Die Ufa – Geschichte einer Marke
24.11.17 – 22.4.18
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Publikation
Zum hundertjährigen Jubiläum der Ufa präsentiert die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen deren wechselvolle Konzern- und Markengeschichte in sieben Kapiteln. Im Ersten Weltkrieg als Propagandainstrument gegründet, hat sich das Unternehmen heute zum »Content-Produzenten« für verschiedene audiovisuelle Plattformen entwickelt. Die Geschichte der Ufa erzählt daher auch die Geschichte der audiovisuellen Medien.
Zu den Konstanten, die sich durch die Geschichte der Marke ziehen, gehören die Stars, vom Unternehmen oft als die »eigenen« reklamiert. Populäre Unterhaltungsproduktionen zielen auf den internationalen Markt, der sich für die Refinanzierung prestigeträchtiger Produktionen als unabdingbar erweist. Großproduktionen, heute mit Blick auf den globalen Markt »High-End-Dramen« genannt, sind nur auf Grundlage dieser Mischkalkulation möglich. Häufig geht es darin um Themen und Ereignisse aus der (deutschen) Geschichte – damals wie heute.
Trotz vieler Brüche und Zäsuren in der Firmengeschichte existiert die Marke »Ufa« seit einhundert Jahren. Der zugkräftige Name hat sich über die Dekaden hinweg gehalten – nicht zuletzt, weil seine Strahlkraft diese Marke schon früh zu einem Asset machte und bis heute macht.
Schwerpunkte der Ausstellung
1917–1929
Gegründet wurde die Universum Film AG im Dezember 1917 mit dem Ziel, der Kriegspropaganda des Deutschen Reichs größere Wirksamkeit zu verschaffen. Ein Jahr später war Deutschland auf dem Weg in eine Demokratie. Die von Industrie und Deutscher Bank großzügig mit Kapital ausgestattete Ufa blieb bestehen und machte mit Monumentalfilmen wie Ernst Lubitschs Madame Dubarry (1919) bereits international auf sich aufmerksam. Der Konzern war vertikal strukturiert: Produktionsstätten wie das 1922 übernommene Babelsberger Studiogelände, Filmverleih und Kinos firmierten unter dem Markenzeichen des Ufa-Rhombus.
Ab der Mitte der 1920er-Jahre geriet die Ufa mit Großproduktionen wie Fritz Langs Metropolis (1927) in eine wirtschaftliche Krise. Als Retter trat der nationalkonservative »Medienzar« Alfred Hugenberg auf, der das Unternehmen 1927 kaufte und von seinem Vertrauten Ludwig Klitzsch sanieren und modernisieren ließ. Mit dem Bau eines in Kreuzform angelegten Atelierkomplexes setzte die Ufa 1929 auf eine Innovation und Medienrevolution: den Tonfilm.
1930–1949
Zu Beginn der 1930er-Jahre agierte die Ufa trotz Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit durchaus erfolgreich. Tonfilmoperetten wie Die Drei von der Tankstelle (1930, Regie: Wilhelm Thiele) boten dem Publikum kleine Fluchten aus dem Alltag, daneben wurden aber auch konservative Preußenfilme und andere nationale Filme produziert – ganz im Sinne Alfred Hugenbergs.
Auf die nationalsozialistische Diktatur reagierte der Konzern schnell und angepasst: Jüdische Mitarbeiter wurden entlassen, und die Premiere von Hitlerjunge Quex (1933, Regie: Hans Steinhoff) fand in Anwesenheit Adolf Hitlers statt. Die Ufa produzierte und vertrieb weiterhin Unterhaltungs- und Propagandafilme, 1937 wurde der Konzern verstaatlicht. Während des Zweiten Weltkriegs dehnte sich sein Imperium auf die von Deutschland besetzten Gebiete aus. 1942 fasste Propagandaminister Joseph Goebbels die gesamte deutsche Filmindustrie unter dem Namen Ufa Film GmbH (Ufi) zusammen. Als letzte Großproduktion der Ufa entstand 1944 der Durchhaltefilm Kolberg von Veit Harlan.
Ein Jahr nach Kriegsende wurde in der sowjetisch besetzten Zone die Deutsche Film AG (DEFA) gegründet, die fortan auch das Babelsberger Studiogelände betrieb. Die westlichen Alliierten versuchten, ein Wiederaufleben der Ufa per Gesetz zu verhindern.
1950–1969
Die zur Entflechtung des Ufa-Konzerns beschlossenen Gesetze wurden in der Bundesrepublik Deutschland – wohl auch mit Unterstützung der von Konrad Adenauer geführten Regierung – hintertrieben. Von der Aufteilung der Atelierbetriebe und des Kinoparks bis zum verfügten Verbot des Namens Ufa: Letztlich wurde keine der zentralen Maßnahmen auf Dauer umgesetzt. Stattdessen kam es 1956 zur Neugründung und Reprivatisierung der Universum Film AG, die erneut Kinofilme produzierte und den Rhombus als Logo nutzte. Das Gründungskapital kam einmal mehr von der Deutschen Bank. Auf der Führungsebene wie beim künstlerischen Personal gab es vielfach Kontinuitäten zur NS-Zeit.
Allen Umstrukturierungen zum Trotz war die Nachkriegs-Ufa während der Kinokrise der späten 1950er-Jahre nicht erfolgreich; das neue Leitmedium war inzwischen das Fernsehen. 1964 wurde die Ufa an den Bertelsmann Konzern verkauft. Dieser hatte zunächst Interesse an den anfallenden Musikrechten, investierte aber mit der Ufa Film- und Fernseh-GmbH bald auch in den neuen Markt.
1970–1989
Die TV-Bildschirme waren noch immer klein, die mit ihnen in die Wohnzimmer gebrachten Sendungen aber inzwischen bei einem großen Publikum ausgesprochen beliebt. Die Ufa-Fernsehproduktion bot den Sendern alle gängigen Unterhaltungsgenres und -formen an, von der Musikshow bis zur Romanverfilmung, vom Zeitstück bis zur Familienserie.
Während die eigens zu diesem Zweck gegründete Ufa-Filmproduktion mit dem Westberliner Kabarettisten Dieter Hallervorden Slapstickkomödien für das Kino entwickelte, kam zu der ebenfalls in Berlin ansässigen Ufa-Fernsehproduktion ein knappes Dutzend ostdeutscher DEFA-Stars. Viele von ihnen wollten oder mussten nach der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann die DDR verlassen. Regisseure wie Frank Beyer, Autoren wie Jurek Becker, Günter Kunert oder Klaus Poche, DEFA-Stars wie Manfred Krug, Hilmar Thate oder Angelica Domröse realisierten nun zeitkritische Stoffe für das westdeutsche Fernsehen und verhalfen damit der Ufa-Fernsehproduktion zu neuem Ansehen bei den Sendern.
1990–2009
Die Einführung des privaten Rundfunks in Deutschland 1984 zahlte sich für die UFA erst zeitversetzt aus: Zehn Jahre nach ihrer Gründung hatten RTL und Sat.1 sich ein so großes Stammpublikum erarbeitet, dass die Werbeinseln endlich Geld in die Kassen spülten. Ein Teil davon wurde anschließend in Programminnovationen investiert, um die erreichte Marktposition abzusichern oder um mit prestigeträchtigen Programmimpulsen das Image des Privatfernsehens aufzupolieren.
Die UFA profitierte von beiden Strategien: Sie stellte in den 1990er-Jahren tägliche Serien für RTL her und entwarf zur Jahrtausendwende mit Der Tunnel (2001, Regie: Roland Suso Richter) oder Der Tanz mit dem Teufel (2001, Regie: Peter Keglevic) für Sat.1 eine neue Form des spektakulären Event-Mehrteilers. Daneben blieb den diversen Tochterfirmen reichlich Gelegenheit für »Bread and butter«-Geschäfte mit ARD und ZDF sowie für eine nachhaltige Expansion in den europäischen Fernsehmarkt. Den Kinomarkt bediente die UFA in dieser Zeit bestenfalls nebenbei: Der Fernsehfilm Die Polizistin (WDR 2000, Regie: Andreas Dresen) wurde ein Jahr nach seiner TV-Ausstrahlung im Kino »zweitverwertet«.
2010–2017
Fernsehinhalte kommen seit einiger Zeit nicht mehr nur als lineares Programm ins Haus, sondern können mit dem Computer auch individuell abgerufen werden – die Inhalte werden unabhängig von festen Sendezeiten gestreamt. Die UFA, inzwischen selbst Teil eines weltweit agierenden Medienkonzerns, entwickelt und produziert deshalb mehr und mehr mit Blick auf den internationalen Markt; gelegentlich wird sogar gleich in englischer Sprache gedreht. Neben den deutschen Senderpartnern sind inzwischen auch Netflix, Amazon oder YouTube potenzielle Kunden.
Um für diesen globalen Wettbewerb besser aufgestellt zu sein, ordnete die UFA ihre Tochterunternehmen neu und teilte sie in vier – jeweils englisch benannte – sogenannte Units auf. Statt Fernsehfilmen für ARD und ZDF stehen inzwischen Serien wie Deutschland 83 (2015, Regie: Edward Berger / Samira Radsi) oder Kinogroßprojekte wie Der Medicus (2013, Regie: Philipp Stölzl) im Fokus. Seit 2009 besteht mit dem UFA LAB außerdem eine Einheit, die ausschließlich Content für die digitalen Medien produziert. Zugleich zeigt die Marke UFA sich – in einer Kooperation mit Bertelsmann – auch wieder traditionsbewusst: Im Rahmen der UFA Filmnächte werden seit 2012 einmal im Jahr die alten Stummfilmklassiker unter dem Himmel von Berlin und in anderen Städten präsentiert.
UFA LAB
Das digitale Studio
Als das UFA LAB 2009 seine Arbeit aufnahm, war das iPhone seit zwei Jahren auf dem Markt und die Internetplattform YouTube vier Jahre alt. Die sozialen Medien mit ihren Angeboten zur Interaktion und das Smartphone, mit dem sich überall Videos drehen und abspielen lassen, haben die alte Aufgabenteilung zwischen Produzent und Konsument aufgelöst. Die UFA reagierte mit der Einrichtung einer Entwicklungsabteilung, die den neuen Markt auf Arbeitsfelder und Erlösmöglichkeiten hin ausloten soll. Die Aufgabenstellung wies in alle Richtungen: Mit dem ZDF entwickelte das UFA LAB ein transmediales Konzept, das die Zuschauenden vom Fernseher weg ins Internet locken sollte; für Facebook und YouTube wurden Blogs und Webserien entwickelt, für gemeinnützige Stiftungen edukative Formate, die gezielt junge Internetnutzerinnen und -nutzer ansprechen. Im Auftrag eines Markenherstellers reiste ein Team des UFA LABs 2015 mit einem 360-Grad-Kamera-System nach Florida: Die virtuelle Erfahrung, auf dem Beifahrersitz eines Cabrios über die Boulevards von Miami zu fahren, wurde zur Markteinführung eines Autos in Verkaufsstellen und bei Messen eingesetzt. Hundert Jahre nach der Gründung der UFA arbeitet das LAB nun unter anderem am »begehbaren Film«, in dem die Zuschauenden sich selbst als Teil der Inszenierung um sich herum wahrnehmen.
Galerie
Credits
Credits
Künstlerischer Direktor: Rainer Rother
Verwaltungsdirektor: Florian Bolenius
Kurator*innen: Peter Mänz, Klaudia Wick
Kuratorische Mitarbeit: Maximilian Weinberg
Projektsteuerung: Peter Mänz, Kristina Jaspers
Ausstellungskoordination: Vera Thomas
Wissenschaftliche Mitarbeit: Annika Schaefer
Wissenschaftliche Beratung: Rolf Aurich
Medienprogramm: Nils Warnecke, Klaudia Wick
Redaktion: Karin Herbst-Meßlinger
Übersetzung ins Englische: Carrie C. Roseland
Objektfotografien: Marian Stefanowski, Siegmar Brüggenthies
Scans: Siegmar Brüggenthies, Julia Riedel
Gestaltung Werbegrafik: Pentagram Design, Berlin
Gestaltung Ausstellungsarchitektur und Ausstellungsgrafik: Franke | Steinert, Berlin
Gestaltung und Umsetzung Multimediaststationen: Franke | Steinert, Berlin
Bau Ausstellungsarchitektur und Ausstellungseinrichtung: museumstechnik, Berlin
Konservatorische Betreuung: Sabina Fernández
Textilrestaurierung und Einrichtung Kostüme: Barbara Schröter
Papierrestaurierung: Restaurierung Werkstatt Claus Schade, Berlin
Papierrestaurierung Atelier Caney & Siedler, Berlin
Objektrestaurierung: Bildgießerei Hermann Noack, Berlin
Fotoarchiv: Julia Riedel
Grafikarchiv: Anett Sawall
Personenarchiv: Gerrit Thies
Schriftgutarchiv: Regina Hoffmann
Technikarchiv: Karsten Seyfert
Schnitt AV-Medien: Stanislaw Milkowski
Schnittstudio: Concept AV, Berlin
Mediathek Fernsehen: Holger Theuerkauf (Archiv), Annabelle Wick (Schnitt)
Einrichtung Medien: Stanislaw Milkowski (Concept AV), Ingo Nolte (PIK), Stephan Werner
Technik: Frank Köppke, Roberti Siefert, Andreas Weiland
Assistentinnen des Vorstands: Susanne Ruppelt, Katja Schumann
Finanzen: Sven Blumberg, Uwe Meder-Seidel, Gabriele Reckewitz, Sebastian Thiel, Marion Tolksdorf
Personal: Petra Treutler, Luisa Vollmer
Leitung Kommunikation: Sandra Hollmann
Marketing: Anne Rüdiger
Presse: Anna Bockhoff, Heidi Berit Zapke
Bildung und Vermittlung: Jurek Sehrt
Führungen und Workshops: Kulturprojekte Berlin GmbH Museumsdienst
(Gitte Hellwig, Thomas Zandegiacomo, Jörg Becker)
Leihgeber*innen
Wolf Bauer, Potsdam
Bertelsmann, Gütersloh
bpk-Bildagentur, Berlin
Brody Associates
Bundesarchiv/Fotoarchiv, Berlin
Filmmuseum Potsdam/Sammlungen
Henry Foerster, Berlin
Annette Frier, Köln
FTA Film- und Theater-Ausstattung GmbH, München
Nico Hofmann, Potsdam
Knut Loewe, Berlin
Norbert Sauer, Berlin
Theaterkunst Kostümausstattung GmbH
UFA GmbH, Potsdam
ullstein bild
Stephan Wagner, Berlin
Süddeutsche Zeitung Photo, München
Leihgeber*innen Medien
Bundesarchiv – Filmarchiv, Berlin
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt am Main
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden
Kineos GmbH, Oberhaching
Transit Film GmbH, München
Progress-Film, Berlin
BR, MDR, NDR, RBB, RTL, RTL 2, Sat.1, SWR, VOX, WDR, ZDF
Danksagung
Unser besonderer Dank gilt / Special thanks to:
Wolfgang Daschner, Joachim A. Lang, Daniel Borck (Brody Associates), Chris Ede, Susanne Franke (Theaterkunst), Marion Jenke, Christoph H. Kuhnheim, Annette Kusche (TRIAD), Frank Pick (RTL Kommunikation), Stephan Rabold, Hubert Riedel, Jumana Rizwan (FremantleMedia), Ursula Rohloff, Evi Scherrer (FTA), Maria Schicker, Birgit Scholz (Filmmuseum Potsdam), Caroline von Senden (ZDF), Georg Simbeni, Thomas Stammer, Reinold E. Thiel, Gerrit Thies, Ingrid Zoré
UFA GmbH: Ute Biernat, Janine Friedrich, Maja Genowa, Marion Jenke, Anja Käumle, Kirstin Krause, Katja Rentsch, Katharina Schwarz
UFA LAB: Christian Kosta-Zahn, Katharina Schwarz
Deutsche Telekom
Medienboard Berlin-Brandenburg
sowie allen Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen.
Partner
Die Stiftung Deutsche Kinemathek wird gefördert durch
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Mit Unterstützung von
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
OSRAM
Dussmann das KulturKaufhaus
Yorck Kinogruppe
ARD
ZDF
RTL
SAT.1
Medienpartner
ARTE
Inforadio rbb
An anderen Orten
Die Ufa – Geschichte einer Marke
08.6.–16.9.2018
Die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen präsentiert die wechselvolle Konzern- und Markengeschichte der Ufa in sieben Kapiteln. Im Ersten Weltkrieg als Propagandainstrument gegründet, hat sich das Unternehmen heute zum »Content-Produzenten« für verschiedene audiovisuelle Plattformen entwickelt. Die Geschichte der Ufa erzählt daher auch die Geschichte der audiovisuellen Medien.