Wir waren so frei… Momentaufnahmen 1989/1990
1.5. – 9.11.09
Allgemeine Informationen
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Publikation
Welche Bilder bewahren die Deutschen zu Hause als private Erinnerung an die Revolution in der DDR und den Mauerfall auf, welche Bilder vom 9. November 1989 gingen in der internationalen Fernsehberichterstattung um die Welt, und welche Bilder fanden deutsche Dokumentarfilmer*innen für diese Zeit?
Die Entwicklung von den ersten Protesten gegen die Wahlfälschung bei der DDR-Kommunalwahl im Mai 1989 bis zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl am 3. Oktober 1990 war ein Prozess mit damals ungewissem Ausgang. Dies verdeutlichen die vielen Filme, Fotografien und Erinnerungen von Beteiligten und Beobachtenden der Geschehnisse. Sie dokumentieren überraschende Momente, begeisterte oder skeptische Stimmen. Doch bei aller Vielfalt ist ihnen eines gemeinsam: die grenzenlose Freude über die errungene Freiheit.
Die Ausstellung „Wir waren so frei … Momentaufnahmen 1989/1990“ führt anhand von Foto, Film und Fernsehen den Bilderreichtum der Zeitenwende vom Mai 1989 bis Dezember 1990 vor Augen.
Die Sammlung der privaten Filme und Fotos wird in einem Internetarchiv über die Laufzeit der Ausstellung hinaus erweitert und soll mit vielfältigen Recherchemöglichkeiten dauerhaft erhalten bleiben: www.wir-waren-so-frei.de
Schwerpunkte der Ausstellung
Augenblicke: Private Bilder
Die Erfahrung, dass Geschichte »geschieht«, veranlasste viele Menschen dazu, ihre eigenen Bilder von den historischen Ereignissen 1989 und 1990 zu bewahren. Diese Erfahrung ist für die meisten mit dem 9. November verbunden, als die Reisefreiheit für die Bürger*innen der DDR Wirklichkeit wurde und ein lebhafter Verkehr zwischen Ost und West einsetzte. Ohne Zahl sind die Aufnahmen, die beispielsweise an den alten und den neu geschaffenen Übergängen an der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer zwischen dem 9. November 1989 und dem Frühsommer 1990 entstanden. Doch auch die an der Revolution in der DDR Beteiligten versuchten – je mehr Unterstützung sie gewannen, umso mutiger –, das Erlebte im Bild festzuhalten. Gerade diese Aufnahmen haben häufig den Charakter von Beweisstücken. Jedes Bild, ob gefilmt oder fotografiert, ist Ausdruck und Beweis der persönlichen Augenzeugenschaft seiner Urheber*innen. Häufig wurden diese Aufnahmen für die eigenen Kinder und Kindeskinder gemacht, die noch zu klein für ein bewusstes Miterleben oder noch gar nicht geboren waren.
Diese Bilder sind kostbare Erinnerungen, vielfach mit bewegenden persönlichen Geschichten verknüpft und damit meist gehaltvoller, als ihnen auf den ersten Blick anzusehen ist.
Die Fotografien und Filme sind in diesem Ausstellungsraum in sechs Kapiteln nach folgenden Themen geordnet:
1. Scheinbare Normalität
2. Protest und Flucht
3. Die Öffnung der Grenze
4. Erkundungen und Begegnungen
5. Die Umgestaltung der DDR
6. Die deutsche Einheit
Ausgewählte Bilder werden zusammen mit ihren Geschichten präsentiert und vermitteln so einen Eindruck von der Vielfalt der Perspektiven, Deutungen und persönlichen Erlebnisse dieser Zeit.
Novembertage live: die Fernsehbilder
Die Berliner Mauer war Teil des Eisernen Vorhangs in Europa und Symbol des Kalten Krieges. Mit ihrem Fall und der Öffnung der innerdeutschen Grenze stellte sich auch die Frage nach dem Fortbestand der von den Alliierten des Zweiten Weltkriegs errichteten Nachkriegsordnung.
Wie erlebten die Fernsehkorrespondent*innen aus jenen Ländern, aus Großbritannien, Frankreich, aus der Sowjetunion und den USA, die dramatischen Tage im November 1989 in Berlin? Wie und was berichteten sie in ihre Heimatländer? War gerade ihnen in diesem Augenblick die historische Tragweite der Ereignisse eher bewusst als den sich überglücklich in den Armen liegenden Deutschen aus Ost und West an den Berliner Grenzübergängen?
Der bekannte deutsche Journalist und Nachrichtenmoderator Ulrich Wickert präsentiert in diesem Raum die Berichterstattung seiner renommierten Kollegen Tom Brokaw (NBC), Brian Hanrahan (BBC), Philippe Rochot (Antenne 2) und Wjateschlaw Mostowoi (NTW) aus den Novembertagen 1989. Trotz des großen gemeinsamen Leitmotivs unterscheiden sich diese Bilder, Interviews und Kommentare auf bemerkenswerte Weise sowohl voneinander wie auch von der Berichterstattung des deutschen Fernsehens in West und Ost.
Beobachtungen: Dokumentarfilme
Die Medieninstallation zum Dokumentarfilm folgt der Chronologie der Ereignisse. Sie beginnt im Mai 1989 um die Zeit der Kommunalwahlen in der DDR und endet im Herbst 1990 mit der staatlichen Einheit Deutschlands. Gezeigt werden auf zwei miteinander korrespondierenden Leinwänden Aussagen von Ost- und Westbürger*innen zu ihrer Arbeits- und Lebenssituation, Landschaftsbilder, Bilder des sich formierenden Protestes, Massendemonstrationen und Beobachtungen an der geöffneten Grenze.
1989/90 an ganz unterschiedlichen öffentlichen und privaten Orten entstanden, bieten die Filme unmittelbar und »authentisch« wirkendes Bildmaterial, das die Privatfotos, Privatfilme und Fernsehbilder der Ausstellung ergänzt. Die für den Bereich Dokumentarfilm ausgewählten und zu einer Medieninstallation kompilierten Sequenzen liefern eine subjektive Zusammenschau der unterschiedlichsten Filme mit ihrem häufig bewusst nachdenklichen und um Entschleunigung bemühten Blick auf die DDR und die Bundesrepublik in den Jahren 1989/1990. In Interviews, die eigens anlässlich der Ausstellung geführt wurden, reflektieren Filmschaffende ihre damalige und heutige Sicht auf die friedliche Revolution in der DDR.
Pressereaktionen und Partner
Pressereaktionen
Berliner Morgenpost, 30. April 2009
Revolution einmal ganz privat
Von Sven-Felix Kellerhoff
(…) Im Mittelpunkt der Schau stehen eindeutig die Privataufnahmen. Doch Rother hätte seinen Auftrag verfehlt, wenn er diese erstmals erschlossenen Bilder nicht in den Kontext professioneller Bildberichterstattung stellen würde. (…) Alle drei Sichtweisen zusammen lassen den Besucher in einer Art Zeitreise die vergangenen zwei Jahrzehnte überspringen. Die Schau vermittelt auf eine eindringliche Weise die Emotionen jener Monate rund um dem Fall der Mauer, bei denen allen, die dabei gewesen sind, eigentlich immer noch vor allem ein Wort einfällt: »Wahnsinn«. (...)
Die Tageszeitung, Berlin, 4. Mai 2009
Trotz allem ein ähnliches Lebensgefühl. Ost-West-Aufnahmen
Von Detlef Kuhlbrodt
(…) Angenehm an der Loriot-Nachfolge-Ausstellung ist, dass sie eher zurückhaltend dokumentiert. (…)
Sehr schön sind auch die Wendeerlebnisberichte, die die Besucher in ein dafür vorgesehenes Buch geschrieben haben: „Ich habe Herrn Schabowski im Fernsehen gesehen, die Kunde vernommen und bin in’s Bett gegangen. Ich ahnte, es wird furchtbar.“ (...)
Neues Deutschland, Berlin, 4. Mai 2009
Weltgeschichte aus privater Sicht
Von Anouk Meyer
(…) Im Jubiläumsjahr 2009 bilden die Privatfotos und -filme gegenüber den üblichen Aufnahmen eine erfrischende Abwechslung. (…) Die meisten Privataufnahmen, Beweise des »Dabeigewesen-Seins« ihrer Urheber und aufbewahrt für Kinder und Enkel, vermitteln die Stimmung jener Zeit: keine Dokumentation, sondern Erinnerung. (…) Nach den Privatfotos erinnert man sich, vergleicht mit Erfahrungen. Schade für den Rest, der auch Interessantes bietet: Wie Briten, Amerikaner, Russen und Franzosen den Mauerfall im Fernsehen erlebten und was Korrespondenten empfanden, zeigen Monitore in Raum 2, Ausschnitte aus ost- und westdeutschen Dokumentarfilmen in Raum 3. (...)
Der Tagesspiegel, Berlin, 4. Mai 2009
Wir waren das Volk. Die Deutsche Kinemathek präsentiert Privataufnahmen aus dem Herbst 1989
Von Kerstin Decker
(…) Dass die schönen 1.-Mai-Fotos mit dem ein letztes Mal lachenden Erich Honecker nicht von der Welt ungesehen in Murrays Familien-Album in Massachusetts verschwunden sind, verdanken wir der Deutschen Kinemathek und ihrer Sonderausstellung „Wir waren so frei …“. (…) Die Ausstellung findet interessant, was Menschen damals interessant fanden. Recht hat sie. Irgendwann im Laufe des Jahres '89 merkten die meisten, dass jeden Tag etwas passieren konnte, was tags zuvor noch keiner für möglich gehalten hätte. (…) Heute, wo jeder dank seiner Handykamera in jedem Augenblick sein potentieller Chronist ist, wäre eine solche Ausstellung nicht mehr möglich. Aber auch alle Bilder von damals kann man nicht zeigen, nicht mal die eingesandten 6.000 Fotos. Darum ist der Ausstellung gleich noch ein hochkomfortables Internetarchiv angeschlossen. (...)
Südthüringer Zeitung, 8. Mai 2009
Eine Wende vor der Linse. Die Ausstellung »Wir waren so frei« zeigt die Schnappschüsse der Revolution
Von Frank Hommel
(…) Fotos vor allem, aber auch Film- und Tondokumente. Gleichsam die Schnappschüsse einer Revolution. Ihren Anteil an dieser Sammlung und der dazugehörigen Dokumentation im Internet haben auch Südthüringer, die so ihre Wendegeschichte erzählen. (…) Wer all die Fotos betrachtet, fühlt die gewaltige Bewegung jener Zeit. (...)
Märkische Allgemeine, Potsdam, 11. Mai 2009
Das Schild aus der Zukunft
Von Karen Grunow
(…) Diese Aufnahmen haben nicht den pathetischen Sog der allbekannten Fernsehbilder. Diese Fotos gehen dem Betrachter nahe, weil sie soviel mit einem selbst zu tun haben können. Und dabei so vieles entdecken und wiederentdecken lassen, was vielleicht schon vergessen war. (...)
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. Mai 2009
Das Volk als Filmamateur
Von Regina Mönch
(…) Sie erzählt das historische Ereignis nicht als sinnstiftenden Mythos, sondern als unverhofft passierte Geschichte, die jede Stadt, jedes Dorf erfasste und deren Ausgang damals niemand kannte und auch nicht interessierte. (…) Es sind private Erinnerungen, die auch als solche codiert werden. Wer über die Bilder nicht die Folie eigener, ähnlicher Erinnerungen legen kann, wird ihre Bedeutung nicht selten nur begreifen, wenn er aus den Begleittexten die Beweggründe erfährt, warum gerade dieses Bild aufbewahrt wurde. (...)
Partner
Das Projekt entsteht in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und wird vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Partner:
„20 Jahre Mauerfall"
„Freiheit, Einheit, Demokratie"
Medienpartner:
Berliner Morgenpost
Berliner Fenster
An anderen Orten
Die Ausstellung „Wir waren so frei… Momentaufnahmen 1989/1990“ war in 36 Goethe Instituten und sieben weiteren Stationen rund um den Globus zu sehen, u.a. in: Alexandria, Boston, Colombo, Dublin, London, Paris, Rom, Singapur, Stockholm, Thessaloniki, Taipei, Tunis, Wellington.