Das nächste Jahrhundert wird uns gehören
18.4.23–20.5.23
Claudia von Alemann und ihre Filme
Dieses und das vergangene Jahrhundert haben sich weltweit insbesondere Feministinnen wahrscheinlich anders vorgestellt – zumindest haben sie eine andere Welt gefordert. Für die Regisseurin, Autorin und Produzentin Claudia von Alemann ist die Idee einer gerechte(re)n Welt nicht nur ein Wunschtraum, auch wenn viele ihrer Filme mit dem Traumhaft-Unbewussten spielen. Die Gesellschaftskritik ihrer Filme lässt sich, abgesehen von den Sujets ihrer Werke, vor allem auch daran erkennen, wie sie sich von konventioneller Filmsprache ab- und dem Prozess des (filmischen) Erinnerns zuwenden. Das Œuvre der ehemaligen Professorin an der Fachhochschule Dortmund umfasst experimentelle und dokumentarische Arbeiten, Fernsehbeiträge und Spielfilme. In komplexen filmischen Collagen, in denen sie Musik, Ton, bildende Kunst und Fotografien miteinander in Beziehung setzt, beleuchtet sie die blinden Flecken der Geschichtsschreibung.
Geboren 1943 in Thüringen und aufgewachsen im Rheinland, geht Claudia von Alemann 1963 zunächst nach Westberlin, um an der Freien Universität Kunstgeschichte und Soziologie zu studieren. Von 1964 bis 1968 studiert sie an der Hochschule für Gestaltung Ulm in der Abteilung für Filmgestaltung bei Alexander Kluge und Edgar Reitz. Bereits ihre ersten Kurzfilme beweisen Alemanns Affinität zum Surrealen und Märchenhaften, zu Slapstick und Pantomime. Später dominieren politische Themen. Aus einem ursprünglich nur für wenige Tage geplanten Aufenthalt in Paris während der Mai-Unruhen 1968 wird ein ganzes Jahr. Zurück in Deutschland schließt sich Claudia von Alemann der autonomen Frauenbewegung an und gründet gemeinsam mit Mitstreiterinnen einen ersten Frankfurter »Weiberrat«. Fortan widmet sich ihr Schaffen vor allem der Suche nach feministischen Geschichten und der politischen Aufklärungsarbeit. Mit Helke Sander stellt sie 1973 in Westberlin im Kino Arsenal das »1. Internationale Frauen-Film-Seminar« auf die Beine: Es gilt als eines der ersten Festivals mit Filmen von und über Frauen der Welt. Von 1974 bis 1980 lebt und arbeitet Claudia von Alemann erneut in Paris.
Der Titel der Filmreihe zitiert das von Claudia von Alemann gemeinsam mit Dominique Jallamion und Bettina Schäfer herausgegebene Buch ›Das nächste Jahrhundert wird uns gehören. Frauen und Utopie 1830–1840‹. Es vereint Texte aus der ersten allein von Frauen geschriebenen, gedruckten und vertriebenen Zeitung ›La femme libre‹ von 1832, die von den Herausgeberinnen nach aufwendiger Recherche übersetzt und 1981 veröffentlicht wurden. Aus den Recherchen dafür gingen zwei Filmarbeiten hervor, die diese Filmreihe rahmen: der gleichnamige zweiteilige Episodenfilm sowie ›Die Reise nach Lyon‹. Der Fokus der Reihe liegt auf der Suche nach einer feministischen Geschichte und der autobiografischen Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Neben den Filmen von Claudia von Alemann sind Werke von Filmemacherinnen zu sehen, die sie beeinflusst haben und denen sie nahesteht.
Kuratiert von von Fiona Berg und Arisa Purkpong
Kooperationsveranstaltung mit dem Zeughauskino – Deutsches Historisches Museum, dem Bundesplatz-Kino und dem Klick Kino anlässlich des 80. Geburtstags von Claudia von Alemann am 23. März 2023.