Future Imperfect – Science · Fiction · Film
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Die Retrospektive der 67. Internationalen Filmfestspiele Berlin
Die Retrospektive der 67. Internationalen Filmfestspiele Berlin widmet sich dem Science-Fiction-Film und damit einem der bildgewaltigsten und spektakulärsten Genres der Filmgeschichte. Sie zeigt imaginierte Welten einer unvollendeten Zukunft, wie sie der Science-Fiction-Film seit seinen Anfängen inszeniert. Im Zentrum der Schau stehen zwei Themen: die Gesellschaft der Zukunft und das Fremde. Insgesamt umfasst die Retrospektive 27 internationale Spielfilme, darunter Klassiker, Kultfilme und weitgehend unbekannte Produktionen etwa aus Japan sowie Mittel- und Osteuropa.
Zukunftswelten und Dystopien
Der Reiz dieser Filme liegt insbesondere darin, dass sie eine ferne Zukunft sinnlich erfahrbar machen. Positive Zukunftswelten sind hierbei allerdings die Ausnahme. Dominiert wird das Genre von Dystopien, die zeitgenössischen Fragen in der pessimistischen Zuspitzung eine besondere Brisanz verleihen. Die Öko-Dystopie ›Soylent Green‹ (›... Jahr 2022 ... die überleben wollen‹, USA 1973, Regie: Richard Fleischer) zum Beispiel handelt von Überbevölkerung und Umweltverschmutzung. In reduzierten Farben entwirft sie eine Welt, in der Wasser, Nahrung und Wohnraum hart umkämpft sind und die Bevölkerung wie Abfall recycelt wird. Zentral für das Genre ist die Auseinandersetzung mit totalitären Systemen und allgegenwärtiger Überwachung wie in ›1984‹ (GB/USA 1956, Regie: Michael Anderson), der ersten Kinoverfilmung von George Orwells bekanntem Roman. Einprägsam zeichnet George Lucas in ›THX 1138‹ (USA 1971) eine technokratische Zukunftsvision von einer hocheffizienten und vollautomatisierten Gesellschaft, in der Gefühle und der freie Wille des Einzelnen durch Medikamente unterdrückt werden. In postapokalyptischen Filmen ist die Erde unbewohnbar. So haben sich in ›O bi, o ba: Koniec cywilizacji‹ (›O bi, o ba: Das Ende der Zivilisation‹, Polen 1985, Regie: Piotr Szulkin) die Überlebenden einer atomaren Katastrophe unter die Erdoberfläche zurückgezogen. Wo jegliche zivilisatorische Ordnung ausgelöscht ist, herrschen Gewalt und Chaos, es bilden sich aber auch neue Formen von Gemeinschaft heraus.
Begegnung mit dem Fremden
Allgegenwärtig ist in Science-Fiction-Filmen das Sujet des Fremden oder unbekannten Anderen. Immer wieder entwickeln sie Szenarien, in denen Menschen mit extraterrestrischen Lebensformen in Kontakt treten und wie Außerirdische aussehen und leben. Der dänische Stummfilm ›Himmelskibet‹ (›Das Himmelsschiff‹) von Holger-Madsen, der 1918 uraufgeführt wurde und damit zu den frühesten Science-Fiction-Filmen überhaupt gehört, beschwört noch die friedliche Vision von einer Mars-Erkundung und der Begegnung mit den dort lebenden Wesen. Freundlich wirken auch die seesternförmigen Außerirdischen in Kōji Shimas ›Uchūjin Tōkyō ni Arawaru‹ (›Die Außerirdischen erscheinen in Tokio‹, Japan 1956) oder Steven Spielbergs kindliche Wesen in ›Close Encounters of the Third Kind‹ (›Unheimliche Begegnung der dritten Art,‹ USA 1977). Der Genreklassiker ›The War of the Worlds‹ (›Kampf der Welten‹, USA 1953, Regie: Byron Haskin) hingegen steht exemplarisch für bedrohliche Alien-Invasionen aus dem All. Das Andere kann jedoch auch innerhalb der menschlichen Gesellschaft oder gar im Individuum selbst zutage treten. Künstliche Intelligenz, Androiden und Roboter werfen die Frage nach dem Unterschied zwischen Mensch und Maschine auf. Sie stellt sich auf düstere und erbarmungslose Weise auch in Marek Piestraks ›Test Pilota Pirxa‹ (›Der Test des Piloten Pirx‹, Polen/UdSSR 1979).