Young at Heart – Coming of Age at the Movies
International renommierte Filmemacher*innen haben ihren persönlichen »Coming–of-Age«-Favoriten für die diesjährige Retrospektive ausgewählt.
Retrospektive der 73. Internationalen Filmfestspiele Berlin
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James Dean sagte in seiner Rolle als Jim Stark in ›Rebel Without a Cause‹: »If I had one day, when I didn’t have to be all confused, and didn’t have to feel that I was ashamed of everything... If I felt that I belonged someplace, you know, then... «. Seine Worte sind heute genauso aktuell wie sie es 1955 waren, als Nicholas Rays Film erschien. Mit diesem Film legte er den Grundstein des Coming-of-Age-Genres. Seitdem haben sich Filmemacher*innen immer wieder jugendlicher Lebenswelten angenommen und ihnen filmisch Ausdruck verliehen. Dabei decken sie sämtliche Genres ab, vom Drama über die Komödie bis zum Horrorfilm. Zentral sind stets die Fragen: Wer bin ich? Wer möchte ich sein? Wer kann ich sein?
Die Retrospektive beschreitet erstmalig neue Wege, indem sie renommierte Filmschaffende aus den Bereichen Regie, Schauspiel und Drehbuch dazu einlädt, das Programm der Sektion zu gestalten. Circa 30 Filmschaffende haben ihren persönlichen Filmfavoriten zum Thema »Coming–of-Age« für das Programm der Retrospektive auswählen. Die folgenden Regisseur*innen, Drehbuchautor*innen und Schauspieler*innen haben diese außergewöhnliche Filmreihe mitgestaltet:
Maren Ade, Pedro Almodóvar, Wes Anderson, Juliette Binoche, Lav Diaz, Alice Diop, Ava DuVernay, Nora Fingscheidt, Kateryna Gornostai, Luca Guadagnino, Ryūsuke Hamaguchi, Ethan Hawke, Karoline Herfurth, Niki Karimi, Nadine Labaki, Nadav Lapid, Sergei Loznitsa, Mohammad Rasoulof, Céline Sciamma, Martin Scorsese, Aparna Sen, M. Night Shyamalan, Carla Simón, Abderrahmane Sissako, Kristen Stewart, Tilda Swinton, Wim Wenders, Jasmila Žbanić.
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Die Filme der Retrospektive
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À nos amours
(›Auf das, was wir lieben‹), F 1983, Regie: Maurice Pialat
Ausgewählt von Alice Diop
Eine 16-Jährige sieht im Sex eine Möglichkeit, ihrem dysfunktionalen Familienleben zu entfliehen. Eine zum Teil improvisierte Charakterstudie einer jungen Pariser Rebellin und das mehrfach ausgezeichnete Leinwanddebüt von Sandrine Bonnaire.
Mit Sandrine Bonnaire, Evelyne Ker, Dominique Besnehard, Maurice Pialat -
Aparajito
(›Der Unbesiegbare‹), IN 1956, Regie: Satyajit Ray
Ausgewählt von Aparna Sen
Ein Junge aus Bengalen wechselt von der Dorfschule auf ein College in Kolkata, wo sich ihm eine neue Welt auftut. Ein individueller »Bildungsroman«, inspiriert vom italienischen Neorealismus, in dem sich Indiens Weg zur Unabhängigkeit widerspiegelt.
Mit Pinaki Sen Gupta, Smaran Ghosal, Kanu Bannerjee und Karuna Bannerjee -
De bruit et de fureur
(›Lärm und Wut‹), F 1988, Regie: Jean-Claude Brisseau
Ausgewählt von Nadav Lapid
Ein sensibler Teenager sucht sich in der Pariser Banlieue zwischen Bandenkriegen und einer kriminellen Familien-Bande zu behaupten. Eine Sozialgroteske, in der poetische Überhöhungen und surreale Gewaltszenen das jugendliche Empfinden nachzeichnen.
Mit Bruno Cremer, François Négret, Vincent Gasperitsch und Fabienne Babe -
El espíritu de la colmena
(›Der Geist des Bienenstocks‹), ES 1973, Regie: Víctor Erice
Ausgewählt von Carla Simón
Nach einem Kinobesuch entwickelt ein Mädchen eine unheimliche Faszination für das Monster des Horror-Klassikers ›Frankenstein‹. Ein vieldeutiger Film über Kindheitsängste, in dem sich Wirklichkeit und Imagination auf der Leinwand meisterhaft durchdringen.
Mit Fernando Fernán Gómez, Teresa Gimpera, Ana Torrent und Isabel Tellería -
Ferris Bueller’s Day Off
(›Ferris macht blau‹), USA 1986, Regie: John Hughes
Ausgewählt von Nadine Labaki
Einem notorischen Schulschwänzer versucht der Direktor vergeblich das Handwerk zu legen. Mit ihren generationsspezifischen Anspielungen setzte die Highschool-Komödie von John Hughes Maßstäbe für das Genre und machte Matthew Broderick zur juvenilen Ikone.
Mit Matthew Broderick, Alan Ruck, Mia Sara und Jeffrey Jones -
Gražuolė
UdSSR/LTU 1969, Regie: Arūnas Žebriūnas
Ausgewählt von Sergei Loznitsa
Eine Sechsjährige ist gewohnt, angehimmelt zu werden. Sie gerät in eine Sinnkrise, als ein neu zugezogener Junge ihr die Bewunderung versagt. Das einfühlsame Porträt einer Heranwachsenden, das kindliche Nöte nicht verniedlicht, sondern ernst nimmt.
Mit Inga Mickytė, Lilija Žadeikytė, Sergejus Martinsonas und Arvydas Samukas -
Groundhog Day
(›Und täglich grüßt das Murmeltier‹), USA 1993, Regie: Harold Ramis
Ausgewählt von Nora Fingscheidt
Ein stets missgelaunter Fernseh-Meteorologe gerät in eine Zeitschleife, die ihn in einer Kleinstadt gefangen hält. Seine innere Wandlung, die ihn die Sympathien der Bürger und die Liebe seiner Aufnahmeleiterin gewinnen lässt, ist rührend wie amüsant.
Mit Bill Murray, Andie MacDowell, Chris Elliott und Stephen Tobolowsky -
Jeder für sich und Gott gegen alle
BRD 1974, Regie: Werner Herzog
Ausgewählt von Mohammad Rasoulof
Lebensdrama des jungen Findlings Kaspar Hauser, der sich um 1830 biedermeierlichen Einordnungsversuchen widersetzt. In Werner Herzogs Version fand der romantisierte Außenseiter mit dem Laienschauspieler Bruno S. einen faszinierenden Darsteller.
Mit Bruno S., Walter Ladengast, Brigitte Mira und Hans Musäus -
Khane-ye doust kojast
(›Wo ist das Haus meines Freundes?‹), IR 1987, Regie: Abbas Kiarostami
Ausgewählt von Niki Karimi
Damit sein bester Freund nicht von der Schule fliegt, muss Ahmed, 8, ihm unbedingt sein Schulheft bringen. Doch immer wieder hindern ihn Erwachsene daran oder führen ihn in die Irre. Ihre Ignoranz stellt der iranische Kinderfilm unerbittlich bloß.
Mit Babek Ahmed Poor, Ahmed Ahmed Poor, Kheda Barech Defaei und Iran Outari -
Kiseye Berendj
(›Ein Sack Reis‹), IR/J 1996, Regie: Mohammad-Ali Talebi
Ausgewählt von Tilda Swinton
Beim Kauf eines Sackes Reis in der Millionenmetropole Teheran haben ein vierjähriges Mädchen und eine alte Frau mancherlei Hindernisse zu überwinden. Ein filmisch reduziertes, aber beglückendes Kinoerlebnis mit eindringlichen Laiendarstellern.
Mit Masume Eskandari, Jairan Abadzade, Shirin Bina und Hossain Kalantar -
The Last Picture Show
(›Die letzte Vorstellung‹), USA 1971, Regie: Peter Bogdanovich
Ausgewählt von M. Night Shyamalan
Zwei Freunde in einer texanischen Kleinstadt kämpfen Anfang der 50er-Jahre mit den Herausforderungen des Erwachsenwerdens. Als das örtliche Kino schließt, müssen sie Abschied von ihrer Jugend nehmen. Ein schmerzlich-schöner Klassiker des »New Hollywood«.
Mit Timothy Bottoms, Jeff Bridges, Cybill Shepherd, Ben Johnson -
Little Fugitive
(›Der kleine Ausreißer‹), USA 1953, Regie: Ray Ashley, Morris Engel, Ruth Orkin
Ausgewählt von Wes Anderson
Ein kleiner Ausreißer stromert durch den Vergnügungspark von Coney Island und über dessen Strand. Aus seiner Perspektive gefilmt, verdichten sich die Alltagsbeobachtungen zu einem Meisterwerk des Freiluftfilmens, das die Nouvelle Vague stark beeinflusste.
Mit Richard Brewster, Winnifred Cushing, Jay Williams und Will Lee -
Maynila: Sa mga kuko ng liwanag
(›Manila‹), PHL 1975, Regie: Lino Brocka
Ausgewählt von Lav Diaz
Auf der Suche nach seiner in der Millionenstadt verschollenen Freundin erfährt ein junger Fischer Ausgrenzung und Unterdrückung. Doch erlebt er auch Solidarität unter den Ärmsten der Armen. Ein Maßstäbe setzendes Sozialmelodram aus dem Globalen Süden.
Mit Hilda Koronel, Rafael Roco, Jr., Lou Salvador, Jr. und Tommy Abuel -
Muriel’s Wedding
(›Muriels Hochzeit‹), AUS/F 1994, Regie: P. J. Hogan
Ausgewählt von Karoline Herfurth
Muriel Heslop sehnt sich nach einem Märchenprinzen. Wie die übergewichtige 22-Jährige ihren Weg aus prekären Familienverhältnissen zu Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit findet, erzählt die romantische Komödie mit viel Ironie und zahllosen ABBA-Songs.
Mit Toni Collette, Bill Hunter, Rachel Griffiths und Sophie Lee -
Not a Pretty Picture
USA 1976, Regie: Martha Coolidge
Ausgewählt von Céline Sciamma
Die filmische Rekonstruktion einer Vergewaltigung, die die Regisseurin in ihrer Highschool-Zeit selbst erlitt. Nachgestellte Szenen und Gespräche mit den jugendlichen Darsteller*innen reflektieren den Verlauf und die lebensverändernden Folgen der Tat.
Mit Michele Manenti, Jim Carrington, Anne Mundstuk und Martha Coolidge -
Now and Then
(›Now and Then – Damals und heute‹), USA 1995, Regie: Lesli Linka Glatter
Ausgewählt von Kristen Stewart
Vier im Leben erfolgreiche Frauen erinnern sich an den Sommer 1970, in dem sie sich als Zwölfjährige ewige Freundschaft schworen. Eine nostalgische Zeitreise, bei der Newcomer wie Christina Ricci auf Stars wie Melanie Griffith und Demi Moore treffen.
Mit Christina Ricci, Rosie O’Donnell, Thora Birch and Melanie Griffith -
Prima della rivoluzione
(›Vor der Revolution‹), I 1964, Regie: Bernardo Bertolucci
Ausgewählt von Martin Scorsese
Parma 1962. Ein junger Mann aus gutem Hause flirtet mit dem Marxismus und schläft mit seiner Tante. Ein essayistisch-experimenteller Spielfilm mit intensiven Dialogen und stimmungsvollen Schwarzweißbildern, der die Gefühlswelt vor »1968« reflektiert.
Mit Adriana Asti, Francesco Barilli, Allen Midgette und Morando Morandini -
Rebel Without a Cause
(›… denn sie wissen nicht, was sie tun‹), USA 1955, Regie: Nicholas Ray
Ausgewählt von Wim Wenders
Ein 17-Jähriger aus Los Angeles, der mit seinen Eltern hadert und mit einer Halbstarken-Clique im Clinch liegt, sucht seinen Weg ins Leben. Dabei hilft ihm die Liebe. Der Film machte James Dean unsterblich und inspirierte zahllose Teenager-Filme weltweit.
Mit James Dean, Natalie Wood, Sal Mineo und Jim Backus -
Rue Cases-Nègres
F, 1983, Regie: Euzhan Palcy
Ausgewählt von Ava DuVernay
Das entbehrungsreiche Leben der Schwarzen Bevölkerung Martiniques in der Kolonialzeit wird aus der Perspektive eines Heranwachsenden geschildert. Die Romanverfilmung der aus Martinique stammenden Regisseurin wurde mehrfach ausgezeichnet.
Mit Garry Cadenat, Darling Légitimus, Douta Seck und Joby Bernabé -
Rumble Fish
USA 1983, Regie: Francis Ford Coppola
Ausgewählt von Ethan Hawke
Während jugendlicher Bandenkämpfe in der US-Stadt Tulsa finden zwei ungleiche Brüder erneut zueinander. Ein Update des Genres »Teenager-Film« mit Pop-Appeal und einer Riege Nachwuchsstars, gedreht in schwarzweißem Retro-Look.
Mit Matt Dillon, Mickey Rourke, Vincent Spano und Diane Lane -
Sans toit ni loi
(›Vogelfrei‹), F 1985, Regie: Agnès Varda
Ausgewählt von Maren Ade
Nach dem Erfrierungstod einer jungen Landstreicherin erinnern sich Zufallsbekannte an die Begegnungen mit ihr. Angeregt von Orson Welles’ ›Citizen Kane‹, zeichnet Agnès Varda das fiktiv-dokumentarische Porträt einer Jugendlichen am Rand der Gesellschaft.
Mit Sandrine Bonnaire, Macha Méril, Stéphane Freiss und Yolande Moreau -
Sedmikrásky
(›Tausendschönchen‹), Tschechoslowakei 1966, Regie: Věra Chytilová
Ausgewählt von Jasmila Žbanić
Zwei Freundinnen nehmen ältere Herren aus. Ein experimenteller, zeitweise verbotener Spielfilm der tschechoslowakischen Neuen Welle, der mit der weiblichen Revolte in einer überbordenden Collage auch die visuelle Vielfalt des Kinos zelebriert.
Mit Ivana Karbanová, Jitka Cerhová, Marie Češková und Jiřina Myšková -
Seishun zankoku monogatari
(›Nackte Jugend‹), J 1960, Regie: Nagisa Ōshima
Ausgewählt von Luca Guadagnino
Die Geschichte einer fatalen Amour fou zwischen zwei jungen verzweifelten Außenseitern zu Zeiten der Studentenproteste in Tokio, 1960. Das grelle und gewaltgeladene Pop-Melodram war das Aufbruchssignal für eine »Neue Welle« im japanischen Kino.
Mit Yūsuke Kawazu, Miyuki Kuwano, Yoshiko Kuga und Jun Hamamura -
Splendor in the Grass
(›Fieber im Blut‹), USA 1961, Regie: Elia Kazan
Ausgewählt von Pedro Almodóvar
Kansas 1928. Eine Jugendliebe zerbricht an Klassenschranken und am puritanischen Moralkodex. Dieses Schlüsselwerk zur »teen angst« besticht durch die emotionale Authentizität der »Youngsters« Natalie Wood und Warren Beatty.
Mit Natalie Wood, Warren Beatty, Pat Hingle und Audrey Christie -
Taifū kurabu
J 1985, Regie: Shinji Sōmai
Ausgewählt von Ryūsuke Hamaguchi
Während ein Taifun über eine Oberschule bei Tokio hinwegzieht, spielt sich in ihrem Inneren eine Schülertragödie ab. In sich zuspitzenden Episoden schildert das Highschool-Drama erotische Erlebnisse und emotionale Begegnungen innerhalb der Schülerschaft.
Mit Yuichi Mikami, Yūki Kudō, Tomokazu Miura und Toshiyuki Matsunaga -
Touki Bouki
SEN 1973, Regie: Djibril Diop Mambéty
Ausgewählt von Abderrahmane Sissako
Ein junges Paar in Dakar träumt davon, nach Paris zu gelangen. Mit abenteuerlichen Anstrengungen versuchen sie, das nötige Geld aufzutreiben. Modernes, postkoloniales Kino aus dem Senegal, das fantasievoll die mentale Abhängigkeit von Europa karikiert.
Mit Magaye Niang, Mareme Niang, Christophe Colomb und Moustapha Toure -
Trois couleurs: Bleu
(›Drei Farben: Blau‹), F/PL/CH 1993, Regie: Krzysztof Kieślowski
Ausgewählt von Juliette Binoche
Eine junge Frau sucht nach dem Unfalltod von Ehemann und Tochter Trost in der Pariser Anonymität, ehe sie sich ihrer Lebensverantwortung stellt. Eindringliches Drama mit der für ihre sensible Darstellung preisgekrönten Juliette Binoche in der Hauptrolle.
Mit Juliette Binoche, Benoît Régent, Florence Pernel und Charlotte Véry -
The Virgin Suicides
USA 1999, Regie: Sofia Coppola
Ausgewählt von Kateryna Gornostai
Melancholische Reminiszenz an fünf Teenager-Schwestern, die in den 1970er-Jahren Suizid begehen, weil sie keinen anderen Ausweg aus dem strengen Regiment der Eltern sehen. Ein filmisch bezauberndes »Frühlingserwachen«, das in eine Tragödie mündet.
Mit James Woods, Kathleen Turner, Kirsten Dunst und Josh Hartnett
Das Team der Retrospektive
Leiter der Retrospektive, Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek: Rainer Rother
Auswahlkommission Retrospektive: Rainer Rother, Annika Haupts
Programmkoordination: Annika Haupts
Festivalkoordination: Anke Hartwig
Festivalmanagement: Christin Meyer
Presse: Silke Lehmann
Autor: Jörg Schöning
Redaktion: Julian Born
Übersetzung: Rebecca M. Stuart
Kopienkoordination: Steffen Vogt
Kopienkontrolle: Olaf Saeger
Koordination Untertitelung: Noémie Causse
Kinobetreuung: Sophie Aimée Hartleib, Anna Kokenge, Moritz Maul, Paula Ziegler