Die ideale Frau – Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre
29.4. – 5.8.04
Allgemeine Informationen
Mit dieser Sonderausstellung feiert das Filmmuseum Berlin den 80. Geburtstag der Schauspielerin Ruth Leuwerik. Als Star des westdeutschen Kinos der fünfziger Jahre war Ruth Leuwerik eine Identifikationsfigur für das weibliche Kinopublikum und in den Augen der Männer damals die »ideale Frau«. In ihren Filmrollen verstand sie es, gegen alte Stereotypen ein modernes Selbstverständnis zu verkörpern – anders als es das weit verbreitete Vorurteil über »Opas Kino« der Ära Adenauer will. Die Ausstellung versammelt Dokumente, Drehbücher, Produktionsunterlagen, Architektur- und Kostümentwürfe und zeigt Filmausschnitte und Fotos. Sie macht auf diese Weise die filmische Inszenierung Ruth Leuweriks als „ideale Frau" anschaulich. Das Interesse gilt auch der Zusammenarbeit zwischen Ruth Leuwerik und ihren Regisseuren, Filmpartnern, Produzenten und Kameramännern. Diese „Männerwelt" trug maßgeblich zur Erschaffung wie auch Brechung ihres Images bei. Die große Beliebtheit der Schauspielerin beim Publikum spiegelte sich in den Filmpreisen und Fan-Objekten der Zeit wider.
Zur Ausstellung erscheint im Henschel Verlag, Berlin, ein Katalog mit zum Teil bisher unveröffentlichten Fotos.
Pressereaktionen
Pressereaktionen
Hamburger Abendblatt, Donnerstag 1. Juli 2004
Wiedersehen mit Ruth Leuwerik
Schauspielerin: 50er-Jahre-Star besuchte gestern das Filmmuseum in Berlin. Dort wird eine Ausstellung zu ihrem 80. Geburtstag gezeigt.
Von Barbara Möller
... Sie war also da. Fremd und doch vertraut, immer noch schön, unverkennbar auch für die, die sie Ewigkeiten nicht gesehen hatten. Am Anfang hat sie etwas ratlos gewirkt angesichts der Zuneigung, die man ihr entgegenbrachte – vorneweg der Direktor des Filmmuseums, der Ruth Leuwerik gestand, er habe ihr in den Fünfzigerjahren "auch mal geschrieben", und dann, simsalabim!, ein beachtliches Häufchen signierter Filmpostkarten aus der Tasche zog. Aber dann hat sie ihre Zurückhaltung doch deutlich gelockert. Hat über ihren Lieblingskameramann Werner Krien gesprochen, der die ersten Großaufnahmen wegen des Leuwerikschen Lampenfiebers immer ein, zwei, drei Tage hinausschob – "Ein richtiger Berliner, das hätte man gar nicht gedacht, dassder so sensibel sein konnte!" –, und hat sich an den rabenschwarzen Tag erinnert, an dem der überragende Käutner-Film Die Rote in Berlin durchfiel. 1962, bei den Filmfestspielen. Wo sich der Regisseur und sein Drehbuchautor Alfred Andersch (auf dessen Roman der Film basierte) dann auf offener Bühne in die Haare kriegten. Beim Gedanken daran schüttelt es die Leuwerik noch heute. "Ich bin weggefahren", meinte sie gestern düster, "und dachte: Nach mir die Sintflut!" ...
Berliner Zeitung, Donnerstag1. Juli 2004
Ein Bett in der Garderobe
Felix Zimmermann und Mathias Raabe
Und da kommt sie, zu Fuß herüber vom Hotel Hyatt zum Filmmuseum am Potsdamer Platz. Die grauen Haare sauber gescheitelt, die Jacke zartrosa, schwarz die Hose, strahlend das Lächeln: Ruth Leuwerik ist da. Endlich hat sie es geschafft, die Ausstellung zu besuchen, die ihr gewidmet ist. Ein großer Moment für sie selbst und für viele Fans, die vor dem Museum warten. Zweimal sind sie enttäuscht nach Hause gegangen, weil Leuwerik krank geworden war. Jetzt sieht sie blendend aus, frischer als die Fans, die mit ihr alt geworden sind.
Eine Frau vom Berliner Ruth-Leuwerik-Fanclub sagt, nun, da sie ihren Star leibhaftig vor sich sehe, "geht ein Lebenstraum in Erfüllung". Leuwerik ist gerührt und "verblüfft", wie sie sagt, über die Ausstellung "mit Themen, auf die ich selbst nicht gekommen wäre". Aber natürlich findet die 80-Jährige auch vieles von dem, was unvergessen mit ihrer Karriere verbunden ist. Vier Bambis stehen aufgereiht in einer Vitrine nebeneinander, sie sieht Ausschnitte von Preisverleihungen, auf denen sie stets der leuchtende Mittelpunkt ist – und sie wird erinnert, dass der Weg zum Ruhm als Schauspielerin in den 50er Jahren nicht leicht war. Davon kündet ein Vertrag für den Film Dreizehn unter einem Hut mit dem mickrigen Bruttogehalt in Höhe von 1 650 Mark und ein Brief, in dem Leuwerik schreibt, dass sie während der Dreharbeiten aus Geldmangel in der Garderobe der Bavaria-Studios schlafen musste ...
Tagesspiegel, Donnerstag 1. Juli 2004
Ganz die Dame
Zweimal hat es nicht geklappt, jetzt war Ruth Leuwerik in Berlin. Sie sah sich die Ausstellung über ihr Leben an und verriet einen seltsamen Fan
Von Andreas Conrad
Der Heinz Rühmann begrüßt sie schon unten auf der Potsdamer Straße, bevor es hoch geht ins Filmmuseum, in die Ausstellung zu ihrem 80.Geburtstag. Aber das kann eine wie Ruth Leuwerik, die »ideale Frau«, wohl erwarten, dass einer ihrer Kollegen sie gebührend empfängt, und sei er aus Bronze. Schon stürzen sich die Fotografen begeistert auf dieses Motiv, das Gegenwart und Vergangenheit verbindet. Auch ein Blumenstrauß, von einem treuen Verehrer bereitgehalten, fehlt nicht. Doch, das funktioniert noch immer, dieses öffentliche Strahlen, obwohl sie sich doch vor 40 Jahren aus dem Filmgeschäft ins Privatleben zurückgezogen hat und Auftritte wie diese noch nie mochte. Nun hat es also geklappt: Die Leuwerik besucht die Ausstellung, die zu ihrem Geburtstag am 23. April eröffnet worden war. Damals konnte sie nicht nach Berlin kommen, weil sie gestürzt war. Auch ein zweiter Versuch, sich ihre Ausstellung anzugucken, musste abgebrochen werden. Aber all diese Probleme, auch die depressive Stimmung, in die sie danach geriet, sind Vergangenheit. Zwanzig Minuten Interview im Hyatt in kleiner Runde,so war es angekündigt. Sie sind schon lange vorbei. Ruth Leuwerik erschöpft? Kein Gedanke ...
Berliner Morgenpost, Donnerstag 1. Juli 2004
Der Besuch der alten Dame
Ruth Leuwerik besichtigt eine ihr gewidmete Ausstellung
Eine Begegnung mit längst Vergessenem
Von Peter Zander
... Sie ist gekommen, um sich "Die ideale Frau" anzuschauen, eine Ausstellung, die ihr das Filmmuseum zu ihrem 80. geschenkt hat (und noch bis 12. August zu sehen ist). Zwei Mal schon wollte sie dafür nach Berlin reisen, zwei Mal musste sie kurzfristig absagen ... Im Grunde genommen passiert das Gleiche wie in den fünfziger Jahren. Wo sie erscheint, gibt es einen Auflauf. Und eigentlich, das hat sie vor gerade mal einer halben Stunde in einem wesentlich intimeren Rahmen im Gespräch verraten, war auch das ein Grund, damals aufzuhören. Auftritte in der Öffentlichkeit waren ihr stets zuwider... Jetzt aber holt sie die Vergangenheit noch einmal ein. Sie steht in einem großen, drängelnden Pulk, lächelt verzagt – und sieht sich einen Wochenschau-Mitschnitt von der Bambi-Verleihung 1962 an, wo sie in einem großen, drängelnden Pulk steht und verzagt lächelt. Bei einigen Fotos aber von den guten alten Freunden und Kollegen treten ihr dann doch ein paar Tränchen in die Augen, weicht die Distanz für Sekunden auf. Und endlich ist es auch den Museumsleitern zu viel, sperren sie den hinteren Raum für die Meute ab. Und einmal, ein einziges Mal, ist Ruth Leuwerik wieder ganz mit sich allein.
epd Film 7/2004
Liebling der Götter
Ruth Leuwerik zum 80.
Von Christoph Dompke
... Da ist es doch für Freunde des deutschen Films begrüßenswert, dass parallel zur Ausstellung im Berliner Filmmuseum zum 80. Geburtstag der Grande Dame ein Buch über "Die ideale Frau" erschienen ist. Die durchweg hervorragenden, weil intelligent und mit Liebe zum Sujet geschriebenen Texte sind natürlich in erster Linie eine Verbeugung vor der Schauspielerin. Und tatsächlich, wenn man mit Abstand ihre Filme wieder sieht, offenbart sich etwa in Liebling der Götter eine Darstellerin von Gnaden – auch wenn viele der Star-Vehikel das ranzige Odeur der Adenauer-Ära nicht abschütteln konnten. Leuweriks Frauenrollen werden keineswegs unkritisch in den Kontext der damaligen Zeit- und Filmgeschichte eingeordnet, und in den Fotografien von Will McBride offenbart sich dann auf einmal doch eine jungenhafte, schöne, verletzliche und gar nicht damenhafte Frau. Ein schöneres Geschenk zum 80. Geburtstag als dieses Buch kann man sich kaum vorstellen.
Film-dienst 12/2004
Von beträchtlicher Ansehnlichkeit
»Die ideale Frau«: Ruth-Leuwerik-Ausstellung im Filmmuseum Berlin
Von Volker Baer
... 15 Titel geben auf einem großen Bildschirm Auskunft. Man sieht Ruth Leuwerik an der Seite vieler namhafter Kollegen, von denen manche heute recht leblos wirken, steif und unpersönlich. Man lauscht ihrer Stimme, die mitunter gehetzt klingt und doch wieder weich und reich an Modulationen, zurückgenommen, einfühlsam, von eigenwilligem Reiz. Man beobachtet ihre Bewegungen, das Spiel ihrer Hände, ihre sparsame Mimik. All das hat seinen Reiz zwischen Hilflosigkeit und Selbstbewusstsein bewahrt. Zugleich geben ihre Filme aber auch Auskunft über die Themen jener Jahre, die zurückhaltend, vorsichtig ausgewählt waren, ohne deutliche Kritik und ohne Provokation. Doch Ruth Leuwerik wusste sich mit Anstand zu behaupten. Preise zeugen davon, zahlreiche Bambis, Bundesfilmpreise und andere Ehrungen. Interessanter sind freilich die schriftlichen Dokumente, unter denen eine Ablehnung der »Anna Karenina« zu entdecken ist: Sie wollte keine Rolle Greta Garbos nachspielen, auch nicht unter Kurt Bernhardt. EinPlan, unter der Regie von Gerhard Lamprecht zu spielen, zerschlug sich. Mit Helmut Käutner lag sie einmal über Kreuz: Sie hatte eine andere Sicht über das Leben der Renate Müller, die im Dritten Reich unter ungeklärten Umständen zu Tode kam. Sie wollte das Schicksal einer Schauspielerin interpretieren, Käutner hingegen ein Zeitbild entwerfen. Später drehte Gottfried Reinhardt den Film, und Ruth Leuwerik spielte in alter Kollegialität »Die Rote« unter Käutner, in einem Film, der ihr eigentlich neue Wege hätte eröffnen können. Ihre wichtigen Partner, ob Regisseure, Produzenten, Autoren, Architekten, Komponisten, Kostümbildner oder Kameramänner, werden vorgestellt und damit zugleich auch ihre wichtigen Filme. So wird das Porträt einer Schauspielerin zum Bild einer Filmepoche; die von Peter Mänz, Kristina Jaspers und Nils Wernecke konzipierte Sonderausstellung präsentiert Ruth Leuwerik als »die ideale Frau«, als eine Frau – wie Thomas Mann es formulierte – »von beträchtlicher Ansehnlichkeit«...
FAZ, 6. Mai 2004
Wenn die Gondeln Trauer tragen
Das Filmmuseum Berlin ehrt Ruth Leuwerik mit einer Ausstellung
Von Andreas Kilb
... Wie diese Ikone entstand, wie sie zwölf Jahre lang strahlte und dabei den Menschen verbarg, der ihr sein Leben lieh, wie dieser Mensch Theater spielte und Briefe schrieb und in einem Jahrzehnt, in dem die "Gleichberechtigung" noch ein Kampfruf war, seine Autonomie behauptete, das kann man jetzt in einer kleinen und bewegenden Ausstellung im Berliner Filmmuseum besichtigen. Bewegend, weil sie, wie selten eine Schau an diesem Ort, in die Tiefe einer abgelegten Zeit führt, nicht nur durch die Fotos, Filmausschnitte, Kostüme und Schriftstücke, die sie zeigt, sondern auch durch das Publikum, das sie betrachtet. Schon nach wenigen Ausstellungstagen ist das Gästebuch mit Bekundungen der Dankbarkeit, der Rührung und Erschütterung gefüllt, und man spürt, daß hier ein Tor zu jenem kollektiven Bildergedächtnis aufgestoßen wird, aus dem sich die Identität der Nachkriegsgenerationen speist.
Die Sechzig- und Siebzigjährigen, die mit entrücktem Blick durch die Exponate am Potsdamer Platz streifen, haben vielleicht nie einen Film von Wenders oder Fassbinder gesehen. Aber sie kennen alles von Jugert oder Liebeneiner, von Dieter Borsche oder Peter van Eyck, und auch dieses Wissen ist ein Stück Filmgeschichte, das bewahrt werden muß. In zwanzig Jahren, wer weiß, werden wir so durch eine Ausstellung über Hanna Schygulla, Barbara Sukowa oder Rüdiger Vogler gehen – und gerührt sein, wie es sich für Kinozuschauer von gestern gehört ...
Hamburger Abendblatt, 29. April 2004
Die ideale Frau
Hommage: Das Filmmuseum Berlinwidmet Ruth Leuwerik eine Ausstellung
Von Barbara Möller
Sie hat schon einen sitzen. Und merkt nicht, dass er ihre Hand hält. Das heißt, jetzt merkt sie es gerade. Und sagt: "Warum kneten Sie meine Hand so?" Er: "Ich knete nicht." Sie: "Doch, Sie kneten!" Sie hat ein bisschen Mühe, beim plötzlichen Aufstehen das Gleichgewicht zu halten, aber einen Moment später, als er aufbricht, hat sie sich wieder gefangen. "Abwaschen", sagt sie salopp, "müssen Sie nicht, Sie könnengleich gehen." Wenn die Tür hinter ihm zufällt, wird ihr Gesicht in Großaufnahme gezeigt: Bleib, sagt es, halt mich fest ...
Solche Augenblicke unbeherrschter, fast schon aggressiver Sehnsucht und Einsamkeit hat Ruth Leuwerik der Kamera immer wieder geschenkt. Momente wie dieser in Rudolf Jugerts Melodram Die Stunde, die du glücklich bist konnten den Zuschauer körperlich schmerzen. Es gibt sie in fast jedem ihrer 32 Filme.
Und natürlich ist man ihrer Stimme erlegen. Vielmehr diesem leicht Atemlosen, das ihre Stimme immergehabt hat. Besonders wenn es galt, das Unvorhergesehene zu tun. Die Grenzen der Konvention, die die engen Fünfzigerjahre bestimmten, mutig zu überschreiten. "Wenn du mich heute nicht küsst", hatte sie 1954 in Helmut Käutners Bildnis einer Unbekannten zu O.W. Fischer zu sagen, "dann mal mich wenigstens so, wie du mich schon mal gemalt hast." Nackt. Die Leuwerik sagte es ein bisschen gehetzt, vor Scham schon fast den Tränen nah, so, dass man wusste, es ging um Leben oder Tod ...
die tageszeitung, 29. April 2004
Omas Kino
Ruth Leuwerik war in den Fünfzigerjahren so etwas Ähnliches, was Iris Berben heute in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft ist: omnipräsent vertreten als Projektionsfläche für die idealisierten Vorstellungen des Massengeschmacks. Dabei hübsch, patent und ein bisschen, aber nicht allzu, erotisch. Damit war sie Ausdruck für das gesamtgesellschaftliche Begehren nach Normalität und Rückzug ins bürgerliche Private nach dem Trauma des Dritten Reichs. Das Filmmuseum widmet ihr zum 80. Geburtstag ab heute eine Ausstellung mit gleichnamiger Filmreihe. Darin geht es nicht nur um die Inszenierung der Leuwerik als ideale Frau und um ihre Karriere, die sich parallel zum westdeutschen Nachkriegskino vollzog – bis dieses Ende der Sechziger endlich von Fassbinder und Co erlöst wurde –, sondern auch um die (Dis-)Kontinuitäten zum NS-Film.
Berliner Zeitung, 29. April 2004
Eine Frau von beträchtlicher Ansehnlichkeit
Das Filmmuseum Berlin widmet sich Ruth Leuwerik
Von Carmen Böker
"Twen nimmt die Leuwerik aufs Korn", so titelte die Zeitschrift 1962 – und darunter stand: "Ruth reitet auf Bambi". Diese zeitgemäß cool-knallige Ankündigung führte völlig in die Irre, denn der Fotograf Will McBride hatte Ruth Leuwerik wie eine Diva der Nouvelle Vague in einem Hotelzimmer inszeniert – einsam, aber elegant, mit privatem Gesicht, das den grüblerischen Charakter dieser Schauspielerin hinter ihrem sonst immer etwas schaufensterpuppenhaft glatten, perfekt mimikkontrollierten Antlitz offenbarte. Es sind, wegen dieser Ehrlichkeit, die schönsten Aufnahmen von Ruth Leuwerik geblieben, dennoch waren ihre Fans ziemlich schockiert: Ihr Idol rauchte und resignierte, der Ausschnitt des schwarzen Kleides war zu gewagt, der Blick zu seelentief.
Berliner Morgenpost, 29. April 2004
Bilder einer Unbekannten
Das Filmmuseum findet in der Schauspielerin Ruth Leuwerik die ideale Frau
Von Peter Zander
Vergangene Woche wurde Ruth Leuwerik 80. Deshalb schenkt das Filmmuseum dem Star der Fünfziger die Sonderausstellung "Die ideale Frau". Und zeigt Bilder einer Frau, die sich zu einem Bild der Frauen im Nachkriegsdeutschland verdichten.
Das kostbarste Unikat ist leider nicht gekommen: Ruth Leuwerik selbst. Ganze zehn Jahre ist es her, dass sie ihren letzten großen öffentlichen Auftritt hatte – in Münster, bei einer Ausstellung zu ihrem 70. Der letzte Berlin-Besuch liegt gar Jahrzehnte zurück. Doch kurz nach ihrem 80. Geburtstag am vergangenen Freitag ist Frau Leuwerik erkrankt – und durch ärztliche Kunst leider noch kränker geworden. Die gestrige Eröffnungder Ausstellung "Die ideale Frau" im Filmmuseum musste daher leider ohne sie stattfinden. Ebenso wie der Beginn der begleitenden Filmreihe heute Abend im Arsenal-Kino.
Die Welt, 23. April 2004
Die große Dame der fünfziger Jahre. Verteidigung der Würde: Ruth Leuwerik zum 80.
Von Peter Zander
... Aber da gab es ja noch Ruth Leuwerik. Auch sie war von dieser eigentümlichen kurzatmigen, flachbrüstigen Nervosität, auch sie fügt sich am Ende zumeist den Ehefesseln. Aber sie tut es mit etwas, das den anderen fremd war und bleiben musste: mit Würde. Eine natürliche, völlig unaufgesetzte Würde, wie man sie weder erlernen noch erschminken kann. Ruth Leuwerik, das ist die Große Dame der fünfziger Jahre, die eigentlich nicht recht in die Zeit passte, die viel zu modern war – und im Rückblick eine Art Ehrenrettung für die Epoche darstellt.
Zwei kleine Direktvergleiche. Das Markenzeichen der großen Konkurrentin Maria Schell – die mit O.W. Fischer ein Traumpaar bildete wie die Leuwerik mit Dieter Borsche – war das "Verströmen", die Verausgabung, quasi das Goethesche Frauenprinzip der Entsagung. Wenn Ruth Leuwerik sich dem Männerdiktat ergibt, dann ist das keine Selbstkapitulation, sondern ein Akt der Räson, der Selbstdisziplin, der mütterlich überlegenen Rücksichtnahme. Eine starke Frau wie aus Schillers Dramen. Oder die Sissi: 1955 spielte die Leuwerik sie, in Ludwig II., als emanzipierte, willensstarke Monarchin, bei Romy Schneider verkam sie im selben Jahr zum willenlosen Backfisch. Die größte Adelung erhielt die Kaufmannstocher aber von einem Kaufmannssohn: Thomas Mann, der sie 1953 in der Verfilmung seines Romans "Königliche Hoheit" sah. Den Film nickte er als hübsche Petitesse ab, die Darstellerin aber bezeichnete er als "Frau von beträchtlicher Ansehnlichkeit"...
Der Tagesspiegel, 29. April 2004
Die glücklichste Frau der Welt
Zu emanzipiert für ihre Zeit: Das Filmmuseum Berlin ehrt Ruth Leuwerik mit einer Hommage
Von Christian Schröder
... In Vitrinen sind Fotos, Briefe, Drehbücher, Filmtrophäen versammelt, die Transparentfahnen dazwischen, die die Ausstellung gliedern, strahlen pinkfarben. Sie nehmen den Schwung eines cremefarbenen Abendkleids auf, das Leuwerik 1960 bei der »Royal Performance« – dem Filmempfang der englischen Königin – trug, eines der Prunkstücke der von Peter Mänz und Nils Warnecke kuratierten Schau. Auch vier der fünf Bambis, die die Darstellerin zwischen 1953 und 1958 erhielt, sind zu sehen. Damals wurden die Gewinner des Preises noch von der Lesern der »Star-Revue« gewählt, auch im »Starometer« der »Star Revue« – ausgestellt ist ein liebevoll in ein Fan-Album geklebtes Exemplar – lag Ruth Leuwerik vorn, Maria Schell, Sonja Ziemann und Romy Schneider mussten sich mit hinteren Rängen begnügen. In einer stummen Endlosschleife läuft ein »Wochenschau«-Mitschnitt der »Bambi«-Verleihung 1961: tanzende »Traumpaare«, Damen mit Bienenkorbfrisuren und Herren in Einreihern, eisernes Lächeln, Blitzlichtgewitter. Die Ausstellung erzählt auch von der frühen Mediengeschichte der Republik.
Der Tagesspiegel, 23. April 2004
Sanft und nobel. Und immer steht sie neben dir: Ruth Leuwerik zum 80.
Von Jan Schulz-Ojala
... Ein Filmstar, gut für den emotionalen Überbau des Wirtschaftswunders, eine Kino-Identifikationsfigur auch für Millionen Frauen vor dem Siegeszug des Fernsehens war sie, eher Kameradin als Geliebte, allenfalls verschämte Kokette, nie unverschämte Kokotte: Ruth Leuwerik, die ewig treue Seele ... Dieser Tage nun hat Ruth Leuwerik doppelt Grund, aus ihrem mit Büchern und Antiquitäten eingerichteten Münchner Zuhause herauszutreten und zu feiern: Heute ist ihr 80. Geburtstag, und am Donnerstag kommender Woche eröffnet das Berliner Filmmuseum eine große Ausstellung zu Ehren der Jubilarin, die – Thomas Mann nannte sie einmal eine »Frau von beträchtlicher Ansehnlichkeit« – die deutsche Filmgeschichte schmückt wie wenige andere...
Rheinischer Merkur, 22. April 2004
Ruth Leuwerik – Die Leinwandheroine der Wirtschaftswunderjahre wird achtzig
Sauber wie frischer Schnee
Von Jürgen Bräunlein
... Doch wo Seelchen Schell haltlos weinte, überließ die Leuwerik die Tränen den Zuschauern. Fast immer blieb siebeherrscht. Als Patente packte sie lieber selbst mit an, statt sich in starke Männerarme zu stürzen. Die Frauenbilder, die sie in wirkungsvoller Intensität schuf, waren oft weiter als das Kino, dem sie sie schenkte. Von der Kritik wurde das lange nicht bemerkt, zu sehr verband man den Star mit dem verstaubten Adenauer-Kino, das die rebellischen Autorenfilmer hinwegfegen mussten.
Wenn jetzt das Filmmuseum Berlin Ruth Leuwerik zum 80. Geburtstag eine Ausstellung widmet, dann ist das eine späte Wiedergutmachung. Die Schauspielerin war eine Projektionsfolie des Alltags für die schwer arbeitende Wirtschaftswundergeneration – Brüche und Irritationen inklusive ...
Mit ihrem damenhaften Aussehen und ihrer kultivierten Stimme wirkte die gereifte Leuwerik wie die deutsche Antwort auf Deborah Kerr. Wenn sie sprach, klang es wie hingehaucht und etwas atemlos, der typische Leuwerik-Sound eben. Das scheue Lächeln und die dunkelblauen Augen, die immer ein wenig traurig blickten ... Wie Greta Garbo, dem Vorbild ihrer Jugend, zog sie sich in vergleichsweise jungen Jahren aus dem Filmbusiness zurück und kultivierte ihr Privatleben an der Seite ihres dritten Mannes in Nymphenburg, einem vornehmen Stadtteil in München. Journalisten hält sie sich vom Leib, nicht aus Hochnäsigkeit, sondern weil sie mit ihrer Vergangenheit als Star schon lange abgeschlossen hat. Uneitel und zurückhaltend war ja schon ihre Schauspielkunst. Meldet sich Ruth Leuwerik doch zu Wort, tut sie es unsentimental und allürenfrei ...
Lausitzer Rundschau, 23.04.2004
»Die ideale Frau«
Die Schauspielerin Ruth Leuwerik wird heute 80 Jahre alt
Für Millionen Kinobesucher war Ruth Leuwerik der Inbegriff einer »idealen Frau«.
Von Hilmar Bahr
Mehr treuer Kamerad als leidenschaftliche Geliebte, verkörperte sie mit ihrer sensiblen und zurückhaltenden Schauspielkunst das Lebensgefühl der Adenauer-Ära, die geprägt war von den Wirtschaftswunderjahren. Sie unterstützte ihre Filmmänner, ohne sie herauszufordern. Das Publikum liebte sie dafür. In den 50er und 60er Jahren zählte Ruth Leuwerik, die heute ihren 80. Geburtstag begeht, zu den am meisten verehrten deutschen Leinwandheldinnen. Neben Maria Schell und O.W. Fischer bildete sie zusammen mit ihrem Partner Dieter Borsche das Filmtraumpaar jener Tage.
WAZ, 23. April 2004
Die Super-Mutti der 50er
Von Ulrike Mattern
... Erinnert man sich an die Filme, in denen Ruth Leuwerik in den knapp 13 Jahren ihrer Karriere auf der Leinwand zu sehen war, fallen einem oft zuerst die heutzutage plüschig daher kommenden Adelsschinken ein – wie Ludwig II. von 1954, an der Seite von O.W. Fischer, Königliche Hoheit (1953) oder Königin Luise (1957). Alles Filme, die aus heutiger Sicht zu einem Einheitsbrei aus Kostümen, Konflikten und Konsens gerinnen, in dem auch die Leistung der Leuwerik nicht auffällig hervorsticht.
Im dramatischen Fach hinterließ sie deutlichere Konturen. Zum Beispiel im Leid einer Effi Briest in Rosen im Herbst (1955) oder als künstlerische Inspiration in Bildnis einer Unbekannten (1954). Ihre Darstellung als mütterliche Glucke in Die Trapp-Familie war Mitte der 50er Jahre ein solcher Erfolg, dass ein zweiter Teil gedreht wurde – in Amerika. Auf das eng geschnürte Dirndl der Super-Mutti reagierte Ruth Leuwerik mit einer "Art von Klaustrophobie" und Hautallergie, wie sie im Interview ausplaudert ...
Der Standard, 22. April 2004
"Die ideale Frau"
(APA/dpa)
Ausstellung zum 80. Geburtstag von Ruth Leuwerik zeigt ihr Lebenswerk in Berlin
Zum 80. Geburtstag von Ruth Leuwerik zeigt das Berliner Filmmuseum am Potsdamer Platz eine Ausstellung über Leben und Werk der deutschen Schauspielerin. Die am 23. April 1924 in Essen geborene Leuwerik gilt als "Doris Day des deutschen Films". An der Seite von O.W. Fischer und Dieter Borsche wurde sie in Kinoerfolgen der 50er Jahre zum Inbegriff der "idealen Frau". Vom 29. April bis 15. August dokumentiert die Ausstellung "Die ideale Frau. Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre" ihre Karriere-Stationen und ihre Rolle für die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft ...
Bayerischer Rundfunk, April 2004
Ruth Leuwerik wird 80
Ruth Leuwerik war eine der erfolgreichsten deutschen Schauspielerinnen der Nachkriegszeit. Am 23. April feiert sie ihren 80. Geburtstag – wir gratulieren!
Für Millionen Kinobesucher war Ruth Leuwerik damals, in den 50er und 60er Jahren, der Inbegriff einer "idealen Frau": Mehr treuer Kamerad als leidenschaftliche Geliebte verkörperte sie mit ihrer sensiblen Schauspielkunst das Lebensgefühl der Adenauer-Ära, die geprägt war von den Wirtschaftswunderjahren. Sie unterstützte ihre Filmmänner, ohne sie herauszufordern, und das Publikum liebte sie dafür. Neben Maria Schell und O.W. Fischer bildete sie zusammen mit ihrem Partner Dieter Borsche das Filmtraumpaar jener Tage ...
swr-Nachtkultur, 23. April 2004
Eine Ikone der 50er Jahre – Ruth Leuwerik wird 80
In den 50er Jahren war sie der Star am deutschen Leinwandhimmel. Ruth Leuwerik, die rein äußerlich zwar damenhaft adrett und empfindsam wirkte, aber in ihren Rollen mit Tatkraft und Kameradschaftsgeist überzeugte. Nicht nur Dieter Borsche und O.W. Fischer erlagen ihrem Charme, auch das Publikum war fasziniert.
Ob als Kaiserin, Baronin oder als Diplomatengattin. Ruth Leuwerik machte in allen Rollen eine gute Figur. Besondere Beachtung fand sie mit Kostümfilmen und Literaturverfilmungen. Thomas Mann war hingerissen, als er die zierliche Schauspielerin in der Verfilmung seines Buches "Königliche Hoheit" sah. Den größten internationalen Erfolg hatte die gebürtige Essenerin als Mutter und Nonne Maria in Wolfgang Liebeneiners Die Trapp-Familie.
Nach 1962 war sie nur noch sporadisch in Film und Fernsehen zu sehen, unter anderem in Derrick und der Serie Die Buddenbrooks. Am 23. April feiert Ruth Leuwerik ihren 80. Geburtstag. Das Berliner Filmmuseum erinnert ab 29. April an den einst beliebtesten deutschen Star.
Sat 1, 19. April 2004
Ein Hauch Geheimnis bleibt – Ruth Leuwerik wird 80 Jahre alt
Berlin (ddp). Den Ausstellungsmachern des Berliner Filmmuseums gilt sie als "die ideale Frau". Jedenfalls gaben sie der Schau zum 80. Geburtstag von Schauspielerin Ruth Leuwerik diesen Titel. Die Präsentation, die Drehbücher, Produktionsunterlagen, Architektur- und Kostümentwürfe sowie Filmszenen und Fotos versammelt, ist ab 29. April am Potsdamer Platz zu sehen. Ihren runden Ehrentag feiert Leuwerik, die auf dem Bildschirm zwar rar geworden, aber in Filmen wie Die Trapp-Familie oder Die Buddenbrooks trotzdem unvergessen ist, bereits am Freitag.
Ein bisschen wirkte die 1924 (manche Quellen sagen 1926) als Kaufmannstochter in Essen geborene Leuwerik in ihren Rollen immer, als müsste man ihr zu Hilfe eilen. Ihr Paradegenre war das Melodram. Ein Hauch von Tragik und Geheimnis umschwebte sie. Literaturverfilmungen wie Königliche Hoheit (1953) nach Thomas Mann oder Rosen im Herbst nach Fontanes "Effi Briest" wurden durch sie zu Hits ...
rbb, 12. April 2004
Berlin: Ausstellung über Schauspielerin Leuwerik
Zum 80. Geburtstag von Ruth Leuwerik zeigt das Berliner Filmmuseum am Potsdamer Platz eine Ausstellung über Leben und Werk der Schauspielerin.
Die am 23. April 1924 in Essen geborene Leuwerik gilt als "Doris Day des deutschen Films". An der Seite von O.W. Fischer und Dieter Borsche wurde sie in Kinoerfolgen der 50er Jahre zum Inbegriff der "idealen Frau".
Vom 29. April bis 15. August dokumentiert die Ausstellung "Die ideale Frau. Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre" ihre Karrierestationen und ihre Rolle für die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft. Bei der abendlichen Ausstellungseröffnung am 28. April wird Leuwerik anwesend sein.