Ingmar Bergman – Von Lüge und Wahrheit
27.1. – 29.5.11
Ausstellung
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Publikation zur Ausstellung
Ernst Ingmar Bergman wurde am 14. Juli 1918 als Sohn des lutherischen Pastors Erik Bergman und dessen Frau Karin, geb. Åkerblom, im schwedischen Uppsala geboren. Das streng protestantische Elternhaus prägte ihn nachhaltig; auf seine Kindheitserinnerungen nahm er in seinem Œuvre immer wieder Bezug. Um sich vor Demütigungen und Verletzungen zu schützen, flüchtete sich der sensible, fantasiebegabte Junge häufig in Schwindeleien. Später zog sich die Gratwanderung zwischen Lüge und Wahrheit, zogen sich Verleumdung, Betrug und Selbsttäuschung wie Leitmotive durch Bergmans Werk.
Im Laufe seiner Karriere inszenierte Ingmar Bergman über 130 Theaterstücke, 42 Radioproduktionen, 23 Fernsehspiele und 39 Kinofilme. Seine Arbeiten wurden mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen prämiert, darunter drei Academy Awards (Oscars) für den besten fremdsprachigen Film. Regisseure wie Woody Allen, Federico Fellini, Stanley Kubrick und Billy Wilder erwiesen Bergman ihre Reverenz; 1997 wurde er bei den Filmfestspielen in Cannes als Erster in der Geschichte des Festivals mit der höchsten Auszeichnung, der »Palme des Palmes«, für sein Lebenswerk geehrt. Bergmans Filme, zu denen Dramen wie auch Komödien, intime Kammerspiele und opulente Kostümfilme zählen, sind stark geprägt von der Landschaft und Literatur Skandinaviens und zugleich universell verständlich.
Schwerpunkte der Ausstellung
Prolog
Kennzeichnend für Ingmar Bergmans Arbeitsweise ist das Übereinanderschichten und Umformen von autobiografischem Erleben und fiktionalem Werk. Zahlreiche Filmsets – beispielsweise die Wohnung der Großmutter in Fanny och Alexander (1982; Fanny und Alexander) – wurden detailliert nach realen Vorbildern aus Bergmans privatem Umfeld gestaltet, manche Szenen und Dialoge scheinen unmittelbar seinen persönlichen Erfahrungen nachempfunden zu sein. Umgekehrt wirken viele der Erinnerungen, die Bergman in seiner Autobiografie Laterna Magica (1987) festgehalten hat, wie Episoden seiner Filme.
Zehn Jahre nach Fanny und Alexander schreibt Ingmar Bergman das erste von insgesamt drei Drehbüchern, die auf der Geschichte seiner Familie basieren. Den goda viljan (1991, Regie: Bille August; Die besten Absichten) erzählt von den schwierigen ersten Jahren der Beziehung seiner Eltern Erik Bergman und Karin Åkerblom bis zu der Zeit, in der Karin mit Ingmar schwanger ist. Diese Vorgeschichte seiner Biografie ist bis in die Wahl der Drehorte authentisch, nur die Vornamen wandelt Bergman ab: Aus Karin wird Anna und aus Erik Henrik Bergman. Quer durch sein gesamtes filmisches Œuvre hat Ingmar Bergman immer wieder autobiografische Fährten gelegt. Er bietet damit einerseits Deutungsmöglichkeiten an, treibt aber auch sein Spiel mit dem interessierten Zuschauenden.
Suche
Ab 1938 inszeniert Ingmar Bergman, der sich schon seit seiner Kindheit für das Theater begeistert, Stücke an kleinen Stockholmer Bühnen. 1942 schreibt er mit Kaspers död (Kaspers Tod) sein erstes Stück. Kurz darauf wird er Mitarbeiter der Drehbuchabteilung bei der schwedischen Filmgesellschaft Svensk Filmindustri. 1944 wird durch Alf Sjöberg mit Hets (Die Hörige) erstmals ein Drehbuch von Bergman verfilmt. Noch im gleichen Jahr – und bevor er zwei Jahre später mit Kris (1946; Krise) sein Debüt als Filmregisseur gibt – übernimmt Bergman die Intendanz des Stadttheaters von Helsingborg und avanciert damit zum jüngsten Theaterleiter Schwedens. Im Verlauf seiner sich rasant entwickelnden künstlerischen Karriere begibt sich der Cineast Bergman auf die Suche nach eigenen filmischen Ausdrucksformen. Zusammen mit seinen Kameramännern Göran Strindberg und Gunnar Fischer erprobt er unterschiedliche Filmstile. So wirkt Hamnstad (1948; Hafenstadt) nach einem Drehbuch von Olle Länsberg wie ein Film des italienischen Neorealismus, während Bergmans erster auf einem eigenen Drehbuch basierender Film Fängelse (1949; Gefängnis) offenkundig vom deutschen Expressionismus beeinflusst ist, aber auch schon den Mut zum formalen filmischen Experiment aufweist. Endgültig findet Bergman mit Sommarlek (1951; Einen Sommer lang), der in Teilen auf autobiografischen Erlebnissen basiert, zu seinem filmischen Stil. Ein Jahr nach Kriegsende wurde in der sowjetisch besetzten Zone die Deutsche Film AG (DEFA) gegründet, die fortan auch das Babelsberger Studiogelände betrieb. Die westlichen Alliierten versuchten, ein Wiederaufleben der Ufa per Gesetz zu verhindern.
Künstler
Von 1952 bis 1959 übernimmt Bergman die künstlerische Leitung des Stadttheaters in Malmö. Zu seinem Ensemble gehören Bibi Andersson, Harriet Andersson, Max von Sydow und Ingrid Thulin, die er zukünftig auch in seinen Filmen einsetzen wird und mit denen er eine Art Familie, eine verschworene Künstlertruppe bildet. In seinem Werk setzt Bergman sich wiederholt selbstreflexiv mit seiner Rolle als Künstler auseinander. In Filmen wie Gycklarnas afton (1953; Abend der Gaukler), Det sjunde inseglet (1957; Das siebente Siegel) oder Ansiktet (1958; Das Gesicht) geht es um das Dilemma von Gaukler*innen und Schauspielenden: Sie möchten ihr Publikum um jeden Preis unterhalten und geraten dabei in einen Grenzbereich zwischen Clownerie und Scharlatanerie. Zugleich leidet der Künstler daran, von der Gesellschaft nicht anerkannt zu werden. Stets wohnt der Kunst bei Bergman etwas Unerklärliches, Magisches inne. Im Gegensatz zur Religion verspricht sie keine dauerhafte Erlösung, sondern nur das flüchtige Glück im Hier und Jetzt. In den 1950er Jahren erfährt Ingmar Bergman internationale Anerkennung für seine Filme: Sommarnattens leende (1955; Das Lächeln einer Sommernacht) wird 1956 in Cannes für die Goldene Palme nominiert, Smultronstället (1957; Wilde Erdbeeren) erhält 1958 bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin den Goldenen Bären.
Glaube
Bereits in den späten 1950er Jahren beschäftigt sich Bergman in Det sjunde inseglet (1957; Das siebente Siegel) und Jungfrukällan (1960; Die Jungfrauenquelle) mit Glaubensfragen und seinem Gottesbegriff. Beide Filme sind im Mittelalter angesiedelt und zeigen Max von Sydow als den mit Schicksal und Tod ringenden Ritter Antonius Block bzw. als Vater Töre im Dialog mit Gott. Die Jungfrauenquelle wird 1961 mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet. Anfang der 1960er Jahre entstehen drei Filme, die Bergman später als »Glaubenstrilogie« bezeichnet: Harriet Andersson durchlebt als schizophrene junge Frau in Såsom i en spegel (1961; Wie in einem Spiegel) beängstigende Gottesvisionen; in Nattvardsgästerna (1963; Licht im Winter) spielt Gunnar Björnstrand einen Provinzpfarrer, der seinen Glauben verloren hat, und die beiden Protagonistinnen aus Tystnaden (1963; Das Schweigen), Gunnel Lindblom und Ingrid Thulin, finden sich auf ihrer Reise in einer fremden, gottlosen Welt wieder. In all diesen Filmen umkreist Bergman die Frage nach der Existenz Gottes. Hatte er in Die Jungfrauenquelle noch den volkstümlichen Wunderglauben inszeniert und in Wie in einem Spiegel in der Liebe Gott erkannt, beendet er mit Licht im Winter und Das Schweigen endgültig die Suche nach Gewissheit. Die Erkenntnis der Nichtexistenz eines allmächtigen, strafenden Vaters empfindet Bergman als eine Befreiung.
Fårö
1960 macht sich Bergman auf die Suche nach einem Drehort für Såsom i en spegel (1961; Wie in einem Spiegel). Sein ursprünglicher Wunsch, auf den schottischen Orkney Inseln zu drehen, lässt sich aus Kostengründen nicht realisieren. Schließlich findet er auf der kleinen schwedischen Ostseeinsel Fårö die idealen Schauplätze für seinen Film. Die raue nordische Kargheit fasziniert ihn und er beschließt, in Zukunft dort zu leben. Während der Dreharbeiten zu Persona (1966; Persona) werden Bergman und seine Hauptdarstellerin Liv Ullmann ein Paar; gemeinsam bauen sie ein Haus auf der Insel. Weitere Filme mit Ullmann wie Skammen (1967; Schande) und Passion (1969; Passion) entstehen ebenfalls hier. Auf Fårö gründet Bergman 1968 seine eigene Produktionsfirma Cinematograph AB, mit der er fortan die meisten seiner Filme, aber auch neun Projekte anderer Regisseurinnen und Regisseure produziert oder koproduziert. Beginnend mit den Dreharbeiten zu Scener ur ett äktenskap (1973; Szenen einer Ehe) versucht Bergman sogar, ein kleines Filmstudio in dem Fåröer Dorf Dämba zu etablieren. Am Ende seines Lebens zieht er sich in sein Haus auf der Insel zurück. Heute ist es Teil einer Stiftung, die es Wissenschaftler*innen und Kunstschaffenden ermöglicht, für eine gewisse Zeit dort zu arbeiten. Außerdem findet jährlich im Sommer die sogenannte »Bergman-Woche«, ein Festival zu Ehren Bergmans statt.
Beziehungen
Die zwischenmenschlichen Konflikte, die Bergman auf der Leinwand inszeniert, spiegeln oft seine privaten Erfahrungen. Über Jahrzehnte arbeitet der Regisseur mit den selben Schauspielenden zusammen, mit einigen seiner Aktricen verbinden ihn auch persönliche Beziehungen. In Beröringen (1971; The Touch) setzt Bergman eine komplexe Dreiecksgeschichte in Szene. Eine Arztgattin (Bibi Andersson) hat ein Verhältnis mit einem jungen Mann (Elliott Gould); die Beziehung ist jedoch zum Scheitern verurteilt. Erstmals arbeitet Bergman hier mit einem ausländischen Star zusammen und dreht in englischer Sprache. Viskningar och rop (1973; Schreie und Flüstern) erzählt kammerspielartig die Geschichte dreier Schwestern (Harriet Andersson, Ingrid Thulin und Liv Ullmann), von denen eine im Sterben liegt. Die Kameraarbeit von Sven Nykvist wird mit einem Academy Award prämiert. Im selben Jahr wird in Scener ur ett äktenskap (1973; Szenen einer Ehe) die Krise eines Ehepaares (Erland Josephson und Liv Ullmann) durchdekliniert. Das Beziehungsdrama ist ursprünglich als Fernsehserie konzipiert und wird auch in Deutschland zum »Straßenfeger«. Herbstsonate (BR Deutschland 1978; Höstsonaten) wiederum stellt das komplizierte Verhältnis einer Mutter und ihrer Tochter (gespielt von Ingrid Bergman und Liv Ulmann) in den Mittelpunkt.
Deutschland
1976 flieht Bergman vor der schwedischen Steuerbehörde, die ihn zu Unrecht der Steuerhinterziehung beschuldigt, nach München. Ein Glücksfall für die deutsche Kulturszene: Zwischen 1976 und 1985 inszeniert Bergman mehrere Stücke am Münchener Residenztheater und dreht Das Schlangenei (BR Deutschland / USA 1977) sowie Aus dem Leben der Marionetten (BR Deutschland 1980) mit deutschen Schauspieler*innen wie Robert Atzorn, Heinz Bennent, Christine Buchegger, Gaby Dohm, Gert Fröbe, Rita Russek und Walter Schmidinger.
Resümee
Im September 1981 begibt sich Ingmar Bergman, inzwischen 63 Jahre alt, noch einmal für eine große Kinoproduktion ins Filmstudio. Zuvor hatte er seinen Rückzug aus dem Filmgeschäft angekündigt und beschlossen, sein künstlerisches Schaffen zukünftig auf das Theater, das Fernsehen und das Schreiben zu beschränken. Mit Fanny och Alexander (1982; Fanny und Alexander) bildet Bergman, nicht ohne Humor, noch einmal die Themen seines persönlichen Kosmos ab, diesmal in opulenten, farbigen Dekors der Jahrhundertwende: Familie und Beziehungen, die Suche nach Sinn, Glaube und religiöser Autorität, der Künstler und seine Position in der Gesellschaft und die Beziehung zur eigenen Kindheit. Nach diesem mit mehreren Oscars gefeierten Abschied von der Kinoleinwand arbeitet Bergman bis zu seinem 85. Lebensjahr am Theater und beim Fernsehen. Er schreibt zahlreiche Drehbücher mit meist autobiografischen Bezügen, die andere Regisseur*innen verfilmen, unter ihnen Bille August, Liv Ullmann und Bergmans Sohn Daniel Bergman. Nach seiner letzten Inszenierung, Henrik Ibsens Gengångare (Gespenster) am schwedischen Königlich Dramatischen Theater, und der Fertigstellung seines letzten Fernsehfilms Saraband (2003; Sarabande), in dem noch einmal Liv Ullmann und Erland Josephson aufeinandertreffen, zieht Bergman sich endgültig in sein Anwesen auf der Insel Fårö zurück. Am 30. Juli 2007 stirbt er dort und wird auf dem Inselfriedhof beigesetzt.
Galerie
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Publikation zum Symposium
Symposium
28.–30.4.2011
Ingmar Bergman thematisiert in seinem Werk sämtliche Spielarten der Lüge – vom clownesken Vorgaukeln über das künstlerisch-kreative Erfinden bis zum gemeinen Betrug. Die Lüge dient dem Selbstschutz, der Verleugnung oder ist Ausdruck von Fantasie. Hingegen sind bei Bergman Wahrheit und Aufrichtigkeit moralische Vorstellungen, an denen die meisten seiner Protagonisten scheitern. Ausgehend von Bergmans Œuvre erkundete das Symposium das Spektrum zwischen Lüge und Wahrheit aus psychoanalytischer, philosophischer, religions- und filmhistorischer Perspektive. Mit Claudia Frank (Psychoanalytikerin), Jan Holmberg (Ingmar Bergman Foundation), Christian Kiening (Mediävist), Thomas Koebner (Filmwissenschaftler), Gesine Palmer (Religionswissenschaftlerin) und Miriam Schaub (Philosophin)
Ein Symposium der Deutschen Kinemathek und des Einstein Forums, Potsdam
Credits
Pressereaktionen
Deutschlandradio, 26. Januar 2011
Ein ewig ängstliches Kind
Von Vanja Budde
(...) „Sich Bergman als Person zu nähern, ist gar nicht so einfach, wie man vielleicht im ersten Moment glaubt. (…) Wir haben in der Ausstellung zahlreiche Tagebücher, das heißt, wir sind ihm eigentlich ja ganz nahe. Es gibt Werkaufnahmen: Er hat immer die Kamera mitlaufen lassen bei den Dreharbeiten. Wir sehen ihn, wir hören ihn, wir lesen ihn. Insofern gewinnen wir durchaus ein Bild von Bergman. Und trotzdem bleibt er für mich ein großes Geheimnis und ein Rätsel."
Ein Leben lang von Ängsten gepeinigt, die er seine „Dämonen" nannte, hat Bergman auf der Theaterbühne und der Leinwand nichts dem Zufall überlassen. Jede Szene, jede Einstellung war minutiös durchdacht, jede Probe dokumentiert. Improvisation war Bergmans Natur völlig fremd, wie er schon vor Jahrzehnten im schwedischen Fernsehen eingestanden hat. (...)
rbb, 26. Januar 2011
Ingmar Bergman – Tabubrecher und Arbeitstier
Von Ula Brunner
(...) „Es gibt keine Grenzen. Weder für Gedanken noch für Gefühle. Es ist die Angst, die immer Grenzen setzt", hatte er einmal erklärt. Der Bruch mit der Konvention war wohl auch die innere Treibkraft hinter seinem Werk. Wie kaum ein Anderer prägte der Meisterregisseur des psychologischen Dramas die Entwicklung des europäischen Erzählkinos. (...)
Berliner Zeitung, 27. Januar 2011
Erfrischend! Köstlich! Anders!
Von Jan Brachmann
(...) Der 1918 als Pfarrerssohn geborene Bergman hat, wie der Kommentartext der Ausstellung gleich zu Beginn in Erinnerung ruft, in seinen Filmen viele autobiografische Fährten gelegt und seine eigene Autobiografie Laterna Magica im Stil seiner Film-Erzählungen verfasst. (...) Weiß man um das konfliktgeladene Verhältnis Bergmans zu seinem strengen Vater, so rührt doch ein Dokument besonders – der Brief, den der alte Pfarrer seinem Sohn 1963 „mit zittriger Hand" nach dem Ansehen des Films Licht im Winter über die Glaubenszweifel eines Dorfpastors schrieb: „Ich möchte Dich wissen lassen, dass ich gestern Abend kaum die Tränen zurückhalten konnt – vor Ergriffenheit. Aus Dankbarkeit für das, was Du durch Deinen Film gibst." (...)
Der Tagesspiegel, 27. Januar 2011
Lügner mit Engelsflügeln
Von Christina Tilmann
(...) Die Arbeitsjournale und Drehbücher sind das Herzstück der Ausstellung. Mehr Tagebuch als Arbeitsmaterial, nutzt Bergman freie Seiten, um Gedanken zu notieren, Einfälle, Zitate – und manchmal ziert ein kleines Teufelchen die letzte Seite, wie beim Drehbuch zum letzten Fernsehfilm Sarabande. Hier ist er zu erleben, der humorvolle Bergman, der fast aus dem Blick zu geraten droht angesichts so viel Selbst-, Gottes- und Lebenszweifel. Feiner Humor, wie er sich schon im selbstgemalten Comicstrip des 13-Jährigen niederschlägt, der eine Woche des I.B. beschreibt, mit Hausaufgaben, Puppenspiel, Bauchweh, Kino-, Konzert- und Schultheaterbesuch. Am Ende steht ein Lob des »Engelchens«. (...)
Dagens Nyheter, 27. Januar 2011
Bergmann-Ausstellung hat in Schweden einen Korb bekommen
Von Jan Lewenhagen
(...) Ingmar Bergman sagte in Interviews oft, dass er alles fortwerfe. In Wirklichkeit hob er das meiste auf, und 2002 stiftete er seine Dokumente der damals neu gegründeten Bergmanstiftung. Als Nils Warnecke vom Filmmuseum Berlin gestern die Ausstellung präsentierte, erzählte er, dass er den Nachlass vor sechs Jahren sehen durfte. Die Schätze – Drehbücher, Regieanweisungen, Bilder und Plakate – wurden hinter einer roten Stahltür im Keller des Schwedischen Filminstituts verwahrt. „Seitdem wollte ich die ganze Zeit diese Ausstellung machen", sagt er. Jan Holmberg erklärt, dass die Stiftung sehr vorsichtig damit war, die einzigartigen Dokumente auszuleihen, daher sei dies hier die erste Ausstellung. „Wir haben auf die richtige Gelegenheit gewartet, es handelt sich um sehr zerbrechliches Material. Hier fühlte ich mich sicher. Sie waren so enthusiastisch und darüber hinaus große Bergman-Fans", sagt er über die Kuratoren Warnecke und Kristina Jaspers. (...) (Übersetzung aus dem Schwedischen)
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. Januar 2011
Rendezvous mit einem Dämon
Von Andreas Kilb
(...) Drei Viertel der großen Bergman-Ausstellung, der ersten überhaupt, in der Deutschen Kinemathek Berlin sind schwarzweiß, erst in den letzten beiden Kapiteln tritt die Farbe in Bergmans Welt. Es ist, als ginge man durch eine jener Kirchen, die in Das siebente Siegel und Licht im Winter zu sehen sind, mit ihren geschnitzten Heiligen und weinenden Madonnen; nur dass die Madonnen jetzt Filmschauspielerinnen sind, Ingrid Thulin, Gunnel Lindblom, Bibi und Harriet Andersson, Liv Ullmann, und die Heiligen alle derselbe Mann. Er heißt Max von Sydow oder Erland Josephson oder Gunnar Björnstrand, aber er ist immer Bergmans Alter Ego. (...)
Tageszeitung, 27. Januar 2011
Mit großem Überbau
Von Ekkehard Knörer
Im Februar 1960 erhält Ingmar Bergman ziemlich besondere Post: einen Brief mit den Insignien des Universal-Studios in Hollywood. Ein junger Regisseur lobt den Kollegen als größten Regisseur seiner Zeit und seine „unirdischen und brillanten Werke" als außerordentliches Vorbild. Der Name des Unterzeichnenden, Stanley Kubrick, hat Bergman vermutlich wenig gesagt. Anzunehmen ist, dass er Fanbriefe dieser Art zu der Zeit mutmaßlich reichlich bekam. Der schwedische Filmemacher stand damals im Zenit seiner weltweiten Berühmtheit. Er brachte es im selben Jahr 1960 auf die Titelbilder von Spiegel und Time. Sogar schwedische Frauenzeitschriften brachten Home-Storys mit Bildern von ihm und seiner damaligen Ehefrau Käbi Läretei in den Sessellandschaften ihres luxuriösen Stockholmer Eigenheims. (...)
Neues Deutschland, 29. Januar 2011
Dramen und Dämonen
Von Kira Taszman
(...) Nach Themenkomplexen wie „Suche", „Künstler" oder „Glaube" sind die Räume der 450 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche benannt. Legendär ist Bergmans Treue zu seinem Schauspieler-Ensemble, das für ihn eine zweite Familie bildete: Max von Sydow, Gunnar Björnstrand, Erland Josephson blicken einem von zahlreichen Fotos entgegen. In einer extra eingebauten Black Box namens „Laterna Magica" kann man in das cineastische Universum Bergmans eintauchen: Auf den vier Wänden der Installation läuft simultan eine 20-minütige Szenencollage seiner Filme. (...)
Die Tagespost, 29. Januar 2011
Kunst darf die Folgen ihrer Tabubrüche nicht ignorieren
Von Ingo Langner
(...) »Von Lüge und Wahrheit«: Wie zutreffend das Motto der Ausstellung ist, erweist sich auch an der Fülle der Exponate. Ingmar Bergman hat nämlich zeitlebens behauptet, niemals etwas aufzuheben oder zu sammeln. Das genaue Gegenteil ist richtig. Er scheint so gut wie nie etwas weggeworfen zu haben. (...) Wer die abwechslungsreiche und sinnlich gestaltete Ausstellung durchwandert, schreitet quasi Bergmans Leben entlang. (...) Im letzten Ausstellungskabinett sehen wir zweierlei: einen Zettel, auf dem Bergman seine, ihn bis zum Erdenschluss ohne Unterlass heimsuchenden Dämonen aufgezählt hat – sie heißen Angst, Zorn, Faulheit und Ordnung – und ein Photo, das Ingmar Bergman, den geradezu prototypischen Protestanten, mit einem Paar angeschnallter Theaterflügel als Engel zeigt. (...)
ORF, 29. Januar 2011
Von Lüge und Wahrheit. Große Ingmar Bergman Ausstellung in Berlin
Von Katharina Menhofer
(...) Zehn Jahre vor seinem Tod wurde er in Cannes mit der Palme der Palmen geehrt – ein eigens für ihn geschaffener Preis, der ihn zum besten Filmregisseur aller Zeiten kürte. (...) Ein Kapitel ist den Künstlern gewidmet, mit denen Bergman zusammengearbeitet hat, etwa Bibi Andersson, Max von Sydow oder Liv Ullmann. Und in einem ganz in Rot gehaltenen Raum geht es um Beziehungen. „Für Bergman ein sehr wichtiges Thema", meint Jaspers, „die Beziehung zwischen Eltern und Kind, zwischen Liebespartnern, zwischen Geschwistern. Es gibt ein Kapitel über Deutschland (...) und schließlich das Resümee, wo alle Themen wieder zusammenkommen im Film Fanny und Alexander." (...)
Berliner Morgepost, 9. Februar 2011
Sex, Tod und Rebellion
Von Ralf Krämer
(...) In der derzeit im Museum für Film und Fernsehen am Potsdamer Platz laufenden und in zwei parallelen Buchveröffentlichungen auch außerhalb Berlins nachvollziehbaren prächtigen Ausstellung »Ingmar Bergman. Von Lüge und Wahrheit« hängt ein kleines Plakat, das 1953 für den US-Kinostart von Bergmans Teenager-Liebe-Drama Ein Sommer mit Monika warb. Zur Erinnerung: Junge und Mädchen (die auch heute noch entzückende Harriet Andersson) verleben einen sorglosen Sommer der Liebe. Sie wird schwanger. Sorgen, Drama, Betrug, Schluss. Das Plakat schreit es förmlich heraus: Monika, The Story of a Bad Girl! Und nicht nur das: »The Devil Controls her by Radar!«. Wem diese Aussicht auf ein böses, vom Teufel ferngesteuertes Mädchen noch nicht reichen sollte, um das nächstliegende Lichtspiel zu stürmen, bekommt es über allem noch mal zum Mitschreiben: »Naughty and Nineteen!« (...)
Neue Zürcher Zeitung, 10. Februar 2011
Die Seele altert nicht
Von Jörg Becker
(...) Die Ausstellung der Deutschen Kinemathek im Berliner Filmhaus zeigt nun erstmals in Europa Dokumente aus dem Nachlass der Stiftung Ingmar Bergman, der ins Unesco-Weltdokumentenerbe aufgenommen worden ist, und liefert das bisher vollständigste Bild von Regisseur und Werk. Gezeigt werden eine Menge erhellender »Behind the scenes«-Filmausschnitte von Bergmans einfühlsamer und heiterer Arbeit mit Schauspielern, Einblicke in die Originalskripte und die Privatkorrespondenz (u. a. mit Kubrick), eine Vielzahl an Kostümen und Entwürfen, Dokumente seines Münchner »Exils« nach Anschuldigungen der schwedischen Steuerbehörden, darüber hinaus Bühnenbild- und Architekturmodelle. Retrospektive und Ausstellung zeigen, wie wenig der grosse Auteur des europäischen Kinos gealtert ist. (...)
Credits
Kurator*innen: Nils Warnecke, Kristina Jaspers
Projektsteuerung Berlin: Peter Mänz
Projektsteuerung Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Los Angeles: Ellen Harrington
AV-Medienprogramm: Nils Warnecke
Ausstellungskoordination: Vera Thomas
Lektorat: Karin Herbst-Meßlinger
Übersetzung ins Englische: Wendy Wallis, transART, Berlin
Übersetzung aus dem Schwedischen: Kerstin Poehls, Berlin
Gestaltung Werbegrafik: Pentagram Design, Berlin
Gestaltung Ausstellungsgrafik: Jan Drehmel, befreite module, Berlin
Produktion Ausstellungsgrafik: PPS, Berlin
Architektur: Camillo Kuschel, Berlin
Kostümrestaurierung: Barbara Schröter
Konservatorische Betreuung: Sabina Fernández, Berlin
Schnitt AV-Medien: Stanislaw Milkowski, Concept AV, Berlin
Bildretusche: Subuddha Kellner, Peter Latta, Marian Stefanowski, Wolfgang Theis
Technik: Frank Köppke, Roberti Siefert, Stephan Werner, Ulrich Behlendorf (Fa. PIK))
Volontärin: Melanie Martin
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Sandra Hollmann, Katrin Kahlefeld, Heidi Berit Zapke
Finanzen: Uwe Meder-Seidel
Leihgeber*innen
Medienleihgeber
A22 Media GmbH, München
BR, München
HR, Frankfurt
NDR, Hamburg
Park Circus Limited, Glasgow
Rialto Film GmbH, Berlin
Sandrew Metronome AB, Stockholm
AB Svensk Filmindustri, Stockholm
Sveriges Television (SVT), Stockholm
WDR, Köln
Danksagung
Dank
Jannike Åhlund, Stockholm
Jon Asp, Stiftelsen Ingmar Bergman, Stockholm
Stacey Behlmer, The Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Margaret Herrick Library, Los Angeles
Anna Bergman, Spanga
Lena Bergman, Stockholm
Frederick-Edwin Bertin, Paris
Jan-Erik Billinger, Svenska Filminstitutet, Stockholm
Stig Björkman, Stockholm
Markus Blomfeldt, Svenska Filminstitutet, Stockholm
Jean-Marie Bottequin, München
Mikael Brännvall, Dramaten – The Royal Dramatic Theatre, Stockholm
Gunnar Carlsson, Sveriges Television (SVT), Stockholm
Ragan Carpenter, Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Los Angeles
Krister Collin, Svenska Filminstitutet, Stockholm
Hélène Dahl, Stiftelsen Ingmar Bergman, Stockholm
Lotta Edoff, AB Svensk Filmindustri, Stockholm
Leif Engberg, Tyresö
Kaj Forsgårdh, Dramaten – The Royal Dramatic Theatre, Stockholm
Jan Göransson, Svenska Filminstitutet, Stockholm
Julie Gumpert, Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Los Angeles
Bo-Erik Gyberg, Stockholm
Anna Håkansson, Stiftelsen Ingmar Bergman, Stockholm
Barbara Hall, The Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Margaret Herrick Library, Los Angeles
Ellen Harrington, Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Los Angeles
Andrea Hauer, Theatermuseum München
Lars Hedenstedt, Svenska Institutet, Stockholm
Annette Hess, Coppenbrügge
Jan Holmberg, Stiftelsen Ingmar Bergman, Stockholm
Ulrika Holmgaard, Schwedische Botschaft, Berlin
Elzbieta Lejczak, Malmö Stadsteater, Malmö
Håkan Lövgren, Stockholm
Annika Lundgren, Malmö
Håkan Lundgren, Hägersten
Åsa Lundmark, Svenska Institutet, Stockholm
Margareta Nordström, Stiftelsen Ingmar Bergman, Stockholm
Marie Nyreröd, Stockholm
Petra von Oelffen, Los Angeles
Klaus Dieter Oppitz, Residenz Theater München
Barbro S. Osher, Consulate General of Sweden, San Francisco
Kerstin Poehls, Schwedische Botschaft, Berlin
Mary Ringenson-Holst, Sveriges Television (SVT), Stockholm
Mareike Röper, Schwedische Botschaft, Berlin
Fredrik Rundqvist, Svenska Filminstitutet, Stockholm
Matt Severson, The Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Margaret Herrick Library, Los Angeles
Henrik Sjögren, Solna
Tanja Thomas, Concorde Filmverleih GmbH, München
Ola Törjas, Svenska Filminstitutet, Stockholm
Bengt Wanselius, Stockholm
Göran Wassberg, Stockholm
Jon Wengström, Svenska Filminstitutet, Stockholm
Ann-Kristin Westerberg, AB Svensk Filmindustri, Stockholm
Mats Widbom, Embassy of Sweden, Washington
Steve Wilson, Harry Ransom Center, The University of Texas at Austin, Austin
Erdmut Wizisla, Akademie der Künste, Berlin
Rüdiger Zill, Einstein Forum, Potsdam
an das Team der Retrospektive der Berlinale:
Connie Betz, Ralf Dittrich, Gabriele Jatho, Julia Pattis
sowie an alle Kolleginnen und Kollegen der Deutschen
Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen
Partner
Die Stiftung Deutsche Kinemathek wird gefördert durch
Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages
Die Ausstellung wird gezeigt in Kooperation mit
The Academy of Motion Picture Arts and Sciences
Mit Unterstützung von
Ingmar Bergman Foundation
Ab Svensk Filmindustri
Swedish Film Institute
Swedish Institute
Dramaten
svt
filmpool
Schwedische Botschaft
Partner
Deutsche Bahn
Medienpartner
Filmdienst
kulturradio rbb
Berliner Fenster
An anderen Orten
Ingmar Bergman. Truth and Lies
16.9.–2.12.2010
Die Deutsche Kinemathek konzipierte in Kooperation mit der Academy of Motion Picture Arts and Sciences die erste große Ausstellung über den schwedischen Regisseur Ingmar Bergman. Ab dem 21. Januar 2011 war diese Ausstellung in erweiterter Fassung im Museum für Film und Fernsehen in Berlin zu sehen.
Truth and Lies – Ingmar Bergman
14.10.2011–15.1.2012
Nach den Stationen in Los Angeles und Berlin war die erfolgreiche Ausstellung der Deutschen Kinemathek auf Initiative des Filmfestivals Ghent in einem ehemaligen Kloster in Belgien zu sehen.
Ingmar Bergman. Laterna Magica
24.6.2013–Juni 2016
Die Videoinstallation »Laterna Magica«, von der Deutschen Kinemathek für ihre Ingmar-Bergman-Ausstellung im Jahr 2011 produziert, ist inzwischen als Teil der Dauerausstellung im Bergman Center auf Fårö zu sehen. Vier große, synchronisierte Videoprojektionen führen die Besuchenden in die filmische Welt Bergmans.
Bergman. Truth and Lies
16.6.–16.9.2018
Nach den Stationen in Los Angeles, Berlin und Ghent ist die von der Deutschen Kinemathek in Kooperation mit der Academy of Motion Picture Arts and Sciences konzipierte Ausstellung nun in Stockholm zu sehen. Die vom Scenkonstmuseet adaptierte Fassung zeigt auch Material und Objekte aus den eigenen Sammlungen und legt einen Schwerpunkt auf Ingmar Bergmans Theaterarbeit.