Am Set
15.12.11 – 29.4.12
Ausstellung
Die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen würdigt das 100-jährige Bestehen der Babelsberger Filmstudios im Jahr 2012 mit einer Ausstellung der Cinémathèque française, die größtenteils unveröffentlichte Vintage-Fotografien aus der Entstehungszeit der großen Filmstudios zeigt. Zeitgleich präsentiert sie in einer eigenen Ausstellung Fotos zu Spielfilmen, die in den vergangenen zehn Jahren in Berlin und auf dem Studiogelände in Babelsberg entstanden sind.
Paris – Babelsberg – Hollywood, 1910 bis 1939
In bisher nie gezeigter Fülle wird das wenig beachtete Genre der Set-Fotografie in deutschen, französischen und amerikanischen Studios von 1910 bis 1939 vorgestellt. Mit ihren Aufnahmen wurden die Fotografierenden zu Zeitzeug*innen, die die Praxis der Filmberufe im Studio dokumentierten. Ihre Bilder erzählen vom Bau der Filmkulissen, von der Arbeit der Regieführenden, dem Einsatz von Licht und den zahlreichen Details der Drehbedingungen.
Auf den Fotos zu sehen sind sowohl Regisseure wie David W. Griffith, King Vidor, Friedrich Wilhelm Murnau, Fritz Lang, Ernst Lubitsch und René Clair als auch Stars wie Marlene Dietrich, Ingrid Bergman, Greta Garbo, Fred Astaire, Cary Grant und Charles Chaplin.
Nach einem einführenden Kapitel zur Standfotografie widmet sich die Ausstellung den technischen und künstlerischen Aspekten der Filmarbeit: „Studios", „Licht", „Kameras", „Ton", „Kulissen", „Schauspielführung", „Stars und Apparate".
Berlin – Babelsberg, heute
In der Ausstellung der Deutschen Kinemathek wird die Suche nach Drehorten und deren Veränderung für Filmaufnahmen dokumentiert sowie der Bau von Sets im Studio und auf dem Außengelände thematisiert. Die Präsentation in Kombination mit Fotos der eigentlichen Dreharbeiten bietet ein kleines Kaleidoskop der Filmregion Berlin-Brandenburg im 21. Jahrhundert.
Das Spektrum der dort gedrehten Filme reicht von Produktionen der »Berliner Schule« wie Christian Petzolds Gespenster (2005) bis zu aufwändigen Hollywood-Produktionen wie Stephen Daldrys Der Vorleser (2008) oder Quentin Tarantinos Inglorius Basterds (2009).
Schwerpunkte der Ausstellung
Paris – Babelsberg – Hollywood, 1910 bis 1939
Ausgangspunkt für diese Ausstellung sind zwei Sammlungen: die der Cinémathèque française, die mit über 500.000 Abzügen einen außerordentlich reichen und breit gefächerten Fotobestand besitzt, und die des Cinéphilen und Sammlers Gabriel Depierre (1929–2004). Depierre war seit 1951 Assistent und Freund des Standfotografen Roger Corbeau, dessen Werk im Archiv der Médiathèque de l’architecture et du patrimoine aufbewahrt wird. Neben ihrer hervorragenden fotografischen Qualität besitzen diese Bilder auch einen hohen Informationswert, bezeugen sie doch die spektakulären Veränderungen in der Welt von Film und Kino über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten und in drei verschiedenen Ländern – Frankreich, Deutschland und USA.
Von der handbetriebenen Kurbelkamera in schlichtem Holzgehäuse bis zur gewaltigen Mitchell, die elektrisch betrieben und in eine schallisolierende Hülle gepackt wurde, vergingen nur 30 Jahre. Für die Filmgeschichte aber war diese Zeitspanne wie ein Sprung von der Steinzeit in die Moderne. Auch die Beleuchtung entwickelte sich rasant. Ein Vergleich der Trompe-l’œil-Kulissen aus der Frühzeit des Films mit den verschwenderischen Hollywood-Sets der 1920er und 30er Jahre wirkt geradezu unfassbar, und mit dem Einzug der »Sprechfilme« im Jahr 1927 erlebten Film und Kino eine weitere radikale Veränderung. Nichts blieb davon verschont, weder Technik noch Ästhetik, und schon gar nicht die Ökonomie.
Die in dieser Ausstellung gezeigten Fotografien sind auch wertvolle Zeugnisse für die Hierarchien auf einem Filmset: wie die Technikleute miteinander umgehen und wie Regieführende ihre Teams dirigieren. Manche der Fotos wurden von großen Meister*innen gemacht: Roger Forster, Raymond Voinquel, Walter Limot, Roger Corbeau oder Sam Lévin in Frankreich; Horst von Harbou, Rudolf Brix, Curt Oertel in Deutschland; George Hurrell, Ruth Harriet Louise, Clarence Sinclair Bull und Laszlo Willinger in den USA. Andere Fotografen werden wohl für immer anonym bleiben. Das Metier der Standfotografie gab es zwar bereits zu Beginn der Filmgeschichte, seine wirkliche Bestimmung aber fand es erst in den 1910er Jahren, einer Zeit, in der die »Filmverlage« auch Plakate und Kataloge druckten und das Star-System, unterstützt durch eine spezialisierte Presse, aufblühte.
Diese Fotos führen uns direkt ins Herz der Bilderfabriken, in eine Zeit, in der die Kamera mit aufrichtiger Bewunderung als eine »intelligente Maschine« betrachtet wurde, wie der Regisseur und Theoretiker Jean Epstein es einmal ausdrückte.
Berlin – Babelsberg, heute
Berlin ist eine Filmstadt. Während der internationalen Filmfestspiele defilieren die Filmstars über den roten Teppich, in den Studios Babelsberg vor den Toren Berlins werden internationale Produktionen gedreht, und alle Hauptstädter*innen kennen die Absperrungen, Scheinwerfer und Cateringwagen auf Straßen, die für Dreharbeiten blockiert sind. Die Fotografie spielt mehr denn je eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung und Vermarktung eines Films. Locationscouts suchen Motive und Schauplätze, Standfotograf*innen fertigen Bilder, die später als Pressefotos, Plakate oder DVD-Cover den Film bewerben. Solche Fotos dokumentieren aber auch das Geschehen am Set. Die Ausstellung „Am Set. Berlin – Babelsberg heute" zeigt Fotografien, die bei Dreharbeiten in den letzten zehn Jahren entstanden sind.
Die Babelsberger Filmstudios feiern 2012 ihr 100-jähriges Bestehen. Die beiden Ausstellungen „Am Set. Paris – Babelsberg – Hollywood, 1910 bis 1939“ und „Am Set. Berlin – Babelsberg heute“ im Museum für Film und Fernsehen möchten diese lange Tradition würdigen. Auch heute noch dokumentieren Fotografien die Filmaufnahmen, fertigen Standfotos und manchmal auch Porträtaufnahmen der Stars. Standfotograf*innen müssen möglichst unauffällig agieren, um die Dreharbeiten nicht zu behindern. Auch sollten sie weniger einen eigenen künstlerischen Stil einbringen als vielmehr die Bildsprache des Films aufnehmen und vermitteln. Die zahlreichen, zum Teil bislang unveröffentlichten Fotos belegen die komplexen kreativen und handwerklichen Arbeiten an den Sets in Berlin und Babelsberg im 21. Jahrhundert.
Galerie
Credits
Pressereaktionen
ARTE Metropolis, 10. Dezember 2011
Am Set – Die Momente dazwischen
Von Susanne Kappesser
Die Spannung steigt. Die Vorbereitungen werden getroffen. Konzentration. Alle warten auf das Startsignal: »Und, Action«! Am Set passiert viel: zickige Stars, schreiende Regisseure, komplizierte Diven, es wird geschminkt, abgebaut, aufgebaut, Licht gesetzt, SchauspielerInnen proben und das alles für diesen einen Augenblick vor der Kamera – und der muss perfekt sein. Eine komplette künstliche Welt entsteht, für ein traumhaftes Abbild. Doch die Welt hinter der Kamera ist alles andere als perfekt. Bedeutende Regisseure und Schauspieler sind in bisher noch unveröffentlichten Vintage-Fotografien der Ausstellung „Am Set. Paris – Babelsberg – Hollywood“ während der Arbeit zu sehen. Darunter David W. Griffith, King Vidor, Friedrich Wilhelm Murnau, Fritz Lang, Ernst Lubitsch und Charlie Chaplin, aber auch legendäre Leinwandstars wie Marlene Dietrich, Ingrid Bergman, Greta Garbo, Fred Astaire oder Cary Grant.
Die Welt, 14. Dezember 2011
Foto-Schau zu 100 Jahren Studio Babelsberg
Von Hanns-Georg Rodek
(…) »Am Set« zeigt Fotos von Filmstars, großen Regisseuren, aber auch Kulissenbauer bei ihrer Arbeit vor und hinter der Kamera. Dafür hat die Cinémathèque française dem Museum einmalige Aufnahmen aus den Gründerjahren der großen Filmstudios in Berlin, Paris und Hollywood ausgeliehen. Sie entstanden zwischen 1910 und 1939 und zeigen Filmgrößen wie Cary Grant, Ingrid Bergmann oder Fritz Lang bei der Arbeit, aber auch in intimen Momenten während der Drehpausen. (…) »hier steht im Vordergrund, was normalerweise verborgen ist«, erklärte der künstlerische Direktor Rainer Rother. Auch wer sich für die technische Seite des Filmemachens interessiert, kommt auf seine Kosten: Sorgfältig sind die verschiedenen Kamera-Typen dokumentiert, Licht- und Tontechniker werden bei der Arbeit gezeigt. Ein zweiter Ausstellungsteil zeigt Fotos, die in den vergangenen zehn Jahren in bei Dreharbeiten in Berlin und Babelsberg entstanden sind. »Hollywood ist wieder zurückgekehrt nach Babelsberg«, freute sich Ausstellungsleiter Peter Mänz. Den Beweis erbringen Brad Pitt am Set von Inglorious Basterds, Tom Cruise mit Augenklappe bei den Dreharbeiten zu Operation Walküre und Liam Neeson mit Diane Kruger für Unknown Identity vor dem Brandenburger Tor.
RBB Kulturradio, 14. Dezember 2011
»Am Set« – Unveröffentlichte Fotos von den Dreharbeiten berühmter Filme von 1910 bis heute
Von Christine Deggau
(…) Die neue Ausstellung »Am Set« zeigt zum Teil unveröffentlichte Fotos von den Dreharbeiten berühmter Filme von 1910 bis heute. (…) Grundlage von »Am Set« ist die Übernahme der Ausstellung »Tournages« der Cinématheque Française in Paris aus dem Jahr 2010. Sie wurde von den deutschen Kuratoren übernommen, aber um einen aktuellen Zugang erweitert. Da das Studio Babelsberg 2012 100-jähriges Bestehen feiert, sind auch die Set-Fotografien der großen Produktionen aus den letzten Jahre zu sehen, die zeigen, wie attraktiv Berlin heute als Filmstadt ist – von Der Pianist über Der Vorleser, Inglorious Basterds oder Anonymus. Diese Gegenüberstellung von damals und heute macht deutlich, wie anders die Atmosphäre heute ist im Gegensatz zu den frühen Bildern. Diese sind weniger glatt, es gibt mehr zu entdecken. Das mag an der Brennweite und Auflösung heutiger Fotos liegen, oder vielleicht auch an den Darstellern, die mehr mit der Kamera spielten und nicht ganz so cool waren wie Brad Pitt oder Tom Cruise heute. Das Besondere der Set-Fotografie und damit der Ausstellung ist: diese Fotos entzaubern den Film nicht, sie erweitern die Perspektive und erzählen die Geschichten hinter der Geschichte.
Berliner Morgenpost, 16. Dezember 2011
Maschinenraum des Kinos
Von Hanns-Georg Rodek
Alle Ausstellungsbesucher, die gern in Bildern großer Stars in großen Posen und ausgefallenen Kostümen schwelgen, seien gewarnt: Dies ist nicht, was ihnen »Am Set«, die neue Schau der Berliner Kinemathek, bietet – sondern etwas viel Interessanteres. Man hätte »Am Set« vielleicht untertiteln sollen, mit »Kino bei der Arbeit« oder »Stars und Maschinen«, denn genau das ist zu sehen: Einblicke in die Studios der drei großen Filmmetropolen Berlin, Paris und Hollywood aus der Zeit, als das Kino sich selbst erfand, zwischen 1910 und 1939.
Es muss also um Erfindungen gehen, und Erfindungen gehen, und das erste, was auf den frühen Bildern auffällt, sind die Megaphone der Regisseure. D.W. Griffith sitzt 1916 auf dem Set seines Dreistundenepos Intolerance mit einem, das einen halben Meter lang ist, sechs Jahre später sieht man Douglas Fairbanks bei Robin Hood mit einem, das mindestens drei Meter misst. (…) Die Fotografien der Zehner- und Zwanzigerjahre strahlen eine besondere Energie aus, die von Pionieren, die eine neue Kunstform erfinden. Doch das ist in den Dreißigern schon anders. Da sieht man weiterhin Stars mit Technik, aber das Verhältnis ist ein anderes geworden. Da stehen nicht mehr Mensch und Maschine nebeneinander, sondern zwei Wunderwerke, eines der Natur und eines der Ingenieurskunst. (…)“
Neues Deutschland, 16. Dezember 2011
Paris – Babelsberg – Hollywood. In der Deutschen Kinemathek werden die Entwicklungen des Mediums Film anhand von Fotos erzählt
Von Kira Taszman
(…) Die Fotos aus deutschen, französischen und US-Studios von 1910 bis 1939 sind sowohl ästhetisch als auch historisch erhellend. Da die Elektrifizierung zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch nicht flächendeckend war, drehte man zu den Anfängen des Kinos in riesigen, lichtdurchlässigen Glashäusern, die sich an Foto-Ateliers orientierten. So entdeckte die US-amerikanische Filmproduktion im Jahre 1909 auch das sonnendurchflutete Hollywood. Fotos dieser Epoche lassen riesige Studiohallen erkennen, deren Glasfassaden funktional und gleichzeitig kunstvoll verziert sind. Auf Gerüsten stehen Kameramänner und kurbeln fleißig. Manchmal hielten sie mehrere Blickwinkel fest, die später für erste Spezialeffekte benutzt wurden. (…) Wie amerikanische und internationale Produktionen in Babelsberg entstehen, zeigt die ergänzende Ausstellung, »Berlin-Babelsberg, heute«. Die Setfotografie von den Potsdamer Studios der letzten zehn Jahre präsentiert sich in Farbe und zeigt die Arbeit von Regiegrößen wie Roman Polanski, Quentin Tarantino, aber auch deutschen Filmschaffenden. So wird auf Videobildschirmen auch die Arbeit von Location Scouts und Setdekorateuren erläutert. Mal fungiert der Drehort Berlin als er selbst, mal wird er umfunktioniert, etwa wenn sich die »Leipziger Straße« in Mitte kurzfristig zu einer Moskauer Straße verwandelt. (…).
Der Tagesspiegel, 19. Dezember 2011
Kinogeschichte: Wer im Glashaus schwitzt
Von Christian Schröder
(…) »Am Set« lautet der Titel einer beeindruckenden Ausstellung, mit der das Berliner Museum für Film und Fernsehen die Kunst der Standfotografie feiert. Gleich im zweiten Raum stößt der Besucher auf die in einem Leuchtkasten riesenhaft vergrößerte Asta-Nielsen-Szene. Ein paar Schritte weiter steht eine hölzerne Fotokamera auf einem Podest, die einst dem Filmpionier Guido Seeber gehört hat. Der Besucher schaut, als habe er sich selber zum Standfotografen verwandelt, durch die Linse auf das Gruppenbild mit der Stummfilmdiva, zu dem auch der Kameramann Seeber gehört. In einer Vitrine daneben dokumentieren Glasnegative und -positive den Bau des Babelsberger Glashauses, an der Wand hängt eine Architekturzeichnung. Errichtet wurde das Atelier von der Deutschen Bioscop GmbH, 1922 ging es in den Besitz der Ufa über. (…) Die Ausstellung endet 1939 und macht dann einen Sprung in die Gegenwart. Der zweite, vom Berliner Museum erarbeitete Teil zeigt Bilder aus Berliner und Babelsberger Produktionen der letzten zehn Jahre. (…) Die dialogische Arbeitsweise von Andreas Dresen ist daran zu erkennen, dass er bei den Fotos zu Sommer vorm Balkon stets im Gespräch mit Cast und Crew zu sehen ist. Sehr erhellend sind Displays, die von den Aufnahmen des Location Scouts bis zum fertigen Film die Entstehung von Szenen für Der Vorleser und The International nachvollziehbar machen. Drehorte: ein Hörsaal im Institut für Anatomie der Charité und das ICC. Berlin kann atemberaubend aussehen.
Märkische Allgemeine, 20. Dezember 2011
Im Herzen der Bilderfabriken
Von Claudia Palma
Andreas Dresen gibt seinem Kameramann Andreas Höfer Anweisungen, Tom Tykwer ist versunken in ein Gespräch mit seinen Hauptdarstellern Clive Owen und Naomi Watts, Roman Polanski gestikuliert wild mit den Armen – Fotos zeigen Regisseure bei der Arbeit und zwar so, wie man sie als Kinozuschauer nie zu sehen bekommt. Eine kleine, feine Ausstellung im Berliner Museum für Film und Fernsehen führt die Besucher hinter die Kulissen, dokumentiert die Arbeit am Set und lüftet dabei die Geheimnisse der Traumfabrik. (…) Eine ergänzende Perspektive liefert der andere Teil der Schau: „Am Set. Paris – Babelsberg – Hollywood“. Dafür hat die Cinémathèque française dem Museum einmalige Aufnahmen aus den Gründerjahren der großen Filmstudios in Europa und Amerika ausgeliehen. Sie entstanden zwischen 1910 und 1939 und zeigen Filmgrößen wie Cary Grant, Ingrid Bergmann oder Fritz Lang bei der Arbeit, aber auch in intimen Momenten während der Drehpausen. (…) Besonders gut nachzuvollziehen ist auf den Fotos die rasante technische Entwicklung in den ersten drei Jahrzehnten nach der Erfindung der siebten Kunst. Von der hölzernen Kurbelkamera bis zur schweren elektrischen Mitchell mit dicker Schallschutzhaube, in der die Kameramänner tüchtig schwitzten, vergingen nur 30 Jahre. Auch die Lichttechnik entwickelte sich rasch, vor allem den Schauspielern graute vor der neuen Technik: Fritz Lang etwa nutzte in Babelsberg die gefürchteten Quecksilberdampflampen, die Haut und Augen verbrennen konnten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Dezember 2011
Mit Helm und Hut: Kinofotos in Berlin
Von Andreas Kilb
Sie war Marlene. Aber ohne das Licht, den Ton und den Blick des Films wäre sie nichts gewesen, und so ist es nur gerecht, dass sie auf dem Bild, das Don English, der Studiofotograf der Paramount, 1932 mit ihr auf dem Set von Shanghai Express gemacht hat, der Kamera zu Füßen sitzt. Der Star, der Fotograf und der Apparat bilden das Dreieck, das von den Glühlampen des Schminkspiegels gerahmt wird, der die Szene reflektiert – und so ist wirklich alles da, was das Kino ausmacht, Spiel und Spiegelung, Körperlichkeit und Abstraktion, bis auf den einen, der das Spiel zusammenhält, der ihm Rhythmus, Anfang und Ende gibt, den Regisseur. Denn das Kino ist, anders als es selbst oft glauben machen will, eine Form von Arbeit, ein Metier, kostenintensiv, personalverschlingend, hierarchisch organisiert. (…) Das alles, nostalgische Rührung, desillusionierende Erkenntnis und ungläubiges Staunen inbegriffen, präsentiert die Deutsche Kinemathek in ihrer Ausstellung »Am Set«, die eigentlich eine Doppelausstellung ist. (…)
Neue Zürcher Zeitung, 29. Dezember 2011
Das Kino bei der Arbeit
Von Jörg Becker
Der Film ist Zuschauern als Resultat einer Kreativproduktion vertraut, deren kollektiver Prozess und innerer Nerv ihm weitgehend verschlossen bleiben. Mit seltenen Set-Fotografien gibt eine Ausstellung im Berliner Filmhaus Einblicke in die Magie von Dreharbeiten – einst und jetzt. (…) Als um 1930 Worte für das Kino wie »Traumfabrik« oder »Phantasiemaschine« aufkamen, waren es die Fotos von Standfotografen, welche für Plakate, Kataloge, Annoncen und Fachblätter Dreharbeiten begleiteten, die diesen Traum vermarkteten und den Mythos verstärkten; oft sind sie die einzig übrig gebliebene Spur endgültig verlorener Filmkopien.
Die in der Ausstellung »Am Set« versammelten Fotografien von Dreharbeiten – etwa 250 Vintage Prints, überwiegend aus der Privatsammlung von Isabelle Champion, zum Teil auch aus der Cinémathèque française – bewahren die ästhetische und technische Organisation des Kinos im alten Stil im Gedächtnis. (…) Oft posieren Schauspieler neben technischen Geräten; auf solchen Fotos scheinen Aufnahme- und Lichtapparate, gleichberechtigt mit den Stars, deren Aura nur umso mehr aufzuladen. Diese Bilder veranschaulichen das Schaffen eines arbeitsteiligen, eigener Hierarchie gehorchenden »Film-Kollektivs«, ohne die Magie des kinematografischen Moments aufzulösen. Und stets mitten in der Geschäftigkeit: die Kamera. (…)
Die Zeit, 29. Dezember 2011
Eros der Kamera
Von Alexander Cammann
(...) Eine sehenswerte Doppelausstellung in Berlin schaut nun darauf, wie das bewegte Bild entsteht – und zwar schaut sie darauf mit den Mitteln ausgerechnet jener Kunst, die die Bewegung fixiert und zu einem Moment bannt: der Fotografie. Am Set. Paris – Babelsberg – Hollywood, 1910 bis 1939. Berlin – Babelsberg, heute ist ein Fest für Filmliebhaber. Hier wird zum einen mit jenem Paradox gespielt: Fotografen betrachten die Dreharbeiten und das ganze Drumherum. (...) Aus den Beständen der Pariser Cinémathèque française, die über 500.000 Filmfotografien besitzt, und der exquisiten Sammlung des 2004 verstorbenen Cinephilen Gabriel Depierre, einst Assistent des großen Standfotografen Roger Corbeau, wurden rund 250 Vintage-Prints in zumeist vorzüglicher Qualität ausgewählt, ergänzt um einige Aufnahmen aus dem Besitz der Deutschen Kinemathek. (...) Besonders reizvoll an dieser Ausstellung ist schließlich die Kombination mit Setfotografien von heute, die der zweite Teil in rund zweihundert Fotografien der letzten zehn Jahre bietet, allesamt am Rande von Filmproduktionen in Babelsberg entstanden. Eine echte Schatzkammer tut sich hier auf, da auch diese oft hochklassigen Fotografien sonst nicht öffentlich gezeigt werden. Zu sehen im Arbeitseinsatz am Set sind Tom Cruise (Valkyrie) und Brad Pitt (Inglorious Basterds), Romand Polanski, Tom Tykwer und Quentin Tarantino.(...).
Süddeutsche Zeitung, 2. Januar 2012
Schnittstellen von Illusion und Wirklichkeit
Von Anke Sterneborg
(…) In abenteuerlichen Konstruktionen werden da die Kameras an Strommasten festgezurrt, auf Autos montiert oder auf improvisierten Dollys bugsiert: Es ist eine »ganz besondere Schönheit und Energie in Fotografien, die frühe Filmemacher bei der Arbeit zeigen«, schreibt Martin Scorsese im Grußwort. (…) Es lässt sich einiges aus diesen Fotos herauslesen auch über den Inszenierungsstil und das Temperament der Regisseure (…): Fritz Lang etwa mischt sich handgreiflich ein, mit vollem Einsatz rückt er den Kopf einer Darstellerin zurecht, spielt vor, packt zu. Dagegen wirkt Cecil B. DeMille im Gespräch mit seinen Schauspielern freundlich und milde, als würde er nicht fordern, sondern eher verführen. (…) Da sich diese Ausstellung auch als Beitrag zum hundertsten Jubiläum der Babelsberger-Studios 2012 versteht, wurde sie auf ihrer Berliner Station um eine Passage durch die letzten zehn Jahre erweitert (…). Im Kontrast zu den Vintage-Abzügen aus den ersten Jahrzehnten des Kinos eröffnet sich in den modernen Fotos eine ganz andere Intimität und Unmittelbarkeit, die gespannte Konzentration ist einer lässigen Beiläufigkeit gewichen. Aber das Staunen bleibt (…).
Credits
Paris – Babelsberg – Hollywood, 1910–1939
Paris
La Cinémathèque française: Costa-Gavras, Präsident
Serge Toubiana, Generaldirektor
Kuratoren: Isabelle Champion, Laurent Mannoni
Projektleitung: Christine Douin, Marie Naudin, Prune Blachère
Berlin
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen: Rainer Rother, Künstlerischer Direktor
Koordination: Kristina Jaspers, Peter Mänz, Vera Thomas
AV-Medienprogramm: Nils Warnecke
Redaktion: Rolf Aurich
Übersetzung ins Englische: Wendy Wallis, transART, Berlin
Übersetzung aus dem Französischen: Ralph Eue, Ariane Mondon, Vera Thomas, Laurence Wegener
Gestaltung Werbegrafik: Pentagram Design, Berlin
Gestaltung Ausstellungsgrafik: Jan Drehmel, befreite module, Berlin
Produktion Ausstellungsgrafik: PPS, Berlin und Bartneck Print Artists, Berlin
Architektur: m.o.l.i.t.o.r. ART IN MOTION, Berlin
Konservatorische Betreuung: Sabina Fernández, Berlin
Betreuung Kameratechnik: Karsten Seyfert
Schnitt AV-Medien: Stanislaw Milkowski, Concept AV, Berlin
Technik: Frank Köppke, Roberti Siefert, Stephan Werner
Kommunikation: Sandra Hollmann, Tatjana Petersen , Heidi Berit Zapke
Museumspädagogik: Jurek Sehrt
Finanzen: Uwe Meder-Seidel
Berlin – Babelsberg, heute
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen: Rainer Rother, Künstlerischer Direktor
Kuratoren: Kristina Jaspers, Peter Mänz
Koordination: Vera Thomas
Redaktion: Rolf Aurich
Übersetzung ins Englische: Wendy Wallis, transART, Berlin
Gestaltung Werbegrafik: Pentagram Design, Berlin
Gestaltung Ausstellungsgrafik: Jan Drehmel, befreite module, Berlin
Produktion Ausstellungsgrafik: PPS, Berlin und Bartneck Print Artists, Berlin
Architektur: m.o.l.i.t.o.r. ART IN MOTION
Technik: Frank Köppke, Roberti Siefert, Stephan Werner
Kommunikation: Sandra Hollmann, Tatjana Petersen, Heidi Berit Zapke
Museumspädagogik: Jurek Sehrt
Finanzen: Uwe Meder-Seidel
Leihgeber*innen
Stefan Arndt (X Filme Creative Pool GmbH)
Klemens Becker
Wolfgang Becker (X Filme Creative Pool GmbH)
Silke Buhr
Beate Dannhorn (Deutsches Filminstitut – DIF e.V.)
Vera Engelhardt (Desert Flower Filmproduktion GmbH)
Guy Ferrandis
Gerald von Foris
Hans Fromm
Bernhard Henrich
Nick Hertwig
Peter Herrmann (Desert Flower Filmproduktion GmbH)
Ute Krämer (Desert Flower Filmproduktion GmbH)
Jürgen Olczyk
Tobias Palmer
Christian Petzold
Rommelfilm
Hans-Christian Schmid (23|5 Filmproduktionen)
Florian Schneider (X Filme Creative Pool GmbH)
Schramm Film
Christian Schulz
Kristina Stelter (X Filme Creative Pool GmbH)
Manfred Thomas
Walter Wehner
Danksagung
Paris – Babelsberg – Hollywood, 1910–1939
Besonderer Dank an:
Volkmar Ernst, Anke Hahn, Martin Koerber, Daniel Meiller, Julia Riedel, Silke Ronneburg, Heike Schlasse, Werner Sudendorf, Wolfgang Theis, Gerrit Thies und alle Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Kinemathek
Berlin – Babelsberg, heute
Besonderer Dank an:
Studio Babelsberg AG (Christoph Fisser, Eike Wolf, Bianca Makarewicz)
Partner
Paris – Babelsberg – Hollywood, 1910–1939
Die Ausstellung wird gefördert durch:
Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages
Eine Ausstellung der
La Cinémathèque Française
Medienpartner:
kulturradio rbb
berlin poche
Berlin – Babelsberg, heute
Die Ausstellung wird gefördert durch:
Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages
Medienpartner:
kulturradio rbb
berlin poche