mann. Nach vorläufigen Enttäuschungen erkennt Maja in ihrem schüchternen Kollegen Gerd den passenden Lebensgefährten.
Der spielerisch-freie Umgang mit den Realitäten des »sozialistischen Alltags« sowie die Erzählung über weibliche Selbstverwirklichung stießen auf erheblichen Widerstand bei den DDR-Behörden; der Film wurde nach negativen Kritiken schnell aus den Kinos verbannt. -
Kein Hüsung
DDR 1954, Regie: Arthur Pohl, 93 Min., sw, FSK: ab 12 Jahren, Format: DCP, DVD; 35 mm im Bundesarchiv-Filmarchiv
Um zu heiraten, benötigen Mariken und Johann den Hüsüng – die Einwilligung des Barons, auf dessen Gut sie arbeiten. Einst von Mariken abgewiesen verweigert der Baron dies aber. Im Streit tötet Johann den Baron und flieht, lässt Mariken aber zurück. Als sie gezwungen werden soll, ihren Sohn wegzugeben, bittet sie die Baronin vergeblich um Unterstützung und erfriert in einer Winternacht erschöpft am Wegesrand. Nach der Revolution von 1848, kehrt Johann in das Dorf zurück, um seinen Sohn zu holen und mit ihm ein besseres Leben zu beginnen.
Landschaft und Himmel werden durch Joachim Haslers Kameraarbeit zu gleichberechtigten Protagonisten in dieser Adaption von Fritz Reuters gleichnamigen niederdeutschen Versdrama. -
Heute sterben immer nur die andern
D 1991, Regie: Siegfried Kühn, 77 Min., Farbe, FSK: keine Angabe, Format: DCP, 35 mm, DVD
Die Theaterschauspielerinnen Maria, Hanna und Lisa feierten einst große Erfolge als Tschechows ›Drei Schwestern‹. Jahre später erkrankt Maria unheilbar an Krebs, wodurch ihre beiden Freundinnen konträre Verhältnisse zur Sterbenden entwickeln und alte Konflikte neu aufbrechen. Hanna bietet Maria angesichts ihres Zustands ein Mittel an, um ihrem Leben vorzeitig ein Ende zu setzen. Zunächst ist Maria schockiert und beendet den Kontakt zu Hanna, doch allmählich nähern sich die beiden Frauen einander wieder an. Als Marias Zustand immer unerträglicher wird, hilft Hanna ihr, das Leiden zu beenden.
Basierend auf der gleichnamigen Erzählung von Charlotte Worgitzky, ist dies die einzige DEFA-Produktion, die das Thema Sterbehilfe diskutiert. -
Mein lieber Robinson
DDR 1971, Regie: Roland Gräf, 81 Min., sw, FSK: ab 12 Jahren, Format: 35 mm, DVD
Schon mit 19 wird Peter Gruner, genannt Robinson, Vater. Zu seinem eigenen fordernden Vater hat er ein angespanntes Verhältnis, weshalb er ihm die Elternschaft verheimlicht. Unterstützung und Rat erhält Robinson hingegen durch seinen Kollegen, dem Krankenhelfer Kowalski. Hin- und hergerissen zwischen Ausbruchswunsch und Verantwortungsgefühl muss sich Robinson entscheiden, ob er offen zu seiner Freundin Karin und ihrem gemeinsamen Kind stehen will.
In kontrastreichen Schwarz-Weiß-Bildern erfasst Gräf den Alltag und das Lebensgefühl junger Leute zu Beginn der 1970er-Jahre. -
Seitensprung
DDR 1980, Regie: Evelyn Schmidt, 84 Min., Farbe, FSK: ab 12 Jahren, Format: 35 mm, DVD
Das glückliche Ehepaar Edith und Wolfgang nimmt die junge Sandra nach dem Tod ihrer Mutter bei sich auf. Nachdem Edith erfährt, dass Wolfgang jahrelang ein Doppelleben mit Sandras Mutter führte, zieht sie sich verletzt zurück. Sie erträgt das Zusammenleben mit Sandra immer weniger, sodass das Ehepaar beschließt, das Mädchen in ein Heim zu geben. Schnell erscheint diese Lösung jedoch beiden falsch. Edith und Wolfgang holen Sandra zurück, doch auch der erneute Versuch der Integration des Kindes gestaltet sich problematisch.
Neben einem feinfühligen Frauenporträt zeichnet Evelyn Schmidts Debütfilm durch die minutiöse Ausstattung ein beinahe dokumentarisches Bild der späten 1970er in der DDR.