Zwischen Film und Kunst – Storyboards von Hitchcock bis Spielberg
11.8. – 27.11.11
Das Storyboard ist ein filmisches Arbeitsmittel, das zwischen künstlerischem Entwurf und technischer Zeichnung angesiedelt ist. Ähnlich wie in einem Comicstrip stellt das Storyboard die Abläufe vor der Kamera wie auch Kamerabewegungen in Form von gezeichneten Einzelbildern dar. Auf diese Weise ermöglicht es die Überprüfung und dramaturgische Überarbeitung des Erzählverlaufs einer Filmhandlung.
Ein Storyboard vermittelt Einblicke in die künstlerische Konzeption eines Films, zugleich entfaltet es einen eigenständigen ästhetischen Reiz. Das Spektrum der Techniken, mit denen die ausgestellten Storyboards realisiert wurden, reicht von zarten, monochromen Arbeiten in Grafit und Tusche bis hin zu farbgewaltigen Ausführungen in Bunt- oder Filzstift, Kreide und Aquarell. Als Kunstform steht das Storyboard der klassischen Handzeichnung mit ihrer jahrhundertealten Tradition nahe, allerdings ist es im musealen Kontext bisher nahezu unentdeckt geblieben.
Der Begriff »Storyboard« ist vermutlich eine Wortschöpfung aus den Walt Disney Studios, in denen die Einzelzeichnungen tatsächlich an ein »Board« – eine Korktafel – gepinnt wurden. In Hollywood wurden Storyboards verstärkt ab dem Ende der 1930er Jahre eingesetzt, als die Filmproduktionen aufwendiger und kostspieliger wurden. Die Namen der Illustrator*innen sind heute oftmals unbekannt.
In der Ausstellung werden den Storyboard-Zeichnungen jeweils die Filmsequenzen gegenübergestellt, auf die sie sich beziehen, sowie auch Werke international bekannnter bildender Künstler*innen, die in ihrer Ästhetik oder Konzeption jeweils mit ihnen in Verbindung stehen. In dieser Zusammenschau wird deutlich, wie sehr sich die Bildsprachen von Kunst und Film wechselseitig inspirieren und beeinflussen.
Das Storyboard in Deutschland
Die ersten Storyboards entstanden in den 1920er-Jahren, als Regisseur*innen, Filmarchitekt*innen, Kameramänner und -frauen begannen, zur Vorbereitung von Dreharbeiten filmische Bewegungsabläufe zu skizzieren. Eines der frühesten Storyboards der Filmgeschichte entstand in Deutschland: Fritz Maurischat entwickelte gemeinsam mit dem Regisseur Frank Wisbar für Im Bann des Eulenspiegels (D 1932) den sogenannten »Papierfilm«. Auf einen 75 Meter langen Papierstreifen montierte er 296 Zeichnungen, neben denen in separaten Spalten Dialoge, Regieanmerkungen sowie Hinweise zu den Kameraeinstellungen und zur Musik festgehalten wurden. Auf diese Weise konnte der damals noch unerfahrene Regisseur das Filmemachen kostensparend auf dem Papier proben.
Wenige Jahre später arbeitete der Filmarchitekt Robert Herlth bei der Produktion von Der Herrscher (D 1937) mit einem ähnlichen Hilfsmittel: Er ordnete eine Fülle von Zeichnungen untereinander auf großformatigen Pappen an und versah sie jeweils mit Drehbuchauszügen und Dialogen. Bei der DEFA wurde diese Technik ab den späten 1940er-Jahren erneut aufgegriffen. Seit den 1960er-Jahren nutzte insbesondere der Szenograf Alfred Hirschmeier verstärkt sogenannte »optische Drehbücher«, in denen er auch Kameraperspektiven und Regieanmerkungen festhielt. Auch heute noch benutzen Filmschaffende wie Wim Wenders, Chris Kraus oder Tom Tykwer das Storyboard zur Vorbereitung, häufig in einer Kombination aus Handzeichnungen und Computertechnik.
Impressum
Pressereaktionen
Monopol, Ausgabe 08/2011
Testfahrt für den Taxi Driver
Von Jens Hinrichsen
In Storyboards skizzieren Filmemacher ihre Visionen. Eine Ausstellung zeigt, wie stark diese Zeichnungen von Kunst inspiriert sind – und ihrerseits die Kunst beeinflussen (…) Mal mehr, mal weniger ausführlich legen Storyboards, auch »optische Drehbücher« genannt, Bildausschnitte und Perspektiven fest, sie skizzieren Schauspielerpositionen und Kostüme, enthalten handgeschriebene Regieanweisungen, vermitteln ein Gefühl für Kamerafahrten wie Montagerhythmen. (…) Erstmals in dieser Breite sind in der Ausstellung Einblicke in die Entwurfsstadien von Filmen wie Spartacus, Der Schakal oder Jäger des verlorenen Schatzes möglich. Überraschungen inklusive: Wie eng sich nämlich George Lucas in seinem Star Wars-Zyklus an der japanischen Bildkultur bis hin zu Mangas orientierte, begreift man erst, wenn man die Storyboards sieht: Ursprünglich wollte Lucas die Rolle des Obi-Wan Kenobi – die schließlich Alec Guinness spielte – sogar mit dem berühmten Japaner Toshiro Mifune besetzen. Erhellend auch die Gegenüberstellungen der Star Wars-Zeichnungen mit Zweikampfskizzen von Hokusai: Lanze trifft Laserschwert. (…)
Tip Berlin, 9. August 2011
Storyboards von Hitchcock bis Spielberg
Von Robert Weixlbaumer
Die Zeichner von Storyboards führen ein Schattendasein. Ihr Name taucht nicht im Vorspann, sondern allenfalls im Abspann von Filmen auf. Dabei tragen sie oft maßgeblich zu deren Gestaltung bei: Ihre Entwürfe sind die erste visuelle Interpretation des Drehbuches, sie vermitteln eine frühe ästhetische Vorstellung davon, wie es umgesetzt werden soll. Ihre Bilderfolgen ahnen die Auflösung, Dramaturgie und Atmosphäre der Szenen voraus. Sie besitzen den großen, verführerischen Vorzug der Anschaulichkeit. Es überrascht also, dass die große Storyboard-Ausstellung der Deutschen Kinemathek erst die zweite zu diesem Thema ist. Sie ist eine Schatztruhe der Schauwerte. Mutig stellt sie den konzeptionellen Entwürfen Beispiele aus der modernen bildenden Kunst gegenüber – so werden zum Beispiel Motive von Arthur Max für Panic Room mit Lucio Fontana in Verbindung gebracht. Die Ausstellung tritt den Beweis an, dass die Zeichner nicht nur Auftragskünstler, sondern auch Weltenschöpfer sind.
RBB Kulturradio, 10. August 2011
Zwischen Film und Kunst. Storyboards von Hitchcock bis Spielberg
Von Anke Sterneborg
Storyboards sind eine Kunstform, die im Verborgenen blüht, ein Bindeglied zwischen geschriebenem Wort und bewegtem Bild. Wenn der Film erst abgedreht ist, geraten sie in der Regel in Vergessenheit. Das Berliner Museum für Film und Fernsehen am Potsdamer Platz präsentiert eine Ausstellung, die diese Kunst aus dunklen Archiven und Studiolagerhallen ins Licht holt. Entstanden ist die spektakuläre, sich über zwei Stockwerke erstreckende Schau. (…) Die Kuratoren Katharina Henkel, Kristina Jaspers und Peter Mänz konnten mit einem Konzept, das die Storyboards aus ihrem funktionalen Kontext in der Filmproduktion herauslöst und als Kunstform würdigt, auch zurückhaltende Leihgeber aus amerikanischen Archiven und Studios überzeugen. Auf diese Weise können viele dieser an Comic Strips und Graphic Novels erinnernden Bilderfolgen zum ersten Mal öffentlich gezeigt werden. (…)
Kunst-Magazin,10. August 2011
Zwischen Film und Kunst: Storyboards
Von Julia Schmitz
Seit dem Aufkommen des Mediums Films gibt es Storyboards, die als Vorstufe der Dreharbeiten gezeichneten Filmsequenzen. Die Deutsche Kinemathek Berlin untersucht mit der Ausstellung »Zwischen Film und Kunst. Storyboards von Hitchcock bis Spielberg«, inwiefern Künstler sich von diesen an Comic erinnernden Bildern beeinflussen lassen und wieviel Kunst wiederum in den Storyboards steckt. (…) Betrachtet man zum Beispiel die nicht immer jugendfreien Zeichnungen für den Film Der Mann, der die Frauen liebte aus dem Jahr 1977, fällt der Blick als nächstes auf ein Gemälde des Pop-Art-Künstlers Tom Wesselmann, welches das intensive Technicolor des Truffaut’schen Klassikers aufgreift. Neben den Zeichnungen zu Apocalypse Now hängen drei Holzschnitte von Georg Baselitz, Paul McCarthys tanzende Zwerge werden den Disney-Figuren gegenüber gestellt. Natürlich dürfen auch die großen Klassiker nicht fehlen: Die Storyboards von Disneys Schneewittchen und Vom Winde verweht konnten die Kuratoren ebenso ausleihen wie die an klassische Comics erinnernden Bilder zu Die Vögel und Taxi Driver. (…)
Der Standard / APA, 10. August 2011
Große Ausstellung zu Film-Storyboards
Von Elke Vogel
(...) Der Begriff Storyboard entstand vermutlich in den amerikanischen Walt Disney Studios. Dort wurden die einzelnen Zeichnungen zum Beispiel für den 1937 entstandenen, ersten abendfüllenden Animationsfilm Schneewittchen und die sieben Zwerge an ein Bord – eine Korktafel – gepinnt. So konnten die Szenen und Bewegungsabläufe der Figuren immer wieder neu zusammengefügt werden, bevor der teure Dreh begann. In Berlin sind nicht nur Disney-Storyboards zu sehen, die die Zwerge Doc und Dopey bei ihrer Arbeit im Bergwerk zeigen, sondern auch Mickey Mouse als Zauberlehrling in Fantasia aus dem Jahr 1940. Im Storyboard zu Hitchcocks Die Vögel ist genau dokumentiert, in welchem Winkel Schauspielerin Tippi Hedren im Film später den Kopf drehen wird, so dass ihr entsetzter Blick direkt auf die sich auf einem Klettergerüst zusammenrottenden schwarzen Vögel fällt. Ein eigenes Kunstwerk sind die Bildfolgen zu Vom Winde verweht, auf denen Vivien Leigh als Scarlett O'Hara allerdings völlig anders aussieht als im Film. Neben den Storyboards können sich die Museumsbesucher jeweils die Originalfilmszenen ansehen und vergleichen.
Der Tagesspiegel, 11. August 2011
Die Vorbilder
Von Frank Noack
(…) Das Plakat zeigt ein Dutzend Hubschrauber, die dazugehörige Sequenz aus Apocalypse Now (1979) sieht man gleich beim Betreten des Museums, auf dem rechten von zwei Flachbildschirmen. Der linke zeigt das vorher angefertigte Storyboard, die handgezeichnete Übersetzung des Drehbuchs. Piloten kosten mehr als gewöhnliche Komparsen, ihre Auftritte muss man berechnen, und das heißt: zeichnen. Mit Hilfe von Storyboards lässt sich das Budget eines Films frühzeitig einschätzen, ohne sie hätte George Lucas niemals seinen Star Wars (1977) finanziert bekommen. (…)
Berühmt werden kann man als Storyboarder kaum. Den Applaus kassieren die Regisseure und Kameramänner. Saul Bass, der den Mord unter der Dusche in Alfred Hitchcocks Psycho (1960) und die Angriffe der Vögel (1963) konzipierte, verdankt seinen hohen Bekanntheitsgrad seinen stilisierten Vorspannsequenzen, nicht den Storyboards. Ganz selten kommt es vor, dass ein Regisseur selbst den Stift in die Hand nimmt. Martin Scorsese ist solch ein Ausnahmetalent, und seine mit Bleistift und rotem Filzstift vorbereitete Schießerei in Taxi Driver (1976) gehört zu den Höhepunkten der Ausstellung (…).
Berliner Morgenpost, 11. August 2011
Bevor die Bilder laufen lernen
Von Ekkehard Kern
Ein Warhol an der Wand – und direkt daneben flimmert der Liz-Taylor-Film Wer hat Angst vor Virginia Woolf?: Die Schau »Zwischen Film und Kunst. Storyboards von Hitchcock bis Spielberg«, die ab heute im Filmmuseum der Deutschen Kinemathek zu sehen ist, ist zweierlei. Zum einen eine Ausstellung zum Thema Storyboards, also Zeichnungen, die filmische Bewegungen lange vor Drehbeginn visualisieren sollen. Gleichzeitig werden die oft Comicstrips ähnelnden Handskizzen in assoziative Beziehung zu Werken anderer Kunstrichtungen gesetzt – wie zum Beispiel der zeitgenössischen Malerei. (…) Dass auch heute noch viele Filmemacher auf das händische Zeichnen schwören, führen Exponate im »Werkstattraum« am Ende der Ausstellung vor Augen: Ein besonders schönes zeigt eine Sequenz aus Die Blechtrommel. Regisseur Schlöndorff kritzelte sie auf einen Papierblock mit dem Emblem des Berliner Hotels Schweizerhof.
Vogue Kulturblog, 11. August 2011
Filmkunst auf Papier: Storyboards von Hitchcock bis Spielberg in Berlin
Von Bernd Skupin
(...) Berühmte Filme großer Regisseure sind hier in ihrer Urform zu besichtigen. Für Spellbound engagierte Alfred Hitchcock Salvador Dalí, dessen Ideen die Zeichner William Cameron Menzies und James Basevi dann in Szenenfolgen auflösten. Für Steven Spielbergs A.I. schuf Chris Baker elegante futuristische Welten, während Martin Scorseses eigene Skizzen zum Amoklauf seines Taxi Driver eher kindlich unbeholfen anmuten. William Cameron Menzies Vorzeichnungen zu Gone with the Wind muten an wie ein Comic, die von Ivor Beddoes zu The Red Shoes wie Modeillustrationen. Ein besonderes Kapitel der Ausstellung widmet sich Werken aktueller Künstler, die sich entweder auf Filmmotive beziehen wie Paul McCarthy mit seinen Disneys Schneewittchen entliehenen, aber obszön ramponierten Zwergen oder solchen, die selbst mit der Bildramaturgie des Kinos arbeiten. Die Zeichnungen Marcel van Eedens zum Beispiel könnten direkt aus einem Krimi der schwarzen Serie stammen – oder ihn inspirieren.
Berliner Zeitung, 12. August 2011
Bilder vor der Bewegung
Von Gerhard Midding
Das Entrée einer Ausstellung funktioniert manchmal wie ein Filmvorspann. Es gibt augenblicklich die Absichten zu erkennen und saugt den Betrachter ein. Die neue Schau der Deutschen Kinemathek begrüßt ihre Besucher mit zwei Monitoren. Rechts sieht er berühmte Filmszenen: Richard Burton und Liz Taylor zerfleischen sich in Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, Tippi Hedren wartet in Die Vögel rauchend vor der Schule, während sich die gefährlichen Titelhelden auf einem Klettergerüst versammeln, und in Apocalypse Now bricht eine Hubschrauberflotte zu Wagner-Klängen auf, um dem Vietcong den Garaus zu machen. Der linke Monitor zeigt, wie diese Szenen entstanden sind. Zeichner haben sie zuerst auf dem Papier entworfen und ihre Dramaturgie, Atmosphäre und Auflösung in Bilderfolgen vorausgeplant. Die Ähnlichkeit zwischen Entwurf und Ausführung ist oft frappierend, die Abweichungen sind es ebenso. (…) Der Ausstellungsparcours ist chronologisch angelegt. Frühe historische Etappen erhalten gebührend viel Raum: der so genannten Papierfilm, den der deutsche Szenenbildner Fritz Maurischat gegen Ende der Stummfilmära entwarf, und die Korktafel der Disney-Studios, auf der sämtliche Einstellungen für Schneewittchen vorgezeichnet wurden. Der Schwerpunkt liegt auf Hollywood. Aber auch das »Optische Drehbuch« der DEFA wird gewürdigt. (…)
Die Welt / dapd, 12. August 2011
Eine eigene Kunstform
Von Nadine Emmerich
(...) Im Fokus der Schau stehen Storyboards internationaler Produktionen von Regisseuren wie Alfred Hitchcock, Steven Spielberg, Francis Ford Coppola, Martin Scorsese, François Truffaut und Stanley Kubrick. Präsentiert werden die Comicstrips ähnelnden Werke als eigene Kunstform. (...) Das Storyboard visualisiert filmische Bewegungen vor Drehbeginn – in Grafit, Tusche, Buntstift, Kreide, Aquarell oder am Computer in 3D. Die Ausstellung ist chronologisch geordnet und beginnt Ende der 20er Jahre. Zu den ersten Storyboards gehören die Zeichnungen zu Walt Disneys Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937). (...) George Lucas’ Star Wars-Episoden wurden von unterschiedlichen Illustratoren in Storyboards durchgeplant. In Breitwandformat und leuchtenden Farben präsentieren sich die Zeichnungen zu Coppolas Apocalypse Now (1979). Für die Realisierung der Spezialeffekte und Tricks in Spielbergs Jäger des verlorenen Schatzes (1981) etwa waren Storyboards unverzichtbar.
Film-Dienst 17/2011
Vorgeträumte Kinofilme
Von Michael Ranze
(…) Die Ausstellung „Zwischen Film und Kunst – Storyboards von Hitchcock bis Spielberg“ im Berliner Film- und Fernsehmuseum wurde zusammen mit der Kunsthalle Emden kuratiert und war dort, in etwas kleinerem Umfang, im Frühjahr zu sehen. 21 Storyboards aus 80 Jahren Filmgeschichte (…) sind zu sehen. Interessant ist dabei die Spannbreite: Einige Storyboards sind mit Bleistift schnell hingeworfen, andere – wie Ivor Beddoes’ und Hein Heckroths Bilderfolgen zu Die roten Schuhe – haben mit ihren kräftigen Wasserfarben etwas kunterbunt Leuchtendes, wieder andere überzeugen durch ihren klaren, kontrastreichen Strich. Während des Flanierens durch die Ausstellung stellt sich so etwas wie ästhetischer Genuss ein, verbunden mit der Erkenntnis: Storyboards sind eine eigene Kunstform, so unterschiedlich wie die Filme, von denen sie erste Visionen vermitteln. (...) Zu den schönen Ideen der Ausstellung zählt, die im Storyboard vorab visualisierte Szene gleich daneben auf kleinen Monitoren im fertigen Film zu präsentieren. So kann man feststellen, wie sehr sich der Regisseur an seine eigenen Vorgaben gehalten hat oder davon abgewichen ist. (…)
PAGE, 15. August 2011
Kunst der Zeichnung – Storyboards
Von Sabine Danek
(...) Eindrucksvoll, wie in Star Wars eine ganze ferne Galaxie entstand. Auf der Suche nach Geldgebern ließ George Lucas sie in den 70ern von dem erfahrenen Storyboard-Zeichner Alex Tavoularis aufs Papier bringen und machte seine Runde. Dass dies Wirkung zeigte, ist mittlerweile Filmgeschichte. Später engagierte Lucas noch zusätzliche Illustratoren, die den Film detailliert durchzeichneten. Und bis heute wird auf unterschiedlichste Weise skizziert, wie die Kamera sich später bewegen soll. (...) Das Film- und Fernsehmuseum Deutsche Kinemathek in Berlin zeigt mehr als 40 Storyboards von stilbildenden Filmen wie Vom Winde verweht, Apocalypse Now, Spartacus, Die Vögel, Taxi Driver oder Panic Room – und viele von ihnen sind das erste Mal überhaupt öffentlich zu sehen. (...) Besonders spannend: Parallel zu den Storyboards werden in der Ausstellung die entsprechenden Filmszenen gezeigt. Kombiniert werden sie zusätzlich mit Arbeiten bildender Künstler, die man im weitesten Sinne auf die Storyboards beziehen kann.
Der Freitag, 17. August 2011
Das Kino vor dem inneren Auge
Von Magnus Klaue
(…) Auf zwei Etagen sind hier Storyboards unter anderem zur Feuersbrunst aus Vom Winde verweht, zum Hubschrauberflug in Apocalypse Now, zur Geburt Oskar Matzeraths in Die Blechtrommel sowie zu den Traumszenen in Hitchcocks Ich kämpfe um dich versammelt. (…) Anhand der Unterschiedlichkeit der Storyboards lassen sich die individuellen Arbeitsweisen der Regisseure sowie verschiedene Traditionen unterscheiden. Eines der frühesten Storyboards, der Entwurf zu Frank Wisbars Im Bann des Eulenspiegels, wirkt mit seinen 75 Metern Länge noch wie eine Rohform des gesamten Films, Martin Scorseses Zeichnungen zu Taxi Driver dagegen sind kaum mehr als improvisierte Skizzen. Die Bilderfolgen zu Vom Winde verweht erscheinen wiederum wie pompöse Tableaus. Indem sie solche Gegensätze herausarbeitet, gelingt es der Schau, den Stellenwert der Storyboards innerhalb des filmischen Produktionsprozesses darzustellen, der immer ein kollektiver ist.
Neues Deutschland, 20. August 2011
(Kunst-)Handwerk für Hollywood
Von Caroline M. Buck
(…) Storyboards sind einerseits streng utilitaristisch, angefertigt mit Blick auf einen Zweck, der nicht in der einzelnen Zeichnung selbst liegt. Dank des Talents und der einschlägigen akademischen Ausbildung vieler Storyboard-Zeichner sind sie aber oft weit mehr als das. Wenn man die Gouachen von Joe Hurley zu King Vidors Hollywood-Spektakel Salomon und die Königin von Saba von 1959 betrachtet, mag die Balance zwischen Kunst und Kommerz beim fertigen Film in Richtung Kommerz kippen. Die Storyboards selbst sind eindeutig Kunst, daran ändern auch die eingeschriebenen technischen Angaben zu Ausleuchtung, Schwenks und sonstigen Kamerabewegungen nichts. Auch die Filzstiftbilder von Dean Tavoularis zu Francis Ford Coppolas Apocalypse Now (in der Ausstellung ergänzt durch Grafisches von Ludwig Meidner zum Ersten und Georg Baselitz zum Zweiten Weltkrieg) können neben dem Film bestehen. (…)
Junge Welt, 22. August 2011
Disneys Korkwand. Optische Drehbücher: In Berlin zeigt eine Ausstellung die Verbindung von Film und bildender Kunst
Von F. B. Habel
(…) Erstmals widmet sich eine Ausstellung der Geschichte der Storyboards. Die Kuratoren haben in der halben Welt optische Drehbücher und Storyboards zusammengetragen, die endlich einen Eindruck von der Verbindung von Filmkunst und bildender Kunst vermitteln können. Die Ausstellung zeigt Storyboards von Regisseuren, Ausstattern, aber auch von überwiegend namenlosen Storyboard-Artisten, die nach Anweisung der verantwortlichen Filmemacher mit viel Einfühlungsvermögen einen optischen Eindruck des werdenden Films vermitteln. Dabei wurde bewusst ein Schwergewicht auf den international bekannten US-amerikanischen Film gelegt. (…) Der letzte Raum der Ausstellung zeigt dann noch Beispiele aus der deutschen Filmgeschichte. Das älteste Beispiel stammt von dem Chemnitzer Guido Seeber, dem Begründer der Babelsberger Studios, aus dem Jahr 1910. Neben deutschen Zeichensequenzen aus den zwanziger und dreißiger Jahren finden sich auch optische Drehbücher von so bekannten DEFA-Künstlern wie Alfred Hirschmeier und Lothar Warneke. So sind in dieser Ausstellung Entdeckungen für Filmfreunde, Comicfans und Liebhaber bildender Kunst vereint.
Neue Zürcher Zeitung, 25. August 2011
Vom gezeichneten zum bewegten Bild
Von Jörg Becker
Lange bevor die Dreharbeiten an einem Film beginnen, wird oft gezeichnet – vom Regisseur selbst oder von Zulieferern erster Bilder nach einem Drehbuch. Das resultierende Storyboard, eine Anordnung von Zeichnungen, ist ein Transformationsmedium zwischen Text und Filmbewegung. (...) Zu den interessantesten Gegenüberstellungen von Malerei und Storyboard gehören die »Soldaten«-Radierungen von Baselitz neben Tavoularis' Apocalypse Now-Zeichnungen, Hokusai-Zweikampf-Skizzen neben Star Wars – Episode IV (1977), Marcel van Eedens Film-noir-inspirierte Quasi-Storyboard-Malerei für den Fritz-Lang-Kontext, das tachistische Gemälde Henri Michaux' neben Harold Michelsons Storyboard zu The Birds (1963) und Luzio Fontanas »Concetto Spaziale« (Raumkonzept), dieser Schlitz inmitten von glattem Weiss, im Kontext von David Finchers Zeichnungen zu Panic Room (2002), deren makroskopische Ausschnitte das Schloss, die Öffnung, das Eindringen herausheben. Trotz 3 D Previsualization Program kann auf die jahrhundertealte Tradition der klassischen Handzeichnung als Hilfsmittel der Filmproduktion nach wie vor nicht verzichtet werden. Um dem wechselseitigen Einfluss zwischen bildender Kunst, Storyboard und Film auf die Spur zu kommen, bietet diese Schau eine gelungene Übersicht.
Jungle World Nr. 34, 25. August 2011
Shot by Shot
von Esther Buss
(…) Von Alfred Hitchcock ist bekannt, dass er seine Filme mit Hilfe von Storyboards so minutiös plante, dass die Dreharbeiten fast zu einer Nebensache wurden. (…) Die berühmte Sequenz, in der Tippi Hedren auf einer Parkbank eine Zigarette raucht, während sich hinter ihr allmählich eine unübersichtliche Schar von Krähen auf einem Klettergerüst zusammenrottet, gibt bereits im Storyboard die ganze Spannung der Szene wieder. Allerdings erschöpft sich die Qualität der von Harold Michelson mit Tusche gezeichneten Arbeiten kaum im Vergleich von Entwurf und filmischer Umsetzung. Denn Michelsons Storyboard funktioniert in seiner Dramatik fast wie eine eigenständige Serie von Zeichnungen, so dass die Aufmerksamkeit auf das Genre selbst gelenkt wird – als eine seltsame Hybridform zwischen künstlerischem Entwurf und technischer Zeichnung, ein entfernter Verwandter des Comicstrips, dessen Motor jedoch allein die Bewegung ist. Bislang gilt das Storyboard nicht als eigene Kunstform, ähnlich wie das Genre der Reportagezeichnung wird es nur als Mittel zum Zweck angesehen, als eine Vorstufe des eigentlichen Werks. Die in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Emden entstandene Ausstellung „Zwischen Film und Kunst – Storyboards von Hitchcock bis Spielberg“ hat sich nun erstmals umfassend dieses vernachlässigten Genres angenommen. (…)
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. September 2011
Ein Papierfilm für den Regisseur in uns allen
Von Andreas Kilb
Auf den Bleistiftzeichnungen, mit denen Martin Scorsese 1975 den Showdown von Taxi Driver skizzierte, hat Robert De Niro schon den Irokesenhaarschnitt, den er als Travis Bickle tragen wird. Auch der Freier, der ihm bei seinem Amoklauf im Bordell in die Schulter schießt, ist mit Brille und Krawatte ausgestattet wie im fertigen Film. Sonst aber bleibt alles grob und schematisch (…). Nur das Blut, das dabei fließt, ist sehr penibel mit roten Filzstiftstrichen markiert. Man spürt förmlich, wie die Gewalt das Gewebe zerreißt.
Im Gespräch mit den Kuratoren der Ausstellung (…) erklärt Scorsese, warum er nicht, wie andere Zeichner, Feder, Tusche und Pinsel, sondern Bleistift für seine Storyboards verwendet. Der Bleistiftstrich nämlich hinterlasse auf dem Papier etwas, »worin noch die ursprüngliche Idee enthalten ist, die ich von der Einstellung im Kopf habe«. Schon in der Fotokopie gehe diese Nuance verloren (…). Die Selbstauskunft Scorseses im Katalog berührt beiläufig die wichtigsten Themen, um die es in der Storyboard-Ausstellung geht: Originalität und Kopierbarkeit; Bildkonzept und filmische Ausführung; arbeitsteilige und monomanische Kinoproduktion. Scorseses Skizzen, auf Vordrucke für Fernseh-Storyboards gekritzelt, wirken genauso atemlos inspiriert wie der Redefluss ihres Schöpfers. (…)
Credits
Künstlerischer Direktor: Dr. Rainer Rother
Kurator*innen: Dr. Katharina Henkel, Kristina Jaspers, Peter Mänz
Idee: Dr. Nils Ohlsen
Projektleitung: Peter Mänz
Wissenschaftliche Mitarbeit Kunsthalle Emden: Dr. Lena Nievers
Wissenschaftliche Mitarbeit Deutsche Kinemathek: Melanie Martin, Marie-France Rafael, Laurence Wegener
Ausstellungskoordination: Vera Thomas
Lektorat: Karin Herbst-Meßlinger, Rolf Aurich
Übersetzung ins Englische: Wendy Wallis/transART, Berlin
AV Medienprogramm: Nils Warnecke
Architekturentwurf 4. Stock: Ingrid Jebram
Ausstellungsbau: D4 Projekt GmbH
Gestaltung Werbegrafik: Pentagram Design, Berlin
Ausstellungsgrafik: Felder KölnBerlin
Konservatorische Betreuung: Sigrid Pfandlbauer, Sabina Fernández
Schnitt AV Medien: Stanislaw Milkowski/Concept AV, Berlin
Leihgeber*innen
Der herzliche Dank gilt den folgenden Museen, Institutionen und Sammlern für ihre großzügige Überlassung von Leihgaben für diese Ausstellung:
Århus
ARoS Århus Kunstmuseum: Erik Nørager Pedersen
Austin
Harry Ransom Center / The University of Texas at Austin: Steve Wilson, Sonja P. Reid
Berlin
Akademie der Künste: Dr. Wolfgang Trautwein, Catherine Amé, Nicky Rittmeyer
Arndt Berlin: Matthias Arndt, Julie Buchardi
Buchmann Galerie: André Buchmann, Erik Herkrath
Agi Dawaachu
Axel Eichhorst
Galerie Haas: Michael Haas, Dr. Erika Költzsch
Kordes & Kordes Film Gmbh
Vittorio Manalese: Vittorio Manalese, Miriam Leyser
Galerie Georg Nothelfer: Georg Nothelfer
Max Julian Otto
Sony Pictures: Sonja Ziemer
Sebastian Soukup
Staatliche Museen zu Berlin – Kupferstichkabinett: Prof. Dr. Michael Eissenhauer, Prof. Dr. Heinrich Schulze Altcappenberg, Dr. Anita Beloubek-Hammer, Dr. Andreas Schalhorn, Andreas Hesse, Astrid Holmgren, Ingrid Rieck
Tom Tykwer
X Filme Creative Pool: Elisa Nitschke, Kristina Stelter
Bern
Galerie Kornfeld und Cie.: Dr. Eberhard W. Kornfeld, Margret Tangelder
Beverley Hills
The Academy of Motion Picture Arts and Sciences/ Margaret Herrick Library, Academy Foundation: Anne Coco, Barbara Hall
Bremen
Kunsthalle Bremen: Prof. Dr. Wulf Herzogenrath, Dr. Dorothee Hansen, Jutta Putschew
Brühl
Max Ernst Museum Brühl des LVR, Stiftung Max Ernst: Dr. Achim Sommer, Jasper Hallmanns
Burbank
Walt Disney Animation Research Library: Lella Smith, Kristen McCormick
Düsseldorf
Prof. Konrad Klapheck
Essen
Rainer Stock
Frankfurt/Main
Deutsches Filminstitut DIF e.V. – Deutsches Filmmuseum: Beate Dannhorn
Hamburg
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg: Prof. Dr. Sabine Schulze, Margit Tabel-Gerster
Hannover
Sprengel Museum Hannover: Dr. Ulrich Krempel, Dr. Carina Plath, Peter Pürer
Harlingen
Galerie de Vis: Geke Westenberg
Köln
Kudlek van der Grinten Galerie: Franz van der Grinten
London
BFI National Archive: Michael Caldwell, Nigel Arthur
Stanley Kubrick Archive / The University of Arts London: Jan Harlan
Julian Opie
Los Angeles
Dreamworks Studio: Michelle Fandetti, Marvin Levy; David Fincher; Alex Tavoularis
München
Constantin Film: Daniela von Keyserlingk
Sammlung Goetz: Ingvild Goetz, Dr. Stephan Urbaschek
Staatliche Graphische Sammlung München: Dr. Michael Semff, Jeanette Parisi
New York
Martin Scorsese Collection: Martin Scorsese, Marianne Bower
Oelde
SØR Rusche Sammlung: Dr. Dr. Thomas Rusche, Gaby Weber
Paris
Cinémathèque française: Jacques Ayroles, Isabelle Regelsperger, Regis Robert
hapax: Maxime Rebière, Danièle d’Antoni
Potsdam
Filmmuseum Potsdam: Ines Belger, Dorett Molitor
Susanne Hopf
San Francisco
American Zoetrope Films: James Mockoski
Lucasfilm Ltd.: Kyra Bowling, Laela French
Siegen
Lars Billig
Wien
Galerie Krobath: Helga und Peter Krobath, Gabriela Gutmann
Wuppertal
Von der Heydt-Museum Wuppertal: Dr. Gerhard Finckh
Zürich
Hauser & Wirth: Florian Berktold, Laura Bechter
sowie den Künstler*innen und privaten Leihgeber*innen, die nicht genannt werden möchten.
Danksagung
Aurore Clement
Deutsche Filmakademie: Alfred Holighaus, Tanja Riehn
Boris Hars-Tschachotin
Einstein Forum, Dr. Rüdiger Zill
Katrin Kahlefeld
Pamela M. Lauesen
Lufthansa Cargo: Wolfgang Handke
Lilian Michelson
Daniel Raim
Dean Tavoularis
Allen Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Kinemathek, insbesondere Anett Sawall und Gerrit Thies
Partner
Die Ausstellung wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes
Medienpartner: Radio 1, TIP
Mit Unterstützung von: Lufthansa Cargo, Akademie der Künste, La Cinémathèque française, Amerikanische Botschaft
Some objects in this exhibition are on loan from the Archives of Lucasfilm Ltd.
An anderen Orten
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Storyboards. Von Hitchcock bis Spielberg
16.04.–17.07.2011
Storyboards in EmdenDie Deutsche Kinemathek konzipierte die Ausstellung „Storyboards" in Kooperation mit der Kunsthalle Emden. Ab dem 11. August 2011 war diese Ausstellung im Museum für Film und Fernsehen in Berlin zu sehen.
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Storyboards. Von Hitchcock bis Spielberg
03.7.–16.9.2012
Storyboards in MünchenDas Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern zeigt die Ausstellung „Storyboards", die vom Museum für Film und Fernsehen in Kooperation mit der Kunsthalle Emden konzipiert wurde.